Perlesreut. „Bedeutet Flächensparen das Ende der Entwicklung in den ländlichen Räumen?“ Diese Frage stellten sich jüngst die Freien Wähler um ihren wirtschaftspolitischer Sprecher der FW-Landtagsfraktion Manfred Eibl bei ihrer Veranstaltungsreihe „Fraktion vor Ort“ in der Perlesreuter Bauhütte. Der Landtagsabgeordnete und ehemalige Bürgermeister der Marktgemeinde referierte gemeinsam mit Dr. Benedikt Rüchardt von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) über das derzeit in den Kommunen stark diskutierte Thema Flächenverbrauch und Flächenfraß.
„Wir bekennen uns zu einem Flächensparen mit Maß und Ziel. Doch eine Begrenzung des Flächenverbrauchs darf nicht zur Bevormundung der Kommunen und der Menschen am Land führen“, fordert Manfred Eibl. Im Gegensatz zu den Grünen, so ist einer Pressemitteilung zu entnehmen, setze seine Fraktion in dieser Frage auf eine frühzeitige Einbindung des ländlichen Raums unter voller Wahrung der kommunalen Eigenverantwortung. Eibl sei es daher wichtig bereits jetzt die Menschen für diese Frage zu sensibilisieren, denn der Druck zum Flächensparen werde steigen – vielleicht schon bald über ein neues Volksbegehren.
Von 2017 auf 2019: Flächenverbrauch hat sich verringert
Eibl und Rüchardt stellten unter anderem klar, was die einerseits von den Grünen geforderte verbindliche Festlegung eines maximalen Flächenverbrauchs von fünf Hektar bis zum Jahre 2026 bzw. der seitens der von der Staatsregierung im Koalitionsvertrag festgeschriebene Richtwert für die Verantwortlichen der Region konkret bedeute. Die genannte Fünf-Hektar-Flächen-Neu-Ausweisung für eine Kommune könne Eibl zufolge für diese bedeuten, „dass ein zwingend notwendiger Straßenbau/Gewerbeentwicklung in Konkurrenz zu einer notwendigen Erweiterung eines Kindergartens steht“.
Bayern mache zirka 20 Prozent der Gesamtfläche Deutschlands aus. Ein Anteil von 20 Prozent an zusätzlicher Flächenverwendung in Deutschland sei laut Dr. Rüchardt demnach angemessen. Weiter führte dieser aus, dass nach einem Peak in Folge der Finanzmarkt-Krise die Siedlungs- und Verkehrsflächen Bayerns in den vergangenen sechs Jahren bereits ohne landespolitische Zielvorgabe weniger deutlich zunahmen als es einem 20-Prozent-Anteil an der Entwicklung auf Bundesebene entsprochen hätte.
Die Regierungsbezirke Bayerns würden sehr differenzierte Kennzahlen zu Siedlungs- und Verkehrsflächen ausweisen. Der für Siedlungs- und Verkehrszwecke verwendete Anteil der Landesfläche liege bei etwa zwölf Prozent im Durchschnitt. Durch das bayerische Landesamt für Statistik werde aufgezeigt, dass sich der Flächenverbrauch von 2017 auf 2019 bereits von zwölf auf zehn Hektar reduziert habe.
„Eindämmung des Flächenverbrauchs ohne Kontingentierung“
Sowohl Eibl als auch Rüchardt erläuterten hierzu, dass auch Grünflächen zum Flächenverbrauch zählen: etwa Sport- und Freizeitanlagen, Erholungsflächen, Grünanlagen, Friedhöfe, Photovoltaikflächen und Gärten. Dies seien im definierten Sinne verbrauchte Flächen. „Die Gewerbeflächen betragen auf ganz Bayern gesehen nur 0,8 Prozent“, heißt es in der Pressemitteilung weiter, „welche aber für den Wachstum und Wohlstand Bayerns und vor allem auch in den ländlichen Regionen unumgänglich sind“. Hier mahnte Eibl ganz klar: „Sägen wir nicht an dem Ast, auf dem wir sitzen.“
Was aber könne getan werden, um die Flächen sinnvoll zu nutzen? Als Lösungsvorschlag nannte Eibl als erstes die Ausweisung von Gewerbeflächen durch mehrere Gemeinden, sog. interkommunale Gewerbegebiete. Es sollte der Bestandsbau modernisiert und den jetzigen Wohnformen angepasst werden, was im Übrigen Eibl zufolge auch kostensparender sei als Wohnungsneubau. Des Weiteren wies er darauf hin, dass eine Gemeinde auf 80 bis 90 Prozent Förderung zurückgreifen könne, wenn klar das Bekenntnis zur innerörtlichen Entwicklung gelegt sei, wenn der Geschosswohnungsbau gefördert oder ein professionelles Leerstands-Management praktiziert werde. Eibl wies auf Planungen hin, auch Sonderförderungen für Flächen-Spar-Aktionen im Rahmen von interkommunalen Zusammenschlüssen zu gewähren.
Ebenso erwähnte er, dass die Verbindlichkeit des Anbinde-Gebotes für Gewerbe-Entwicklungen zu hinterfragen sei. Zudem würden von Seiten des Bundes-Gesetzgebers aktuell Voraussetzungen geschaffen, eine Grundsteuer C für Eigentümer baureifer Grundstücke bzw. leerstehender Immobilien einzuführen. „Das ist sicher eine Maßnahme, um baureife Flächen für Wohnungsbau zu aktivieren. Es ist doch wünschenswert, junge Familien in den Orten zu halten. Wir müssen miteinander Flächen sparen und alle tätig werden, um mit gezielten Maßnahmen den Flächenverbrauch einzudämmen, aber das ganze ohne feste Kontingentierung für die Kommunen. Denn wenn die Flächennutzung eisern festgeschrieben und gedeckelt wird, treiben wir die Menschen zu den rechten und linken Gruppierungen in unserem Land. Wir müssen in den Kommunen beispielsweise auch in Kindergärten, den Einzelhandel und insgesamt in Lebensqualität vor Ort investieren“, forderte Eibl.
„Kommunen muss Handlungsmöglichkeit gewährt werden“
Die folgende Diskussion mit den Besuchern zeigte auf, dass die Nutzung von aufgelassenen Hofstellen deutlich vereinfacht werden solle, dass oftmals auch das Baurecht einer optimalen Flächennutzung im Wege stehe – etwa bezüglich Abstandsflächen oder mit der Festlegung bestimmter Stellplatzzahlen. Hierzu erwähnte Eibl, dass das Baurecht derzeit intensiv überarbeitet werde, um derartigen Aspekten gerecht zu werden.
„Hoffen wir, dass die hier angesprochen Lösungsvorschläge in Zukunft umgesetzt werden“, schloss der FW-Landtagsabgeordnete die Veranstaltung. „Das allerwichtigste und entschiedenste wird sein, auch dauerhaft die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse zwischen Stadt und Land zu sichern – aus diesem Grunde muss den Kommunen auch für zukünftige Entwicklungen eine Handlungsmöglichkeit gewährt werden.“
da Hog’n
Es muss einmal Schluss sein mit den Gewerbegebieten bzw.flächenfrass.