Waldkirchen. „Was kostet uns der Klimakompromiss?“ Diese Frage hatte der Bayerische Rundfunk in Person von Moderator Tilmann Schöberl am Mittwochabend seinen Gästen gestellt – kontrovers diskutiert wurde in der Sendung „jetzt red i“, live aufgezeichnet im Waldkirchener Gäste- und Bürgerhaus, jedoch kaum bis gar nicht. Und auch regionale Probleme wie Borkenkäfer, Windräder oder der Regelbetrieb für die Ilztalbahn sind lediglich angeschnitten worden. Hog’n-Redakteurin Sabine Simon war vor Ort.
„So viele hatten sich vorbereitet – und dann reden fast nur die Politiker“, resümierte ein Studio-Zuschauer nach Übertragungsschluss. Die Enttäuschung über die Fernseh-Diskussionsrunde war ihm anzusehen. Zwei hochrangige bayerische Landtagsabgeordnete kamen der Einladung des BR nach: Florian von Brunn, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag, und CSU-Generalsekretär Markus Blume. Aus Berlin zugeschaltet wurde zudem Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber.
Waldbauern erhalten Zusagen von Ministerin
Die große Chance, als Bürger die eigenen Anliegen vorzubringen und den Politikern einmal mitzuteilen, was sie aus ihrer Sicht falsch machen? In ein paar wenigen Punkten passierte dies, etwa beim Thema Wald.
Der Vorsitzende der Waldbesitzervereinigung, Josef Höppler, kritisierte die momentan geltende Regelung bei der Borkenkäfer-Bekämpfung: Zuschüsse für Waldbauern, die befallene Bäume abholzen, gebe es nur, wenn das Holz mindestens 500 Meter vom nächsten Nadelwald entfernt gelagert werde. Dies sei in einer dicht bewaldeten Region wie dem Bayerwald schwierig, bemängelte der ehemalige Waldkirchener Bürgermeister. Ministerin Kaniber machte im Gegenzug klare Versprechungen: Die Verbringzone für das Holz könne man durchaus flexibel gestalten, sagte sie: „Ich habe sehr eindeutig unsere Ämter angewiesen, sich hier ein Bild vor Ort zu machen.“
Regionale Themen zu kurz angeschnitten
An vielen anderen Stellen blieb es jedoch bei pauschaleren Statements aus dem Publikum sowie allgemeinen Aussagen seitens der Politiker. Das Thema der Sendung war weit gefasst – offenbar der Versuch, viele verschiedene Aspekte der aktuellen Klima-Diskussion unterzubringen: Verkehr, Energiewende, Waldsterben. Und natürlich: das aktuelle Klimapaket der Bundesregierung.
Die Landwirte dagegen kamen in der Sendung kaum zu Wort – obwohl sie mit Dürre und Futtermangel zu kämpfen haben, wie eine heimische Bäuerin anmerkte. Sie rief dazu auf, regionale Produkte zu kaufen und die Bauern vor Ort auf diese Weise zu unterstützen. Damit war das Thema aber auch schon wieder durch – genau wie weitere, viel diskutierte Problematiken, die derzeit den Waidlern unter den Nägeln brennen: In Sachen Windkraft etwa blieb es bei Lippenbekenntnissen der Abgeordneten zur 10H-Regelung. Die aktuelle Situation in Hauzenberg (da Hog’n berichtete) etwa wurde nicht näher beleuchtet.
Ähnlich im Bereich Mobilität: Den ÖPNV auszubauen wäre eine Idee, wie sogleich etwas verändert werden könne, stimmten die Fridays-for-Future-Vertreter dem Moderator zu. Letztlich ist es dann aber die E-Mobilität geworden, über die die Politiker sprachen, nicht etwa die Reaktivierung von Bahnstrecken wie diejenige zwischen Waldkirchen und Passau.
Umwelt-Aktivisten stark vertreten
Die Fridays-For-Future-Fraktion und die Auswirkungen der Klimakrise bestimmten dann auch einen großen Teil der Sendung: Susanna Lindlein, Aktivistin des Passauer FFF-Ablegers, bezeichnete das jüngst verabschiedete Klimapaket der Bundesregierung als lächerlich, ihr Mitstreiter Jakob Hagenberg den CO2-Preis als „lächerlich niedrig“. Eine echte Diskussion darüber entstand daraufhin jedoch nicht.
Ex-Pfarrer Anton Aschenbrenner und FFF-Anhängerin Veronika Zirbs waren sich einig: Wir alle sollten uns nicht die Frage stellen: Was kostet uns der Umweltschutz? Stattdessen sei entscheidend: Was kostet es uns, wenn wir nichts für die Umwelt tun? Die Politik solle den Menschen weniger Angst vor den Kosten und mehr Mut zum generellen Anpacken machen, befand Aschenbrenner. Zirbs ergänzte: „Konjunktur und Klimakrise gehen Hand in Hand.“ Daher müsse man die Natur schützen, damit der Wirtschaft nicht all ihre Güter nach und nach verloren gehen. Der sterbende Wald sei nur ein erstes Beispiel dafür.
Ein Facebook-Kommentator aus dem Internet war es schließlich, der sich sorgte, dass die Ideen der „Weltverbesserer“ am Ende sehr hohe Abgaben für die Bürger bedeuten könnten. Bei einem Kennenlerntreffen am Vorabend sei durchaus kontroverser diskutiert worden, bestätigt auch die Redaktionsleiterin der Sendung, Margot Waltenberger-Walte, auf Hog’n-Nachfrage. Generell wolle man die Diskussion so wenig wie möglich vorab in bestimmte Richtungen lenken und lade daher auch keine Bürger mit bestimmten Meinungen gezielt ein, so die Redaktionsleiterin.
Nur ein Redner fordert: „Gas runter“ in Sachen Klimapolitik
Der Waldkirchener Unternehmer Gerhard Wimmer vertrat somit während der Aufzeichnung im Studio die einzige Publikumsstimme, die die derzeitige Klimapolitik kritisch im Hinblick auf die Zukunftsfähigkeit deutscher Unternehmen sieht.
„Wir in Deutschland müssten wettbewerbsfähig bleiben und dürften nicht nur noch Vollgas auf die Umwelt schauen“, sagte er in der Live-Sendung. Er forderte: „Gas runter“ in Sachen Klimapolitik und den Druck auf die Unternehmen etwas herausnehmen.
Linda Baier, Schülerin am Johannes Gutenberg Gymnasium in Waldkirchen, traute sich hingegen recht mutig alle Konsumenten dazu aufzufordern, ihr Konsumverhalten zu überdenken. Denn die Politik handle ihrer Meinung nach viel zu langsam: „Es wird seit Anfang des Jahres demonstriert, jetzt haben sie es auch mal geschafft – nach einem dreiviertel Jahr -, dass das Klimapaket gekommen ist“, kritisierte sie. Es dauere alles viel zu lange. Daher liege es an jedem Einzelnen, sich selbst zu ändern, statt immer nur zu reden.
Sabine Simon