Regen. „Wir vergeben heute keinen 10.000 Euro-Preis, dennoch hat der Kulturpreis des Landkreises einen Wert. Er demonstriert, dass die Region hinter den Kulturschaffenden steht“, sagte Landrätin Rita Röhrl bei der Begrüßung zur Kulturpreisverleihung 2018. In der Traktorenhalle des Niederbayerischen Landwirtschaftsmuseums in Regen wurden drei Künstler aus dem Landkreis mit dem Preis ausgezeichnet.

Johannes M. Haslinger erhielt den Nachwuchspreis
Der erste „Kreative“, der von Landrätin Röhrl auf die Bühne gebeten wurde, war Johannes Maria Haslinger. Er wurde mit dem Nachwuchspreis ausgezeichnet. „Die Entwicklung von Kreativität liegt im Zusammenspiel von Begabungen, Wissen, Können, Motivation, Persönlichkeitseigenschaften und unterstützenden Umgebungsbedingungen begründet. Beim Frauenauer Johannes M. Haslinger scheinen diese Faktoren bestens ausgeprägt zu sein, denn er bewegt sich wie selbstverständlich auf mehreren kulturellen Feldern“, stellte Röhrl in ihrer Laudatio fest.

Nach einer eher unbefriedigenden Gärtnerlehre sollte ein Freiwilliges Ökologisches Jahr beim Nationalpark für weitere Erkenntnisse auf seinem Lebensweg sorgen. Im Rahmen seiner Aufgaben lernte er beim Nationalpark eine Fotografin und ihre Arbeit kennen. Sein Entschluss stand danach fest, eine Fotografenausbildung in Regensburg folgte. Danach zog es ihn nach München. Dort lernte er den Fotografen Wilfried Petzi kennen – und wurde von ihm in die Welt der Kunstdokumentation eingeführt. Mittlerweile hatte er sich in der Landeshauptstadt und darüber hinaus als Fotograf und Künstler einen Namen gemacht. Eine Nepal-Ausstellung im Gasteig oder eine im Entstehen begriffene CD über Straßenmusiker mit Feldaufnahmen, Fotos und Texten von Johannes M. Haslinger belegten dies ebenso wie das zusammen mit Bernhard Setzwein und Herbert Pöhnl 2016 verwirklichte grenzüberschreitende Buch- und Ausstellungsprojekt „Einen Moment bitte! Oder zwei?“
Und noch ein anderes wichtiges kulturelles Tätigkeitsfeld gibt es für Johannes M. Haslinger: die Musik. Zum einen gibt er bei der Kabarettformation „Original WaidlaBuamShowBänd“ den Schlagzeuger, zum anderen ist er seit einer eher zufälligen Begegnung während gärtnerischen Arbeiten auf dem Zwieseler Friedhof Gründungsmitglied, Gitarrist und Sänger der Band „Zitronen Püppies„. Seit 2008 begeistert er gemeinsam mit Florian Seemann und Alexander Lange bayernweit die Fans mit „widerspenstiger, punkiger, selbstironischer und mit provokanten Brüchen gemixter“ Musik. Der Grundstock wurde in den wichtigen Clubs im Zwieseler Winkel gelegt, im Jugendcafé Zwiesel (besser bekannt als das „Kaff“) und im „Gistl“ in Frauenau, den heimlichen Kaderschmieden der waidlerischen Jugend- und Subkultur.

