Within Temptation, die Band um Front-Walküre Sharon den Adel und ihren Lebensgefährten und Rhythmus-Gitarristen Robert Westerholt, war für mich – abgesehen von „Mother Earth“ vom gleichnamigen 2001er-Album – immer so ein typisches Hab-ich-schon-mal-gehört-jaja-naja-Ding. Symphonischer Metal mit Gothic-Einschlag und weiblichem Gesang – eigentlich müsste das für mich ja Zucker mit Sahne und Streusel obendrauf sein, wenn man weiß, dass ich für The Gathering mit der zauberhaften Anneke van Giersbergen um die Welt gelaufen wäre. Aber nix! Das, was das Sextett von Within Temptation da seit 1996 auf bislang sechs Alben abgeliefert hat, hat mich einfach nie so recht abgeholt – geschweige denn berührt.
Jetzt also „Resist“, Album Nummer sieben. Ich gehe ganz neutral und ohne Vorbehalte oder Erwartungen ans Werk. Und was soll ich sagen – ich könnte „Resist“ zwar vielleicht widerstehen, müsste mir damit aber ein durchaus tolles Album entgehen lassen. Und warum sollte ich das tun? Erst bei Song Nummer sieben, „Firelight“ , muss ich mir kurz mal ans Hirn packen, weil er mir ein wenig zu beliebig scheint. Vielleicht aber ein typischer „Grower“ , also ein Song, der mit zunehmendem Hören zum Vergnügen heranwächst? Mal gucken!
Die Songs auf „Resist“ drehen sich um Widerstand
Was auf jeden Fall nicht beliebig ist, sondern ziemlich fein, ist der Rest der zehn neuen Songs, die sich in einer guten Dreiviertelstunde durchaus recht fett produziert aus den Boxen drücken. Etwa der Opener „The Reckoning“ , bei dem nicht nur eine Fanfare sagt „Jetzt geht’s los“, sondern auch Papa-Roach-Front-Tattoo-Träger Jacoby Shaddix als Gast mit ins Mikro, nun ja, „emo-screamt“ und auch sonst gewohntermaßen ordentlich leidet. Ein prima Auftakt, bei dem lediglich ein kleines Problem des ganzen Albums deutlich wird: Während nämlich an und für sich alles recht transparent zugeht, fühlt man sich bei den Bassdrums immer ein wenig an Kartoffeleimer erinnert. Hätte auch etwas schöner klingen können, ist aber letztlich nicht ganz so schlimm, weil es den Hörgenuss nur unwesentlich schmälert.
In „Endless War“ klingt Sängern den Adel fast wie eine Mischung aus den t.a.t.u.-Gören und Evanescence‘ Amy Lee, was ihr aber richtig gut zu Gesicht steht. Die Melodien haben dann in der Folge Hochkonjunktur. „Raise Your Banner“ ist – wie übrigens der Rest von „Resist“ auch – düster, hart und (im positiven Sinne) abgehoben. Denn wenn im Intro ein Chor im Hintergrund singt, sieht man – analog zu den aktuellen Promofotos – die Band durch den unendlichen Weltraum flitzen, Klampfe, Bass, Schlagzeug und Keyboard in der posenden Hand. Großartig!
Die Songs auf „Resist“ drehen sich um Widerstand, vor allem dem im digitalen Kontext. So lautet etwa eine der Botschaften, die die Band unter die Leute bringen will: „Wehre dich gegen Organisationen, die sich am anderen Ende deines Computers verstecken. (…) Wache auf und verteidige deine Freiheit!“
Symphonischer Metal mit Gothic-Einschlag und weiblichem Gesang
Nun, wenn der Soundtrack zur Verteidigung dieses hohen, wenn nicht höchsten Guts so klingt wie in „Mad World“, „In Vain“ oder „Holy Ground“, dann macht der Freiheitskampf gleich doppelt so viel Spaß. Und wer hätte gedacht, dass symphonischer Metal mit (heute nicht mehr so präsentem) Gothic-Einschlag und weiblichem Gesang so dermaßen Punkrock sein kann Jedenfalls: Daumen hoch für Within Temptation!
Wolfgang Weitzdörfer
- VÖ: 1. Februar 2019
- Label: Vertigo/Universal Music
- Songs: 10
- Spielzeit: 48:43 Minuten
- Preis: ca. 18 Euro