Haidmühle. Während eine Forelle anderswo innerhalb von vier Monaten zum verzehrfertigen Fisch heranreift, benötigt sie in den Weihern von Thomas Ebersberger mindestens ein Jahr. Dass seine Fische im kalten Haidmühler Wasser derart langsam wachsen, macht sie zu etwas Besonderem: Ihr Fleisch ist kompakter und feinfaseriger als das ihrer konventionellen Artgenossen. Zahlreiche Restaurants in der Region wollen daher genau diesen Fisch in ihren Pfannen brutzeln sehen…
„Irgendwann hab ich mir den ersten Weiher gegraben“, erinnert sich der 55-jährige Thomas Ebersberger. „Und dann ist jedes Jahr einer dazu gekommen.“ In den 80er Jahren werden Forellen und Saiblinge zu seinem Hobby. Auch deren Zubereitung: Zusammen mit seiner Frau Angelika nimmt er die Fische aus, legt sie in Beize ein – und räuchert sie. Als ihnen immer mehr Leute ihre Fische abkaufen möchten, beschließen sie schließlich: Wir melden ein Gewerbe an.
„Ich esse immer noch gerne Fisch“
Seit 1996 gibt es sie: Die Fischzucht Ebersberger in Haidmühle. Der Chef kümmert sich aber nur im Nebenerwerb um seine Forellen, Lachsforellen und Bachsaiblinge. Hauptberuflich fährt er Lkw.
„Während er unterwegs ist mit dem Lastwagen, bin ich der Nebenerwerb“, sagt seine Frau Angelika und lacht. Denn sie kümmert sich um die Fische, nachdem ihr Mann sie aus dem Weiher gefischt hat: Angelika nimmt sie aus, säubert sie, räuchert sie oder macht Fischpflanzerl daraus, die Familie Ebersberger auf Veranstaltungen im eigenen Verkaufswagen anbietet. Und sie liefert die Fische an Restaurants, Supermärkte und ein Seniorenheim aus.
Auch wenn sie jeden Tag mit den Wasserbewohnern in nahezu allen Variationen zu tun hat, sagt die 51-Jährige: „Ich esse immer noch gerne Fisch.“ Sie müsse schließlich stets probieren, ob der geräucherte Saibling gut schmeckt – und ob ihre Fischpflanzerl gelungen sind. In das Hobby ihres Mannes sei sie nach und nach „reingewachsen“, erzählt sie. Gestört habe es sie nie, dass er viel Zeit bei den Weihern verbringt.
Nachts fährt er Fleisch zum Metzger, tagsüber angelt er Fische
Jährlich holt Thomas Ebersberger viereinhalb Tonnen Fisch aus seinen elf Teichen. Das entspricht fast 14.000 Stück. Etwa die gleiche Menge kauft das Ehepaar von anderen Fischzüchtern aus der näheren Umgebung zu, um sie etwa im geräucherten Zustand, auf Fischplatten fürs Catering oder in ihrem Verkaufswagen als Fischpflanzerl feil zu bieten. Ein enormer Aufwand.
Trotzdem könnten sie vom Fischverkauf alleine (noch) nicht leben. „Fünf Jahre muss ich wohl noch Lkw fahren, danach möchte ich mich nur noch um die Fische kümmern“, sagt Thomas Ebersberger. Er freut sich auf diese Zeit.
Das Kuriose an seinem Hauptberuf: Als Lkw-Fahrer lädt der 55-jährige Fleisch von Kälbern und Schweinen in seinen Lastwagen, das er vom Schlachthof zu den Metzgern transportiert, die es dann weiterverarbeiten. Ist das Fleisch ausgeliefert, wartet zu Hause dann der eigene Schlachthof. „Wir sind tatsächlich ein EU-zugelassener Schlachtbetrieb“, sagt Ebersberger und schmunzelt. Aber nicht für Fleisch, sondern für Fisch.
Aufzucht wird immer teurer, Gewinnspanne nimmt ab
Seit er vor mehr als dreißig Jahren das Gewerbe angemeldet hat, sei die Aufzucht der Fische zunehmend teurer geworden. Das Futter für die Setzlinge – also die Jungfische, die er beim Verband der Fischzüchter ankauft – und nicht zuletzt der Strom kosten mehr und mehr Geld: Rund 8.000 Kilowattstunden „frisst“ sein Zuchtbetrieb pro Jahr. Die Pumpen in den Weihern, die Kühlung, die Ventilatoren – all das verbrauche enorm viel Energie.
Und die Zucht ist aufwendig. In seinen elf Teichen wachsen Forellen, Bachsaiblinge und Lachsforellen. Viel Zeit investiert Ebersberger vor allem in das „Ausklauben“ der Weiher, wie der Fischzüchter es nennt: Regelmäßig muss er dafür einzelne Becken leeren und die Fische nach Größe ordnen. „Es sollen immer diejenigen Fische gemeinsam in einem Weiher sein, die ungefähr die gleiche Größe haben“, erklärt Ebersberger. „Sonst bekommen die Kleineren kein Futter ab.“ Durch die vielen Weiher mit unterschiedlich großen Exemplaren darin sei auch gewährleistet, dass das ganze Jahr über verzehrreife Fische zur Verfügung stehen.
Arbeitsintensiv sei die Zucht in Haidmühle auch deswegen, weil die Fische hier im kühlen Wasser viel länger benötigen bis sie die richtige Größe erreicht haben. Aber genau das macht den Fisch aus Haidmühle zu etwas Besonderem, wie der Züchter bestätigt.
Die Nachfrage ist jedenfalls groß: Gut 30 Restaurants zwischen Passau und Spiegelau kaufen bei Familie Ebersberger ein, darunter etwa die „Waidla-Landhotels“. Auch Supermärkte in Neureichenau, Freyung und Hutthurm beliefern sie. Mit dem eigenen Verkaufswagen sind Thomas und Angelika auf Veranstaltungen wie dem Schlittenhunderennen in Haidmühle oder dem Pfingstmarkt im Freilichtmuseum Finsterau unterwegs.
Kaltes, klares Wasser: Hier sterben im Hitzesommer keine Fische
An schwierige Zeiten oder ein größeres Fischesterben in seinen Weihern kann Thomas Ebersberger sich nicht erinnern. Selbst im sehr heißen Sommer 2018 herrschten in seinen Gewässern angenehme 19 Grad Wassertemperatur. „Bachsaiblinge überleben bei maximal 25 Grad“, weiß der Experte. Andere Züchter hätten im vergangenen Jahr Probleme gehabt. Seine Teiche werden vom Eibenbach gespeist und hätten besonders hohe Wasserqualität, wie er versichert: „Der Prüfer, der die Wasserqualität jedes Jahr untersucht, sagt mir immer, dass wir in unseren Weihern fast Trinkwasserqualität haben.“ Familie Ebersberger ist zuversichtlich, dass das auch weiterhin so bleibt.
Sabine Simon