Mittlerweile gibt es die „Zitronen Püppies“ auch auf CD, die Gäste der Preisverleihung konnten sich von der Qualität der Musik persönlich überzeugen. Denn Haslinger brachte seine Kollegen samt Instrumenten gleich mit zur Preisverleihung. Mit zwei Liedern begeisterten sie das Publikum. In seiner kurzen Dankesrede betonte er, dass „alle Projekte gemeinschaftlich entstanden sind“. Sowohl musikalisch als auch fotografisch hätten ihn immer Menschen unterstützt. Dafür sei er dankbar.
Kulturpreis für den Saxophonisten Thorsten Skringer
Auch der zweite Kulturpreis ging an einen Musiker. „Pop, Funk, Soul und Groove bestimmen seine Welt. Vielleicht nicht die ersten Genres, an die man denkt, wenn man hört, dass ein Musikant aus dem Bayerischen Wald stammt, aber seit Thorsten Skringer mit seinem Saxophon von Bodenmais aus die Musikwelt erobert, beginnt sich die Sichtweise zu ändern.“ Mit diesen Worten leitete die Landrätin die Laudatio für den Saxophonisten ausm Woid ein.

Seine musikalischen Wurzeln liegen in der Knappschaftskapelle Bodenmais. Vom Opa war die Klarinette da, also war schnell klar, mit welchem Instrument der achtjährige Thorsten nach ersten Blockflöten-Jahren seine Karriere beginnt. Im Alter von 14 Jahren kam das Saxophon dazu – und eine echte Liebe war entfacht. Jetzt ging es Schlag auf Schlag: Nach der 10. Klasse hat er das Gymnasium Zwiesel verlassen, es ging nach München an die Neue Jazz Schule. Röhrl zitiert ein altes Interview von Skringer: „Ich habe mein ganzes Leben geübt und für die Musik konsequent alles stehen und liegen gelassen. Ich war mit 18 in München und musste feststellen, dass ich gar nichts kann. Dann habe ich noch mehr geübt. Noch mehr gespielt.“
So gelang dem aufstrebenden Saxophonisten aus dem Landkreis Regen der Berufseinstieg mit Unterrichten und Bandprojekten relativ leicht. Er wurde Stammmusiker bei „Soulkitchen“, Sub-Player bei den „Weather Girls“, absolvierte eine Tour mit „Al Martino“. Er verfasste Lehrbücher, veröffentlichte die erste Solo CD und tourte durch die Welt, gastierte in ganz Europa, Russland und China. Auf weit über 100 Tonträgern und Soundtracks ist sein spezieller Saxophonklang zu hören. „Und dann“, so Skringer, „habe ich wieder weiter geübt!“
Er spielte eine weitere Solo-CD ein, gewann den renommierten „Yamaha European Sax Contest„, wurde zum „Yamaha Artist“ und leitete in dieser Funktion viele Workshops in ganz Europa. Mit viel Talent und enormem Fleiß gelang ihm 2009 schließlich der Sprung in die Band „Heavytones„. Mit ihr begleitete er Entertainer Stefan Raab bei seinen TV-Total-Shows und absolvierte bis 2015 fast 1.000 Fernsehauftritte auf hohem Niveau. Von dem Niveau konnten sich auch die Gäste bei der Verleihung des Kulturpreises überzeugen. Zusammen mit Thomas Kölbl, dem Beauftragten für Jazz-, Rock- und Popmusik des Landkreises, spielte er zwei Stücke.
In seiner Dankesrede betonte Skringer, dass er stolz auf die Auszeichnung sei und er sich „sehr geehrt“ fühlt. Er freue sich, dass er als Musiker mit der Auszeichnung bedacht wurde und stellte fest, dass es Musiker leichter als andere Künstler haben. „Wir haben mehr Möglichkeiten“, so Skringer, denn als Musiker könne er auf unterschiedlichste Art und Weise auf sich aufmerksam machen.
Ein besonderer Dank ging an seine Mutter, die ihn stets unterstützt hat, aber auch alten Weggefährten und Lehrern dankte er. Die Verbundenheit zur Heimat sei stets wach geblieben – auch wenn sein Hauptwohnsitz mittlerweile in der Landeshauptstadt liegt. So komme er stets gerne heim zur Familie, die mittlerweile in Drachselsried lebt. Heuer will er in Bodenmais seine Zukünftige heiraten. Er würde auch gerne etwas zurückgeben – und bot daher einen kostenlosen Schnupper-Workshop in Drachselsried an.
Kunstmaler Reinhard Schmid sichtbar ergriffen
Der dritte Künstler im Bunde ist der Viechtacher Maler Reinhard Schmid. Er habe sein Schaffen mit Mut, der gleichen Beharrlichkeit, der gleichen emotionalen Kraft und wirtschaftlichen Risikobereitschaft angegangen. „Nach außen wirkt er stets ruhig und in sich ruhend, doch in ihm schlummert so mancher kreative Vulkan, der auf seinen Ausbruch wartet, der ihn mit viel Akribie, Professionalität und Arbeitswut immer neue fantastische Kunstwerke und Projekte umsetzen lässt“, beschreibt Landrätin Rita Röhrl den Viechtacher Künstler.

