Regen/Viechtach. „Anton Schmaus ist ein deutscher Koch.“ So steht es zumindest in der ersten Zeile seines Wikipedia-Eintrags geschrieben. Das ist streng genommen auch keine Unwahrheit. Geht am Kern der Sache dann aber doch etwas vorbei. Ja, Anton Schmaus ist Koch. Doch – etwas lapidar ausgedrückt – klingt das dann doch sehr nach Schnitzel „Wiener Art“ mit Pommes aus der Friteuse. Und das trifft’s dann eben nicht wirklich. Denn der gebürtige Regener stand bereits hinter den renommiertesten Herden dieser Welt – und leitet mittlerweile selbst drei mehrfach ausgezeichnete Spitzenrestaurants in Regensburg. Seit Juni 2017 ist er zudem Koch der Fußball-Nationalmannschaft.
Dass Schmaus einmal die Ausbildung zum Koch machen würde, war nach seiner Zeit am Kloster-Internat Metten nicht völlig aus der Luft gegriffen. Seine Eltern führten damals in Viechtach ein Hotel mit Restaurant – in der 13. Generation. Und auch, wenn der Kochlöffel vielleicht nicht direkt in der Wiege lag, befand er sich zumindest stets in Griffweite. Gekocht habe er während seiner Schulzeit aber kaum – auch wegen fehlender Möglichkeiten im Internat. Doch bereits nach dem Zivildienst in Regensburg absolvierte Schmaus seine Koch-Lehre im Gourmet-Restaurant „Landhaus Feckl“ in der Nähe von Stuttgart. Danach war für ihn zunächst einmal klar: „Ich gehe auf jeden Fall noch ins Ausland“.
Ab in die weite Welt der Sternerestaurants
Konträr zur großen, weiten Welt stand in Viechtach noch das Restaurant der Eltern. Und damit auch eine gewisse Erwartungshaltung: Auf die 13. Generation sollte die 14. folgen. Für Schmaus jedoch sei das rückblickend „nie ein Lebensziel“ gewesen. Enttäuschung, ja – aber schließlich hätten seine Eltern damals für seine Entscheidung auch Verständnis gezeigt. Für seinen Beschluss, zunächst in Lugano, dann in St. Moritz zu arbeiten: im „Santabbondio“ bzw. im Restaurant „Talvo„. Beides wahrlich keine Pommesbuden – ganz im Gegenteil: bei den Restaurants sind jede Menge Sterne im Spiel. Von der Schweiz führte ihn sein Weg in den Norden, ins schwedische Stockholm – eine „sehr prägende Zeit“, erinnert sich Schmaus. Und von dort ging’s gen Westen, über den Atlantik, nach New York, ins Drei-Michelin-Sterne-Restaurant „Per Se„.
Zu dieser Zeit war Schmaus noch keine 30. Und noch in New York macht man ihm ein Angebot, um künftig in Bangkok am Herd zu stehen. Schmaus lehnte ab. „Ich hatte die Schnauze voll vom Rumreisen“, sagt er heute rückblickend. Etwas Bodenständiges habe er gesucht. Und damit auch etwas Eigenständiges. Im Jahr 2009 kam der Regener zurück nach Bayern, eröffnete – nach einer Serie „absoluter Zufälle“ – sein eigenes Restaurant, das „Historische Eck“ in Regensburg. Mit ihm als Küchenchef.
Mit 30 so gut wie alles erreicht?
In der Rückschau keine unbedingt einfach Phase. Schmaus war plötzlich nicht mehr nur Koch, sondern eben auch Restaurant-Inhaber – mit allem Drum und Dran. Ein langer Lernprozess, bei dem es manchmal von Vorteil gewesen sei, „sich nicht so viele Gedanken zu machen“. Doch was der Küchenchef da so auf die Teller seiner Gäste zauberte, wusste offenbar so manchen Gaumen zu überzeugen. 18 Monate nach der Eröffnung wurde er dafür mit seinem ersten Michelin-Stern ausgezeichnet.
