Spiegelau/Bayerischer Wald. Egal, ob Qualität oder Quantität – über „ihr“ Trinkwasser mussten sich die Waidler über Jahre hinweg keine Sorgen machen. Das, was aus dem Wasserhahn kam, war absolut rein – und auch ausreichend vorhanden. Zuletzt nahmen jedoch vor allem in den Sommermonaten, die von einer großen Trockenheit geprägt waren, die Meldungen und Diskussionen rund ums kühle Nass zu. Von einem Wassernotstand war des Öfteren die Rede. Und auch die Qualität stellten nicht einige Bürger in Folge zahlreicher Abkochgebote offen in Frage. Doch ist dem tatsächlich so? Ist das Trinkwasser im Woid kein Selbstläufer mehr, sondern ein Sorgenkind?
Die Suche nach einer Antwort beginnt zunächst in Spiegelau. In den Ortsteilen Althütte und Klingenbrunn-Bahnhof musste Mitte August das Trinkwasser vor der Benutzung abgekocht werden. Der Grund: In einer Wasserprobe wurde ein coliformes Bakterium im Bereich des Hochbehälters Klingenbrunn nachgewiesen.
„Es hört sich schlimmer an, als es eigentlich war“
„Wir hatten seit längerer Zeit wieder einmal einen derartigen Fall“, bestätigt Bürgermeister Karlheinz Roth und ergänzt: „Es hört sich jedoch schlimmer an, als es eigentlich war.“ Die Grenzwerte bei der kommunalen Trinkwasserversorgung seien sehr niedrig angesetzt. Wird nur ein einziger Keim entdeckt, müsse sogleich eine Warnung ausgesprochen werden. Eine reine Vorsichtsmaßnahme im Spiegelauer Fall, wie Roth berichtet, denn eine unmittelbare Gefahr für die Bürger der Nationalparkgemeinde habe nicht bestanden. Der Wasserwart bzw. die Verwaltung hätten umgehend das Gesundheitsamt darüber informiert und entsprechende Maßnahmen eingeleitet.
Liegt eine derartige Verunreinigung des Wassers vor, würden einerseits die betroffenen Anlieger per On- und Offline-Meldungen sogleich sensibilisiert werden. Andererseits werde das Intervall der Wasserproben deutlich verringert. „Innerhalb eines Tages hatte sich diese Sache dann auch schon wieder erledigt. Das Abkochgebot konnte aufgehoben werden, weil keine weiteren Keime festgestellt wurden“, verdeutlicht Roth, der die generelle Qualität des Trinkwassers im Bayerischen Wald als „super“ beschreibt. „Es gibt meist dann Probleme, wenn es nach längerer Trockenheit mal wieder regnet, wenn Staub und Dreck mitabfließt. Unsere Auflagen sind jedoch sehr hoch, weshalb wohl nie eine Gefahr für die Bevölkerung besteht.“
Die Einschätzung von Spiegelaus Bürgermeister kann durch das Landratsamt Freyung-Grafenau bestätigt werden. Sämtliche Trinkwasser-Versorgungsanlagen – egal, ob öffentlich-kommunale oder privat-gewerbliche – würden der bundeseinheitlichen Trinkwasserverordnung unterliegen. Und dort heißt es unter anderem: „Trinkwasser muss so beschaffen sein, dass durch seinen Genuss oder Gebrauch eine Schädigung der menschlichen Gesundheit insbesondere durch Krankheitserreger nicht zu besorgen ist. Es muss rein und genusstauglich sein.“ (siehe: Trinkwasserverordnung § 4 Abs. 1)
Die Folge der Trockenheit: Bakterien
Damit diese Vorgabe nicht einfach eine schönfärberische Aussage bleibt, werde durch das Gesundheitsamt ein Untersuchungsplan mit mikrobiologischen, chemischen und radiologischen Parametern festgelegt. Die daraus gewonnenen Proben werden dann von einem akkreditierten Labor untersucht. „Der Unternehmer bzw. Inhaber einer Wasserversorgungsanlage muss die Ergebnisse der Wasserproben unverzüglich dem Gesundheitsamt vorlegen“, erklärt Landratsamtssprecher Christian Luckner dazu. „Bei Nichteinhalten von Grenzwerten der jeweiligen Parameter werden durch das Gesundheitsamt in Zusammenarbeit mit dem Unternehmer bzw. Inhaber je nach Einzelfall zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zur Sicherstellung einer einwandfreien Beschaffenheit des Trinkwassers verschiedene Maßnahmen angeordnet.“
Bis auf den „keinesfalls besorgniserregenden“ (Roth) Zwischenfall in Spiegelau wurden laut Aussagen des Landratsamtes im Landkreis Freyung-Grafenau in letzter Zeit keine Verunreinigungen durch Keime gemeldet. Diese durchaus positive Mitteilung grenzt Christian Luckner jedoch etwas ein. „Aufgrund der Trockenheit der vergangenen Sommer ist eine Verunreinigung des geförderten Trinkwassers mit Bakterien leider wahrscheinlicher, da durch die Bodenaustrocknung mit Rissbildung der Erde die natürliche Bodenfilterfunktion geschwächt wird.“ Durch verschiedene Maßnahmen wie UV-Bestrahlung oder Ultrafiltration könne das Wasser jedoch schnell und unkompliziert aufbereitet werden.
