Grafenau. Im Sommer des vergangenen Jahres wurde es seitens regionaler CSU-Politiker – allen voran Landtagsabgeordneter Max Gibis – groß angekündigt: Das so genannte Nationalpark-Packerl, das großzügige Fördergelder für den Nationalpark Bayerischer Wald anlässlich seines 50-jährigen Bestehens im Jahr 2020 beinhalten soll. Nun prangert Landtagsmitglied Alexander Muthmann (FDP) an, dass der größte Teil der Gelder, mit dem die Nationalpark-Basisstraße saniert werden soll, im Haushaltsentwurf des bayerischen Landtags für das Jahr 2019/20 gar nicht enthalten sei.

Der Nationalpark Bayerischer Wald feiert im nächsten Jahr 50-jähriges Jubiläum. Die Staatsregierung hatte zu diesem Anlass hohe Fördergelder in Aussicht gestellt.
Im Sommer 2018, wenige Monate vor der Landtagswahl, hatte der damalige Umweltminister Marcel Huber (CSU) das Sonderprogramm für den Nationalpark Bayerischer Wald in Höhe von insgesamt 30 Millionen Euro erstmalig angekündigt. Den größte Teil davon (19,9 Millionen Euro) plante das bayerische Kabinett dabei für die „Ertüchtigung der Verkehrsinfrastruktur“ ein, wie es in verschiedenen Presseberichten dazu hieß.
Sechs Millionen Euro weniger als versprochen
Das von CSU-Politikern versprochene „Nationalpark-Packerl“ enthielt neben der Straßensanierung einige weitere Punkte: Auch die Besuchereinrichtungen sowie die touristische Infrastruktur sollten in Sachen Digitalisierung, Barrierefreiheit etc. auf Vordermann gebracht werden. Für diese Maßnahmen sind im aktuellen Haushaltsentwurf der bayerischen Staatsregierung zwar Gelder eingeplant: Jedoch nurmehr 3,4 Millionen anstelle der zuvor zugesagten 9,4 Millionen Euro – also satte sechs Millionen Euro weniger, wie Landtagsabgeordneter Muthmann mitteilt.
Im Zuge des letzten „Packerls“-Punkts sollte die Fahrzeugflotte des Nationalparks auf E-Mobilität umgestellt werden. Dafür hatte Ex-Minister Huber 2,4 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Dass davon noch nichts im Haushalt stehe, sei so mit der Nationalparkverwaltung abgesprochen, informiert MdL Muthmann. Diese Maßnahme sei aufgeschoben worden und solle bis spätestens 2024 umgesetzt werden.
„Das kann sich die Region nicht gefallen lassen“
Die Straßensanierung jedoch sollte eigentlich so schnell wie möglich in Angriff genommen werden. Schließlich erwartet der Nationalpark im Jubiläumsjahr 2020 viele Besucher, die alle die Basisstraße durch das Schutzgebiet nutzen werden. Der Kreistag des Landkreises Freyung-Grafenau habe bereits beschlossen, mit der Sanierung sofort zu beginnen, berichtet Muthmann weiter: „Allerdings unter der Voraussetzung der hundert prozentigen Förderung.“ Daher seien im Kreishaushalt auch keinerlei Gelder für diese Maßnahme eingeplant.
Doch auch im Haushaltsentwurf der bayerischen Staatsregierung sei davon nichts zu lesen. Den fehlenden Posten für die Sanierung der Nationalparkstraße interpretiert Muthmann als „Absage an die hundertprozentige Förderung“. Die Staatsregierung versuche sich davonzustehlen, kritisiert der Landtagsabgeordnete der FDP. „Das kann sich die Region nicht gefallen lassen.“

