Schatz, wenn du willst, kannst du mit mir über alles reden. Du weißt, du kannst mir alles erzählen. Ich höre dir zu. Du brauchst keine Geheimnisse vor mir zu haben. Du weißt, niemand steht dir näher als ich. Keiner kennt dich so gut wie ich. Ich weiß doch genau, wie du tickst, was dir gut tut und was dir missfällt. Deine Wünsche, Sehnsüchte und Vorlieben sind bei mir bestens aufgehoben.
Also gut, Mark. Ich bin 1,64 Meter groß. Bin am 18. April 1992 geboren. Gehe gerne zum Kegeln. Habe gerade meine Ausbildung als Industriekauffrau abgeschlossen. Neben Dostojewski lese ich am liebsten das Onlinemagazin „da Hog’n“. Ich mache durchschnittlich drei Mal die Woche Sport. Mindestens genauso oft gehe ich Saufen. Meinen Urlaub verbringe ich dieses Jahr in Bibione – Eimersaufen, yeaah! Politisch würde ich mich Mitte-Links einordnen, wobei ich der SPD schon lange den Rücken gekehrt habe. Die Umwelt ist mir ein Anliegen, aber Dieselfahrverbote gehen gar nicht! Die AfD-Passau erscheint mir merkwürdig. Sonntagabend schaue ich gerne den Tatort. Meiner letzten Zalando-Bestellung gebe ich nur 3 von 5 Sternen. Candycrush rockt, aber sowas von! Claus Kleber ist mein Lieblings-Moderator. Die Beachvolleyball-Weltmeisterschaft gucke ich vor allem, weil die Sportler da so erotisch schwitzen. Ich denke, der Fall der Mauer hat nachhaltige negative Konsequenzen für die BRD. Irgendwie mag ich den Bart von Karl Marx. In der Schule hatte ich eine Furie als Mathe-Lehrerin. Ich koche gerne, aber eine Tiefkühl-Pizza von der Tanke nebenan kann auch lecker sein. Meine Kosmetika kaufe ich am liebsten bei dm. Mayonnaise ist meiner Meinung nach etwas für Faschisten. Auf einer Skala von 1 bis 10 beunruhigt mich der Abszess an meinem After mindestens mit dem Wert 7,5. Zu meinen Eltern habe ich ein gutes Verhältnis. Andy Scheuer ist mein Lieblings-DJ – und Datenschutz ist mir ein Anliegen.
Wenn’s Dir mal schlecht geht, keine Sorge: Mark ist für dich da! Und das seit 15 Jahren. Seit 4. Februar 2004 hört er dir zu, ziemlich genau sogar. Er liest, was du liest. Er liest, was du denkst. Er sieht, was du siehst. Denn Mark ist ein wiefes Kerlchen. Selbst die Revoluzzer hat er auf seiner Seite. Die, die sich der Datenkrake Facebook vor einigen Jahren noch eisern entgegenstellten. Die, die voll Inbrunst verkündeten: Nein, nicht mit mir! Und dann lieber auf bsmparty.de rumsurften. So wie ich. (Anmerkung: Selten hinterließ eine Recherche ein so derartig komisches Gefühl wie jene über dieses Facebook der Dorfjugend – irgendwo zwischen Irritation, Tragik, Nostalgie und Fremdschämen. Ganz schwierig zu beschreiben…).
Horst – Digital Native und Online-Pionier
Ich bin bei Facebook, also bin ich. Und wie (abnormal geil) ich bin, soll auch möglichst jeder mitbekommen. Jeder. Mit 4. Februar 2004 gab Mark den Startschuss zum größten digitalen Schwanzvergleich der Geschichte. Ein heroisch geführter Wettbewerb, der jeden Affenkäfig wie ein Sammelbecken der philosophischen Avantgarde abendländischen Denkens erscheinen lässt. Eine Arena, die testosterongesteuerten Horden zur Überwindung der eigenen Minderwertigkeit die Möglichkeit zum digitalen Ragen gibt. Und das auch noch gesund und nachhaltig: All jenes eloquente Gequake, was einem sonst nur ab acht Bier aufwärts über die Lippen geht, sprudelt auf Facebook wie von selbst aus einem heraus, völlig nüchtern und ohne Kater. Deutschland, du Land der Dichter und Denker! Ich denke (kaum), also bims ich!
