– Achtung: Text kann Spuren von Satire enthalten –
BRD. 130 Kilometer pro Stunde. Das soll nach Ansicht vieler Verkehrsteilnehmer zukünftig auch auf deutschen Autobahnen ausreichen. Das würde bedeuten: weniger Lärm, weniger Schadstoffausstoß, weniger Unfälle, weniger Tote. Vier überaus gewichtige Argumente – so möchte man meinen. Hatten wir uns hier in der Hog’n-Redaktionsstube auch gedacht – und die Idee mit dem „Versus“ eigentlich schon wieder begraben. Doch immer wieder watschelte in letzter Zeit ein Mann vors Mikrophon, um die deutsche Autoindustrie vor dem sicheren Tod zu bewahren. Die Rede ist vom Messias des Vierradantriebs, dem Propheten der Auto-Lobby, der Dreifaltigkeit aus Diesel, Benzin und Schmieröl: Andy Scheuer!
Wacker und mit Wonne, voller Stumpfsinn und Quark stellt sich der Apostel der motorisierten Kutschenbauer im folgenden (freilich rein fiktivem) Streitgespräch seinem Herausforderer: Niemand langsameren als dem legendären „Sir Quickly“ („Irgendwie und Sowieso„), der sich einst so wundervoll elegant im Trenchcoat auf sein NSU-Moped schwang, um etwa von Schwindegg nach Forstinning zu tuckern.
Wenn der Andy mit dem Quickly…
Es ist Dienstag, 14 Uhr. In rund einer Stunde soll der Showdown zwischen Andy Scheuer und Sir Quickly beginnen. Ersterer sitzt schon seit 9 Uhr hier in unserer Redaktion herum – nonexistentes Tempolimit sei Dank. Letzterer – so werden wir demnächst feststellen müssen – wird erst gegen 16 Uhr eintrudeln. In der Zwischenzeit beglückt uns Andy mit Geschichten über seinen BMW, den bereits CSU-Godfather und Mentor Franz-Josef-Strauß durch die Lande steuerte. Wir alle haben Spaß – schrecklich viel Spaß. Als Sir Quickly dann endlich eintrifft, machen wir den einst fußballspielenden, ministrierenden JU-Kreisverbandsvorsitzenden vom Schreibtischsessel des Praktikanten los, entfernen die Fußfesseln – und nehmen ihm das alte Paar Tennissocken aus dem Mund. Das Gespräch kann beginnen…
Sir Quickly: Also, und?
Andy Scheuer: Also, und was?
Sir Quickly: Ja, wegen Ihnen sind wir heut‘ da. Wegen Ihnen bin ich heut seit 5.30 Uhr wach, hab‘ extra nur vier (statt den üblichen sieben, Anm. d. Red.) Weißwürste g’frühstückt, damit meine Quickly auch ja die Passauer Reischelkurve hochzieht. Ich habe bereits sechs Stunden Anfahrt hinter mir – inklusive zwei Mal tanken. Also, bitte…
Wenn der Menschenverstand nicht mehr ganz so gesund wirkt
Andy Scheuer: Ein Tempolimit ist gegen jeden Menschenverstand…*
Sir Quickly: …und dieser vom Gottvater persönlich gesegnete Menschenverstand hat dafür welche Argumente?
Andy Scheuer: Die Klimaschutzwirkung dieser Einschränkung ist fast bedeutungslos*!
Sir Quickly: 3,2 Millionen Tonnen CO2 würd‘ ma uns sparen pro Jahr. Und außerdem: Würden noch heute alle auf eine Quickly umsteigen, wär‘ des Thema Klimawandel wohl schon morgen vom Tisch…
Andy Scheuer: Das Ding ist doch eine Beleidigung deutscher Ingenieurskunst. Ein Unding, dass sowas überhaupt das Antlitz unseres deutschen Straßenbelags besudeln darf. Wenn’st mit der auf’n Lobo-Parkplatz vorfährst, da beindruckst du nicht mal den Typen vom Schnitzel-Stand – von irgendwelchen Göörls ganz zu schweigen.
Sir Quickly: Herr Scheuer, das klingt jetzt fast so, als ging’s Ihnen gar nicht so sehr ums Klima, sondern vielmehr um…
Andy Scheuer: Wer 120 fahren will, kann 120 fahren. Wer schneller fahren möchte, darf das auch. Was soll dieser Ansatz der ständigen Gängelung?*
Sir Quickly: Es wird hier niemand gegängelt, sondern es werden Menschen getötet. Im Schnitt 400 pro Jahr. Auf deutschen Autobahnen. Wobei ich an dieser Stelle erwähnen möchte, dass von einer Quickly noch nie jemand getötet wurde…
Über die Frage, was wirkliche Freiheit ist
Andy Scheuer: Jetzt hören’S doch mal auf mit ihrem lächerlichen Moped. Wenn’S ihr Leben genießen wollen, gilt doch nach wie vor: Wer später bremst ist…
Sir Quickly: …früher tot?