Alexander Muthmann (FDP) fragt sich: Kann es überhaupt eine hundertprozentige Förderung zur Sanierung einer Kreisstraße geben?
Er wirft ebenso die Frage auf, wie eine volle Förderung überhaupt möglich sein könne. Denn: Bei der 21 Kilometer langen Nationalpark-Basisstraße von Mauth nach Spiegelau handele es sich um eine Kreisstraße. „Damit der Staat die Kosten der Sanierung zu einhundert Prozent übernehmen kann, müsste man die Straße eigentlich in eine Staatsstraße umwandeln“, so Muthmann. Eine andere Möglichkeit sehe er nicht. „Eine Sanierung komplett auf Staatskosten bei einer Kreisstraße wäre eine absolute Besonderheit.“ Auch sein Landtagskollege von den Grünen, MdL Toni Schuberl, pflichtet ihm bei: Ohne Aufstufung zu einer Staatsstraße könne die Komplett-Förderung nicht realisiert werden.
Ist eine volle Kostenübernahme der Sanierung durch den Staat also nicht zu erwarten?
Gibt es bereits einen einvernehmlichen Lösungsvorschlag?
Die Nationalparkverwaltung betont auf Nachfrage des Onlinemagazins da Hog’n ebenfalls, dass die Nationalpark-Basisstraße als Kreisstraße Eigentum des Landkreises Freyung-Grafenau sei. Für die NP-Verantwortlichen würden daher die weiteren, versprochenen Fördermaßnahmen im Vordergrund stehen. Hierzu teilt die Pressestelle des Nationalparks mit: „Die Umsetzung und Finanzierung erfolgen im Rahmen jeweils verfügbarer Stellen und Mittel bzw. bleiben künftigen Haushaltsverhandlungen vorbehalten.“ In welchen Einrichtungen Sanierungsmaßnahmen stattfinden, sei demnach noch nicht abschließend geklärt, da man noch nicht wisse, wie viel Geld letztendlich zur Verfügung stehe.
Unsere Nachfrage bei MdL Max Gibis (CSU) ergibt, dass Anfang April ein gemeinsames Gespräch zwischen ihm, Freyung-Grafenaus Landrat Sebastian Gruber (CSU), dem Spiegelauer Bürgermeister Karlheinz Roth, dem Landtagsabgeordneten Manfred Eibl (FW) und den beiden Ministern Dr. Hans Reichhart (Bauministerium, CSU) und Thorsten Glauber (Umweltministerium, FW) im Landtag stattgefunden habe, um „die Details des weiteren Vorgehens abzustimmen“.

CSU-Politiker Max Gibis versichert, dass das Nationalpark-Packerl in die Tat umgesetzt wird.
Gibis versichert: „Fakt ist – und das haben beide Minister nochmals bestätigt: Der Kabinettsbeschluss wird umgesetzt.“ Dass die Mittel für die Straßensanierung noch nicht im Haushalt 2019 auftauchen, sei den umfangreichen Planungen und dem notwendigen Ausschreibungsverfahren geschuldet. „Die notwendigen Mittel werden im Nachtragshaushalt 2020 und dem nächsten Doppelhaushalt 2021/22 bereitgestellt“, betont der CSU-Abgeordnete.
Auch Manfred Eibl bestätigt auf Nachfrage das Zusammentreffen der lokalen und überregionalen Politiker im Landtag Anfang April und informiert: „Ergebnisse in schriftlicher Form werden wir in den nächsten Wochen diesbezüglich erhalten. Ein einvernehmlicher Lösungsvorschlag wird in Kürze erwartet.“ Scheinbar gibt es den konkreten Lösungsvorschlag also bislang noch nicht.
Dies lässt auch die Antwort des Landratsamtes Freyung-Grafenau vermuten: Pressesprecher Karl Matschiner teilt mit: „In Abstimmung mit Landrat Gruber kann ich Ihnen mitteilen, dass in Sachen Nationalpark-Packerl aktuelle Abstimmungsgespräche mit den zuständigen Stellen laufen. Weitere Aussagen hierzu sind uns deshalb derzeit nicht möglich.“
Opposition macht Druck auf Gibis und Eibl
Da die zuständigen Politiker der Regierungsparteien CSU und FW keine konkreten Aussagen zum weiteren Vorgehen machen, mutmaßt die Opposition, dass eine hundertprozentigen Förderung der Straßensanierung am Ende nicht zustande komme. Muthmann, Schuberl und auch Christian Flisek (SPD) befürchten, dass hier Versprechen gemacht wurden, die man nun nicht einhalten könne. „Es gibt Fördermöglichkeiten“, sagt Alexander Muthmann. „Sechzig bis siebzig Prozent Förderquote sind bei Straßensanierungen erreichbar.“ Und darauf werde es seiner Meinung nach wohl hinauslaufen.