In Sachen Trinkwasser-Qualität gibt es demnach keine Einschränkungen. Im Gegenteil: Das, was im Landkreis Freyung-Grafenau aus dem Wasserhahn kommt, ist ausgesprochen rein.
Aktuelle Zahlen hinsichtlich der Menge liegen nicht vor
Generell scheint eine eventuelle Belastung des Trinkwassers in unseren Breitengraden eine Angelegenheit zu sein, der viel Aufmerksamkeit geschenkt wird. Ein Eindruck, der auch durch das für Freyung-Grafenau verantwortliche Wasserwirtschaftsamt (WWA) Deggendorf bestätigt wird. Doch wie sieht es mit Informationen zur aktuell vorhandenen Trinkwasser-Menge aus?
WWA-Baurat Josef Hastreiter verweist in diesem Zusammenhang auf die „Wasserversorgungsbilanz Niederbayern„. Diese Auswertung wurde bereits 2014 erstellt und werde nun aufgrund der Erfahrungen im Trockenjahr 2018 sowie zwischenzeitlicher Entwicklungen fortgeschrieben, wie es heißt. Aktuelles Zahlenmaterial stehe demnach nicht zur Verfügung. In der vor fünf Jahren erstellten Übersicht wird deutlich, dass in Großteilen des Landkreises die Wassermenge im „grünen Bereich“ liege. Lediglich in den Ortsbereichen Schöfweg, Mitterfirmiansreut, Waldhäuser, Kreuzberg und Neureut war die Versorgungssicherheit nach damaligen Stand „stark eingeschränkt“ (siehe Grafik).
Fall „Mitterdorf“ als abschreckendes Beispiel
Doch diese Einschätzung muss Josef Hastreiter zufolge differenziert betrachtet werden. „Wir weisen darauf hin, dass Versorgungsanlagen mit stark eingeschränkter Versorgungssicherheit nicht unbedingt mengenmäßige Versorgungsprobleme haben. Die Versorgungssicherheit kann auch eingeschränkt sein, weil ein zweites Standbein fehlt oder die Schützbarkeit der Gewinnungsanlagen nicht gesichert ist.“ Heißt: Die wenigen Problemfälle im Landkreis Freyung-Grafenau gebe es vor allem dann, wenn ein Anschluss an das großflächige Versorgungsnetz fehlt, das bei eventuellen Engpässen einspringt bzw. wenn die Fördermenge einer Quelle nicht langfristig gesichert ist.
Im Gegensatz zur Qualität des Trinkwassers im Bayerischen Wald bzw. im Landkreis Freyung-Grafenau lässt sich demnach bei der Menge keine fundierte Aussage treffen. Es scheint zwar soweit alles im grünen Bereich zu liegen – faktisch überprüfen lässt sich dies jedoch nur auf Basis von Zahlen aus dem Jahr 2014. Bleibt zu hoffen, dass ein zweiter Fall „Mitterdorf“ (da Hog’n berichtete), wo 2015 die große Trinkwasserknappheit drohte, künftig ausbleibt…
Helmut Weigerstorfer
Da ist der Besuch beim Arzt oder im Krankenhaus weitaus gefährlicher.