US-Sängerin Beth Hart liefert mit War in my Mind ihr mittlerweile 13. Album ab. Hog'n-Musikexperte Wolfgang Weitzdörfer hat sich's angehört.

Kaum eine Frau leidet heutzutage so schön wie Beth Hart aus Los Angeles. Die 47-Jährige ist ein fleißiges Bienchen und liefert mit „War In My Mind“ dieser Tage bereits ihr 13. Album ab. Und was Amy Winehouse der Musikwelt wegen ihres destruktiven Lebensstils und dem damit einhergehenden viel zu frühen Abschied von dieser Welt nicht mehr geben konnte, holt Beth Hart in kontinuierlichen und recht kurzen Abständen nun Album für Album nach.

Hat all ihre Lebenserfahrungen in das neue Album „War In My Mind“ gepackt: Beth Hart. Foto: Greg Watermann

Seit dem 2011er Werk „Don’t Explain“ wird die Blues-Sängerin auch hierzulande insofern wahrgenommen, als dass sie seitdem mit jedem ihrer Alben in die deutschen Charts eingestiegen ist. Die höchste Platzierung war dabei das letztjährige Werk „Black Coffee“, das gar bis auf Rang vier hochchartete. Man dürfte sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, wenn man „War In My Mind“ eine ähnlich hohe Platzierung voraussagt.

Wenn einem die Freudentränen in die Augen schießen

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Denn die zwölf Songs darauf kommen in einer wundervollen Mischung aus Zerbrechlichkeit, Kraft, Eingängigkeit und hohem Anspruch aus den Boxen, sodass man sich nur ehrfurchtsvoll vor dieser großartigen Künstlerin verneigen möchte. „Bad Woman Blues“ ist gleich ein etwas hektischer Opener, der sofort ins Ohr geht und auch seinen Weg in die Beine findet. Der Titelsong und „Without Words In The Way“ lassen dann tatsächlich Erinnerungen an Amy Winehouse wach werden. Denn Beth Hart verfügt über eine ähnlich tiefe Stimme, die gleichzeitig mit dem Piano verschmilzt und bei aller unterschwelliger Kraft den ständigen Kampf gegen die inneren Dämonen deutlich durchscheinen lässt.

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Bei Beth Hart, die auf dem neuen Album sehr offen damit umgeht, heißen diese inneren Dämonen Sucht, Liebe, bipolare Störung und Familie. Aber auch Hoffnung. Hoffnung darauf, dass diese Dämonen zwar da sein mögen, aber niemals gewinnen werden. Hier ein großer Unterschied zu Amy Winehouse. Deutlicher als bei dem absoluten Übersong „Let It Grow“ wird es auf dem neuen Album diesbezüglich nur selten. Denn der Gospel-Song, den Beth Hart zusammen mit ihrem langjährigen Songwriting-Partner Rune Westerberg geschrieben hat, versprüht so dermaßen viel positive Energie, Leben, Freude und, ja, Hoffnung, dass selbst der Ungläubige ein Kreuzzeichen macht. Dazu passt natürlich der grandiose Gospel-Chor, der einem vor allem bei hoher Lautstärke und einer guten Anlage die Freudentränen in die Augen schießen lässt.

„Try A Little Harder“ beschäftigt sich mit dem spielsüchtigen Vater, was sich musikalisch in einem unwiderstehlichen Groove widerspiegelt, dem man sich kaum entziehen kann. „Sister Dear“ ist Beth Harts zu früh verstorbenen Schwester Sharon gewidmet, entsprechend melancholisch und bittersüß kommt die Ballade daher. Ganz anders da die „Spanish Lullabies“, die mit feurigen Rhythmen schwüle Nächte in heißen Gefilden – samt dazugehöriger Love-Story – auch im mitteleuropäischen Oktober lebendig werden lassen. James Bond, dieser Name geht einem durch den Sinn, wenn „Rub Me For Luck“ erklingt. „Mein Produzent Rob Cavallo hat gesagt, dass der Song in einem 007-Film zu hören sein sollte“, sagt Beth Hart. Und hey, der Mann hat immerhin Green Day und My Chemical Romance produziert – warum sollte man ihm da widersprechen? Aber auch ganz ernsthaft: Wer „Skyfall“ gut fand, der würde auch „Rub Me For Luck“ mit einem typischen 007-Vorspann sehen wollen – Barbara Broccoli, ich hoffe, Sie haben zugehört!

„Thank you for my life, thank you for it all“

Beth Hart auf dem Zenit? Foto: Greg Watermann

„Sugar Shack“ klingt so energiegeladen, als hätte Beth Hart sich vor der Aufnahme eine Überdosis dieses ungefährlichen weißen Pulvers reingezogen, „Woman Down“ ist die kleine Ruhe vor dem nächsten „Sturm“. In Anführungszeichen deswegen, weil „Thankful“ kein furioser Wirbelsturm ist, sondern ein positives, kleines Glaubensbekenntnis, ein vom Klavier getragenes Dankeschön an das Leben, den Schöpfer und die Welt. „Thank you for my life, thank you for it all.“ Kann man schöner Danke sagen? Den Abschluss unter dieses wunderbare Kleinod blues- und soulbeeinflusster Musik setzt „I Need A Hero“, das einmal mehr mit einer tollen Klavier- und Stimmenkombination zu begeistern weiß.

Fazit: „War In My Mind“ zeigt eine Künstlerin im mittleren Alter auf dem vorläufigen Höhepunkt ihrer Schaffenskraft.

Wolfgang Weitzdörfer

 

Beth Hart: War In My Mind
    • VÖ: 27. September 2019
    • Label: Provogue/Mascot Label Group/Rough Trade
    • Songs: 12
    • Spielzeit: 53:07 Minuten
    • Preis: ca. 18 Euro


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