Ehrlich, jeder ist bei Facebook. Florian Silbereisen, Kim Jong-Un, Knut der Eisbär, Benjamin Blümchen und Horst Seehofer (ich frage mich, wann diese Fünf wohl das letzte Mal in einem Satz aufgetaucht sind?) Was viele nicht wissen: Seehofer war noch vor Mark Zuckerberg bei Facebook registriert. Wenig verwunderlich, war der Pionier des WWW schließlich auch schon in den 1980ern fest am Surfen, noch einige Jahre bevor „das Internet“ überhaupt online ging. Wie man heute weiß, hat der Digital Native der CSU bereits in den 1970ern begonnen – eigenhändig – WLAN-Kabel um die ganze Welt zu spannen. Von nichts kommt nichts – auch Pionier-Sein hat eben seinen Preis.
Von facesmash.com über Facebook zurück zum Ursprung: Tinder
Apropos Pionier: Zurück zum lieben Mark. Der startete sein großangelegtes Schwanzvergleich-Projekt eigentlich unter dem Namen facesmash.com, eine digitale Plattform, auf welche der liebe Mark Fotos von Uni-Kollegen hochgeladen hatte und die User anschließend über deren Attraktivität abstimmen durften. Dass die College-Studenten von ihrer digitalen Prominenz nichts wussten, lag wohl daran, dass Mark deren Bilder ohne deren Erlaubnis hochgeladen hatte. Datenschutz wird im Hause Zuckerberg eben seit jeher GROSS geschrieben.
Wenn man sich heute vorstellt, wie Facebook seinen Anfang genommen hat – als Plattform für ein paar sexuell unausgelastete College-Studenten, die mit ihrer Freizeit nichts Besseres anzufangen wussten, als ein paar Uni-Kommilitoninnen nach Körbchengröße zu sortieren, kann man sich ungefähr ausmalen, wieso es selbst heute noch als Soziales Medium gilt. Und für all‘ jene, denen Facebook tatsächlich zu sozial ist, gibt es ja glücklicherweise immer noch Tinder.
Abschließend soll hier noch auf die positiven Aspekte von Facebook eingegangen werden. Also, den einen positiven Aspekt: Wären Sie nicht auch bei dieser Datenkrake registriert, wären Sie wahrscheinlich nicht auf diesen Artikel aufmerksam geworden. Danke, Mark! Sollte Ihnen der Artikel gefallen haben, dürfen Sie ihn selbstverständlich gerne auf Facebook teilen.
Irgendetwas Sexistisches (soll ja auch authentisch bleiben…)
Gerne auch mit ihren Gedanken und Meinungen dazu. Oder ihrer politischen Gesinnung, was sie heute zu Mittag hatten, Ihrer Schuhgröße, sexuelle Vorlieben, Ihren Zugangscode zum PNP-Abo, Ihre letzte IKEA-Bestellung, ein Foto von Ihrem Neugeborenen (das Sie bis an Ihr Lebensende hassen wird, weil es dank Ihnen bereits im Alter von sechs Monaten inklusive vollgeschissenen Windeln durchs Netz zirkuliert. Also wundern Sie sich nicht, wenn es Sie im Altenheim nie besuchen kommt!), ein lustiges Katzenvideo, einen Artikel zum Thema Klimaschutz, ein Foto von Ihrem Eisbecher, Geburtstagsglückwünsche, irgendetwas Sexistisches (soll ja auch authentisch bleiben – ja Rassismus geht auch, immer), Ihre neueste Diät-Empfehlung und am besten noch Stammbaum samt Kontodaten aller dort Aufgelisteten. Merci!
Daumen hoch: Johannes Gress