Haidmühle. Seit knapp zwei Jahren ist Hog’n-Autorin Sabine Simon nun Mama von Zwillingen, genauer gesagt: von eineiigen Jungs. Eine absolute Besonderheit. Aber auch besonders stressig? Im zweiten Teil unserer Hog’n-Zwillingsserie beantwortet sie die Frage aller Fragen, die ihr fast jeder aus ihrem Verwandten, Bekannten- und Freundeskreis schon gestellt hat.
Es kommt ziemlich häufig vor, dass Wildfremde in den Zwillingskinderwagen kucken und mich danach fragen: „Ist schon sehr stressig, oder?“ Meine Antwort ist stets die gleiche: „Nein, eigentlich nicht. Die beiden sind brav.“ Von Situationen, in denen zwei schreiende Jungs an mir dranhängen und jeder von ihnen die Mama ganz für sich alleine haben möchte, erzähle ich im Supermarkt oder auf der Straße nicht. Diese Situationen gibt es aber – natürlich.
Zwillinge bedeuten oft: keine Pausen, doppelt trösten
Und ich weiß auch, dass mein Leben mit Zwillingen nur deshalb so entspannt und (bis jetzt) ziemlich problemlos verläuft, weil ich meine Familie habe, die mich enorm unterstützt. Meine Schwiegereltern wohnen im selben Haus, die Kinder sind oft und gerne bei ihnen. Meine Frau arbeitet Vollzeit, steht aber trotzdem nachts auf, wenn einer schreit. Meine Mama wohnt nur knapp zwanzig Kilometer entfernt – und hat auch häufig Zeit für uns. Wenn ich noch in München leben würde, wir Eltern beide Vollzeit arbeiten müssten, um die Miete zahlen zu können, wenn Omas und Opas weit weg wohnen würden – dann wäre mein Alltag definitiv stressig(er).
Und ich gebe zu: Ja, manchmal ist es stressig. Als meine Zwillinge vor wenigen Wochen einen Virusinfekt hatten, jeder von ihnen fünf Tage lang mit hohem Fieber kämpfte und schließlich auch noch ihr größerer Bruder erkrankte, waren wir irgendwann nah an unserer körperlichen und auch psychischen Grenze angelangt: gestresst und unausgeschlafen. Das größte Problem ist meist, wenn beide Zwillinge gleichzeitig schreien – und nur von Mama getröstet werden wollen. Jeder will sie dann für sich ganz allein. Und das geht natürlich nicht. Mit Zwillingen gibt es nunmal Anforderungen, die Einzelkind-Eltern nicht haben. Trotzdem bin ich mir sicher: Ein schwieriges Einzelkind kann seine Eltern mehr stressen als brave Zwillinge.
Ein Segen für uns als Zwillingseltern war von Anfang an, dass die beiden viel und gut geschlafen haben. Während mein älterer Sohn nur im Tragetuch eingeschlafen ist und den Kinderwagen gehasst hat, lagen die beiden von Anfang an mit Wonne in ihrem Zwillingswagen und schliefen mehrere Stunden am Stück. Zunächst auch gleichzeitig.
Phasenweise hatten sie dann einen verschobenen Schlaf-Rhythmus: Einer schlief, der andere war wach. Und kaum war der andere eingeschlafen, wachte der eine auf. Das bedeutete für mich: Keine Pause. Mittlerweile haben sich die beiden auf einen gemeinsamen Mittagsschlaf geeinigt. Nachts kann es aber durchaus passieren, dass erst der eine aufwacht und schreit – wenn dieser dann wieder ruhig schläft, hört man den anderen…
Stillen mit Anfangsschwierigkeiten
Nachts bin ich aber nie allein. Wenn einer unserer Jungs schreit und getragen werden will, ist meine Frau die erste, die aufsteht. Trotz Vollzeitjob. Wir wechseln uns ab, jeder bekommt Schlaf, wenn er ihn braucht. Und so war es von Anfang an. In den ersten Wochen haben wir abwechselnd bei den Zwillingen geschlafen, abwechselnd gefüttert und beruhigt. Die Zwillinge bekamen zwar Muttermilch, aber ich habe viel abgepumpt. So konnten wir beide nachts mit Flasche füttern.
Für mich war klar: Ich möchte meine Zwillinge stillen. Schließlich hatte ich schon gute Erfahrungen bei meinem ersten Kind damit gemacht. Diese Erfahrung war aber auch nötig – sonst hätte ich bei den Zwillingen wohl sehr früh aufgegeben. Die beiden haben anfangs nur schwach gesaugt – und nach zwei oder drei Minuten aufgehört an der Brust zu trinken. Mit abgepumpter Milch aus der Flasche klappte es dann viel besser.
