Bad Füssing/München. „Es läuft nicht rund im System“. So lautet das Fazit der Wissenschaftler der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), die der Bayerische Heilbäderverband 2016 mit einer Untersuchung über den Effekt ambulanter Badekuren in Kurorten beauftragt hatte. Die Studie mit dem Titel „BAVARIA„* schrumpfte, weil nur ein Teil der 500 avisierten Probanden gefunden wurden. Die Erhebung brachte trotzdem aufschlussreiche Erkenntnisse: Laut den Untersuchungsergebnissen krankt das Kurwesen vor allem an klaren Stellungnahmen von Krankenkassen, Hausärzten, Kurorten, Politik und Wissenschaft zur zukünftigen Bedeutung und Gestaltung des Vorsorge- und Präventionsangebots in den Heilbädern. Bad Füssings Kurdirektor Rudolf Weinberger heute: „Die LMU-Empfehlungen von 2017 waren eindeutig – aber geändert hat sich seit der Veröffentlichung der Untersuchung nichts.“
Dabei hatten die Wissenschaftler des LMU-Lehrstuhls für Public Health und Versorgungsforschung festgestellt: Eine dreiwöchige Kur in einem bayerischen Kurort brachte bei einer großen Mehrheit der beteiligten Patienten eine signifikante Verbesserung ihrer Beschwerden, verbunden mit positiven Effekten für die Lebensqualität und das psychische Wohlbefinden.
Auch die Ärzte machen Fehler
Die Fallzahlen bei den ambulanten Badekuren sinken trotzdem voraussichtlich auch 2019 weiter auf wahrscheinlich gerade mal 30.000 deutschlandweit – gegenüber weit über einer halben Million vor wenigen Jahren. „Ein Grund ist unter anderem die hohe Ablehnungsquote von Kuranträgen durch die Krankenkassen“, sagt Rudolf Weinberger. Bei den ambulanten Kurmaßnahmen ist der niederbayerische Kurort Bad Füssing seit Jahrzehnten Spitzenreiter: Aktuell werden 25 Prozent aller von Krankenkassen bezuschussten ambulanten Kuren in Deutschland in Bad Füssing durchgeführt. Der Rest verteilt sich auf die übrigen 319 deutschen Kurorte.
Der Fehler für die Ablehnung von ambulanten Kuren liege oft auch bei den Ärzten, wenn diese in den Kuranträgen nicht ausdrücklich darauf verwiesen, „dass alle Behandlungs-Möglichkeiten zu Hause ausgeschöpft sind“, heißt es im Schlussbericht der LMU-Forscher. „Es ist einfach zu wenig bekannt: Millionen gesetzlich Krankenversicherte haben unverändert alle drei Jahre Anspruch auf ambulante Vorsorgemaßnahmen in Kurorten. Mein Rat deshalb an die Versicherten: Wehren Sie sich. Erheben Sie gegen jede Ablehnung Widerspruch“, so Weinberger. Die Erfahrung zeige, dass zwei von drei durch die gesetzlichen Krankenkassen abgelehnten Anträgen für ambulante Badekuren bei Widerstand der Versicherten letztendlich dann doch genehmigt werden.