Christian Flisek (SPD) wirft CSU und Freien Wählern vor, „teure Wahlkampfversprechen nicht einhalten zu können“.
SPD-Kollege Flisek formuliert es eine Stufe schärfer: „Dass diese Ankündigung nichts als heiße Luft war, zeigt, dass CSU und Freie Wähler, die sich vor der Wahl mit teuren Wahlkampfversprechen gegenseitig überboten haben, beim Blick auf den Kassenstand festgestellt haben, dass sie viele dieser Versprechen nicht einhalten werden können.“ Er führt ebenfalls die üblichen Fördermöglichkeiten an: Das Bayerische Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz sehe Förderquoten zwischen 30 und 80 Prozent vor, so Flisek.
Muthmann berichtet, er habe bereits seit September mehrfach beim zuständigen Bauminister Reichhart in Sachen Förderung der Straßensanierung nachgefragt. In seiner letzten Antwort habe der Bauminister erklärt, dass das Umweltministerium beim „Nationalpark-Packerl“ federführend sei. Aus Muthmanns Sicht sei es „absurd, die Straßensanierung aus Umwelttöpfen zu bezahlen“.

Eine Umwandlung der Nationalpark-Basisstraße von der Kreisstraße zur Staatsstraße wäre die eleganteste Lösung, findet Alexander Muthmann.
Auch hinsichtlich seines Vorschlags, die Nationalpark-Basisstraße in eine Staatsstraße umzuwidmen, habe der FDP’ler beim Bauminister nachgehakt: Das bayerische Bauministerium sehe dafür jedoch die Voraussetzungen nicht gegeben. Muthmann ist da anderer Meinung: Die Nationalpark-Basisstraße verbinde zwei andere Staatsstraßen (die St 2127 bei Mauth mit der St 2132 bei Spiegelau). Daher sei es möglich, sie ebenfalls in eine Staatsstraße umzuwandeln.
So sieht es auch Toni Schuberl von den Grünen. Er sagt: „Darüber hinaus ist der Nationalpark, wie der Name schon sagt, eine überörtliche Aufgabe des Staates und nicht nur des Landkreises. Hierzu gehört auch die verkehrliche Erschließung.“ Für die Umwandlung zur Staatsstraße sprächen laut Schuberl nicht zuletzt aber auch die Verkehrszahlen: „Die Nationalparkstraße hatte 2015 beim Info-Zentrum mehr als 2.900 KfZ am Tag.“ Verglichen mit Staatsstraßen im Bereich des Passauer Bauamtes (3.800 KfZ am Tag) sei dies zwar weniger, die Staatsstraße zwischen Freyung und der tschechischen Grenze habe aber noch weniger Verkehr: nur 1.700 KfZ am Tag.
Fördergelder im Nachtragshaushalt 2020?
Der Doppelhaushalt 2019/20 wird Mitte Mai beschlossen. Die letzten Beratungen darüber haben bereits stattgefunden. Die Sanierung der Nationalparkstraße noch mit aufzunehmen, ist also nicht mehr möglich. Ob die Gelder im Nachtragshaushalt für 2020 berücksichtigt werden, bezweifelt Muthmann. „Der Nachtragshaushalt ist eigentlich für Unplanmäßiges gedacht“, weiß der FDP-Abgeordnete.
Man darf also gespannt sein, wann die Details der versprochenen Förderung in trockenen Tüchern sind – und wann eine Sanierung der Nationalpark-Basisstraße tatsächlich in Angriff genommen werden kann. „Eine Fertigstellung bis 2020 können wir uns abschminken“, ist sich Oppositionspolitiker Muthmann sicher. Er sieht nun seine Kollegen Max Gibis und Manfred Eibl in der Pflicht, die einstigen Zusagen der CSU von der neuen Staatsregierung mit Nachdruck einzufordern. Nicht dass aus dem verheißungsvollen „Packerl“ ein langwierig zu schulterndes „Sackerl“ wird…
Sabine Simon