Im Juni 2014 machte sich der Sternekoch an sein nächstes Projekt: Wiederum in Regensburg eröffnet er das Restaurant „Storstad„, was auf Schwedisch „Großstadt“ bedeutet. Es dauerte nicht lange und Schmaus erhielt auch dafür einen Michelin-Stern. Noch im selben Jahr kürte ihn der Restaurantführer „Gault&Millau“ zum Aufsteiger des Jahres. Gut 30 Jahre alt ist Schmaus zu diesem Zeitpunkt – und hat eigentlich alles erreicht, was man erreichen kann!?
Nein. Das Erreichte sei damals zwar in der Tat eine „coole Nummer gewesen“, sagt er. Sein Beruf – wohl auch seine Berufung – sei jedoch eine Art „Dauerprozess“. Sowohl im Auftritt nach außen als auch in seiner Küche befinde er sich im permanenten Adaptionsmodus – denn „besser geht immer“.
Doch was macht eigentlich seine Küche, seine Gerichte so besonders? Schmaus überlegt. „Sehr ausdrucksstark“. „Klar in der Linie“. Dann das Fazit: „Geschmacklich mit einem gewissen Bumms – und einer Fruchtkomponente“. Oder anders formuliert: Gelungen sei ein Gericht immer dann, „wenn man noch einen Löffel will, obwohl der Teller schon leer ist“. Klingt nicht nach Zauberei, aber darauf kommt’s am Ende auch nicht an. Hauptsache es schmeckt, wie es so schön heißt. Und das tut’s – daran besteht kein Zweifel.
Rund um die Uhr für die deutsche Fußballelf
Und einen Löffel mehr von Schmaus‘ Köstlichkeiten nimmt man mittlerweile auch gerne in den Reihen der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Obwohl das Kontingent der erlaubten Extra-Löffel hier natürlich begrenzt ist. Die ein oder andere Belohnung – nach einem harten Trainingstag beispielsweise – werde aber stets genehmigt, jedoch bleibe immer „alles im Rahmen“. Am Ende habe das ein Spieler selbst zu entscheiden – und zu verantworten. Erstmals durfte der heute 37-Jährige 2017 beim Confed-Cup in Russland an den Herd. Es war eine Art Probelauf. „Alle zufrieden“, lautete das Urteil der deutschen Elf und deren Betreuer nach drei Wochen im Turnier, aus dem Deutschland als Sieger hervorging. Das „ein oder andere Prozent“ könne auch er als Koch zu solchen Leistungen beitragen, wie Schmaus findet.
Ob er nun im eigenen Restaurant – von denen er in Regensburg mittlerweile drei unterhält – zugange ist oder für die deutsche Fußballelf, mache keinen sonderlich großen Unterschied. Schmaus kennt sich aus mit Inhaltsstoffen, Gewürzen, Aromen, der „Chemie“ eines Gerichts – und er weiß, was die Spitzensportler brauchen. Genau das hat er dann zu liefern – von früh morgens bis spät abends. Wenn er mit der Nationalmannschaft unterwegs ist, sei er eigentlich „rund um die Uhr“ im Einsatz. Um 7 Uhr beginnt er mit seinem Team die Zubereitung des Frühstücks. Danach bleibt etwas Zeit für eine Tasse Kaffee, ehe es ans Mittagessen geht. Darauf folgt eine weitere Mahlzeit am Nachmittag. Bis circa 22 Uhr dauert es, bis auch das Abendessen über die Bühne gegangen ist.
„Lange Tage“ seien das manchmal, doch das ist Schmaus als Koch gewohnt. Abseits der Küche verbringe er gerne Zeit mit Frau und Kind, schaut auch mal das ein oder andere Fußballspiel. Betreibt ab und an ein bisschen Sport. „Normal“ halt irgendwie, wie der 37-Jährige meint. Man ist fast geneigt zu sagen: am Ende kocht er auch nur mit Wasser.
Auch einige Waidler hat er stets um sich versammelt
Gelegentlich verschlägt es ihn auch wieder zurück in den Bayerwald. Seine Eltern haben ihr Haus in Viechtach zwar mittlerweile verkauft, ein Stückchen Heimat bleibe der Bayerische Wald dennoch. Wenig verwunderlich: Er beschäftigt auch einige Waidler in Regensburg, denn fragt man ihn nach den Vorzügen seiner ehemaligen Heimat, kommt ihm vor allem eins in den Kopf: „De Leid“.
Johannes Greß