Andy Scheuer: Das Tempolimit ist eine typisch ideologische Verbotsdiskussion aus der grünen Mottenkiste. Das bringt ökologisch wenig. Wir brauchen neue Technik – und keine alten Verbote!
Sir Quickly: Dieser vor eloquenter Hochgeistigkeit strotzende Gedanke entsprang aber jetzt nicht Ihrem Brain, oder?*
Andy Scheuer: Der Markus wird’s mir verzeihen…
(Beim sogenannten Markus Söder handelt es sich um eine rein fiktive Figur, die eigentlich mit dem Namen „Shrek“ zur Welt kam. Außerhalb der Karnevalssaison steht „Shrek“ jedoch immer wieder im Fokus der Öffentlichkeit, indem er felsenfest behauptet, er sei bayerischer Ministerpräsident, Anm. d. Red.)
Sir Quickly: Gibt es auch nur ein einziges sinnvolles Argument gegen ein Limit? Außer Afghanistan, Somalia und Nordkorea haben alle Länder dieser Erde eine Geschwindigkeitsbegrenzung. Mal ehrlich: Ich und meine Quickly sind doch auch glücklich. Wenn dir auf der B12 bei 32km/h der Wind durchs Achselhaar pfeift, sich ein paar Sonnenstrahlen aufs Haupt legen – das ist doch Leben, Herr Scheuer. DAS ist Freiheit…!
Andy Scheuer: Erzählen Sie mir nichts von Freiheit. Freiheit und 32km/h sind einfach unvereinbar. Freiheit beginnt bei mir frühestens ab 180 Sachen. Genau der Punkt, an dem du spürst, was Geschwindigkeit eigentlich bedeutet; der Punkt, an dem sich so ein leichtes, nahezu erotisches Grummeln zwischen Magengrube und Prostata breitmacht. Verstehen’S, Quickly!?
Beim Autofahren, da geht’s nicht nur immer um Regeln, um Vorschriften – Autofahren, das IST ein Lebensgefühl per se! Da darf auch ich noch mal Kind sein. Wenn ich weiß, ich darf heut‘ Nachmittag raus zum Rennfahrer-Spielen, dann style ich mir bereits vormittags meine Haare mit Motoröl, uriniere schon am Vortag in meine Lederstiefel und kleb‘ mir kurz vor der Abfahrt noch ein Abzieh-Tattoo mit der Aufschrift „Rock’n’Roll“ auf den Oberarm. Dann setz‘ ich meine Ray-Ban auf – und spätestens dann, wenn ich im Fahrersitz versunken meine alte Backstreet-Boys-Kassette reinschieb‘, gibt’s kein Halten mehr…
Eigentlich ist es Ihnen doch egal, ob…
Sir Quickly: Ich bin immer wieder beeindruckt, wie dehnbar der Begriff „gesunder Menschenverstand“ eigentlich ist…
Andy Scheuer: Ernsthaft: Wir müssen die masochistische Debatte beenden, wie wir uns in Deutschland mit immer schärferen Grenzwerten selbst schaden und belasten können.*
Sir Quickly: Aha.
Andy Scheuer: Wir müssen doch zusehen, die Debatte insgesamt auf der Basis zutreffender Fakten und anerkannter wissenschaftlicher Methoden zu versachlichen.*
Sir Quickly: Also gut. Ein zutreffender Fakt: Eigentlich ist es Ihnen doch egal, ob pro Jahr ein paar mehr oder weniger Verkehrsteilnehmer ihr Leben auf den Straßen lassen. Es scheint ihnen auch ziemlich wurscht zu sein, was in Sachen Luftverschmutzung passiert – oder ob demnächst der Planet kollabiert. Frei nach dem Motto: So lang in den Popo von Daimler und BMW kriechen bis… Aber was red‘ ich mir hier den Mund fransrig. Meine Quickly ruft – i bin dahi! Otti over and out – Micdrop!
Johannes Gress
Bei mit * gekennzeichnete Aussagen Andy Scheuers handelt es sich um Original-Zitate aus den vergangenen Wochen.
– Achtung: Text kann Spuren von Satire enthalten –
Solche Aussagen von Scheuer beweisen halt, dass er gar keinen Verstand hat!