Meine Hebamme hat mich darin bestärkt, sie trotzdem bei jeder Mahlzeit kurz anzulegen und ihnen erst danach die Flasche zu geben. Auch wenn es Zeit und Disziplin erfordert, immer genug Muttermilch abzupumpen, auch wenn man nachts nach zwei oder drei Stunden Schlaf eine Dreiviertelstunde wach ist, um zu füttern und neue Milch abzupumpen – ich habe es trotzdem mehr als drei Monate lang so gemacht. Ich hatte immer das Ziel vor Augen, dass es irgendwann so einfach wird wie bei meinem größeren Sohn.
Dass ich durchgehalten habe, hat sich gelohnt: Die Babys tranken nach etwa drei Monaten fast ausschließlich an der Brust. Ich konnte die Zwillinge im Bett stillen, musste nicht aufstehen – kein Abpumpen, kein Milchwärmen mehr. Und vor allem: Nicht mehr diese unzähligen Fläschchen sauber halten…
Als sich alles eingespielt hatte, tranken beide auch mal gleichzeitig. Meine Muttermilch hat übrigens problemlos für zwei Babys gereicht. Dass ich ab und an zugefüttert habe, lag eigentlich nur daran, dass ich auch viel abgepumpte Milch wegschütten musste: Wird diese einmal aufgewärmt, darf man sie nicht mehr verwenden.
Manchmal wäre ich gerne eine Krake mit acht Armen
Mittlerweile essen meine Zwillinge so ziemlich alles, was sie in die Finger kriegen. Sie satt zu bekommen, ist relativ einfach. Etwas hektisch wird es nur dann, wenn beide plötzlich gleichzeitig Hunger haben. Dann hätte ich gerne ein paar Arme mehr, um schneller etwas Essbares auf den Tisch zu zaubern – und dann beide gleichzeitig davon abzuhalten, sich Essen in die Haare zu schmieren, rote Bete auf den Boden zu werfen oder Wasser zu verschütten…
Da die beiden schon ziemlich mobil sind – sie können inzwischen nicht nur rumrennen, sondern auch mit diversen Kinderfahrzeugen durch die Gegend sausen – wären zu den acht Armen manchmal auch acht Augenpaare ganz praktisch. Ich scheue trotzdem nicht davor zurück, alleine mit ihnen und ihrem großen Bruder Ausflüge zu machen. Mit drei kleinen Jungs wird man gelassener und „helikoptert“ nicht mehr so sehr viel wie beim ersten Kind…
Was bei Zwillingen unvermeidbar ist: Dass man ab und zu einen der beiden kurz schreien lassen muss. Es geht einfach nicht anders. Wenn der Bruder gerade dringender meine Aufmerksamkeit braucht, muss der andere eben warten. Dafür haben sie andererseits immer jemanden zum Spielen, sind nie allein. Und auch ihr zwei Jahre älterer Bruder lässt sie mittlerweile auch mal mitspielen.
Drei Kindersitze nebeneinander? Klappt in fast keinem Auto
Der geringe Altersabstand zum „großen“ Bruder hat das erste Jahr mit den Zwillingen durchaus manchmal anstrengend gemacht, weil der „Große“ auch noch sehr viel Hilfe und Aufmerksamkeit brauchte – und immer noch braucht.
Wenn man drei kleine Kinder hat, steht man aber auch vor so manchem Problem, mit dem man nicht gerechnet hätte. Kindersitze fürs Auto zum Beispiel. Nur in die wenigsten Autos passen drei Kindersitze nebeneinander. Oder Hotelzimmer: Wer für zwei Erwachsene und drei Kinder anfragt, soll meist zwei Doppelzimmer buchen, weil ein Zimmer mit maximal vier Personen belegt werden darf. Gilt auch, wenn zwei Personen noch Babys sind und im Elternbett schlafen…
Übrigens wäre es rein finanziell ein Vorteil gewesen, die Kinder nacheinander zu bekommen. Elterngeld gibt’s bei Zwillingen nämlich nicht in doppelter Höhe, sondern lediglich in Form eines „Zwillingsbonus“ (sog. Mehrlingszugschlag) – das macht 300 Euro. Das Geld soll als Ausgleich dafür gelten, dass man nicht arbeitet in dieser Zeit und für die Kinder da ist. Mit Zwillingen habe ich nur einmal Elternzeit statt zweimal – und deshalb auch nicht doppeltes Elterngeld…
Sabine Simon
Wie sie ihre eineiigen Zwillinge auseinander halten kann, welche charakterlichen Unterschiede es gibt und wie sie sich die Zukunft mit ihren Söhnen vorstellt, darüber berichtet Sabine Simon im dritten und letzten Teil unserer Zwillings-Serie.