Von frühster Jugend an zog Reinhard Schmid die surrealistisch-fantastische Kunst in ihren Bann. Nach dem Schulabschluss überwog bei ihm der Drang der eng erscheinenden Heimat den Rücken zu kehren und aufgrund seines großen Interesses für Technik und Maschinen auf einem U-Boot anzuheuern. Einige Jahre tauchte Schmid auf allen Weltmeeren unter, bevor er schließlich wieder im Bayerischen Wald auftauchte, um bei seinem Vater Rudolf Schmid – bestens bekannt durch die Gläserne Scheune in Rauhbühl oder den Gläsernen Wald zu Füßen der Burgruine Weißenstein – in die Lehre zu gehen, um von ihm traditionelle sowie von ihm erfundene Glasmaltechniken zu erlernen. Besonders faszinierend war dabei Bleistiftzeichnungen auf Glas zu realisieren – so fand er das Fundament für seine weitere künstlerische Entwicklung.
Nachdem er 1988 die Arbeiten am etwa zwölf Quadratmeter großen und 30 Glastafeln umfassenden Agnes-Bernauer-Zyklus in der Gläsernen Scheune abgeschlossen hatte, begannt für ihn allmählich der Abnabelungsprozess von der väterlichen Werkstatt. Schmid eröffnete 1990 in Viechtach seine eigene Galerie, leitete von 1993 bis 2013 die „Gewölbe der Geheimnisse“, unterhielt aber auch in Chicago einen Zweitwohnsitz und nahm Aufträge in Kalifornien oder New York an, wo er übrigens bis heute in der Jaro Art Galerie in der Madison Avenue vertreten ist.

1993 lautete schließlich die schwierige Frage: New York oder Viechtach? Schmid entschied sich für Freiheit und Selbstständigkeit, er entschied sich für den Bayerischen Wald, für den Landkreis Regen. „Er lässt uns nicht nur über seine Werke staunen, wie etwa über das fünf mal 14 Meter große Werk Tarot mit seinen insgesamt 66 Glastafeln in Viechtachs Altem Spital, er vertritt uns Waidler mit seinen Arbeiten nicht nur bei bedeutenden Ausstellungen in Florenz, Wien, Nizza oder Brüssel, sondern er sorgt dafür, dass Viechtach seit 2009 als Ausstellungsort der fantastischen Kunst in einem Atemzug mit Paris, Madrid oder Amsterdam genannt wird“, sagte Röhrl und übergab an Schmid den dritten Preis des Abends.
Schmid bedankte sich – sichtbar ergriffen – in seiner kurzen Ansprache besonders bei seinen Eltern und bei drei Menschen, die ihn bei seiner Arbeit besonders unterstützt haben: die Kulturreferentin Monika Häuslmeier, der ehemalige Bürgermeister Georg Bruckner sowie der aktuelle Rathauschef Franz Wittmann. Ansonsten sei er sprachlos – und einfach nur dankbar.
Kunstwerke, Urkunden und Preisgelder
Alle Künstler bekamen eine Erinnerungsgabe: Ellen und Peter Krempl haben die Kunstwerke für die Preisträger 2018 geschaffen. Das Ehepaar betreibt seit 1994 auf dem Joglhof in Trametsried eine professionelle Keramikwerkstatt. Neben einer Urkunde dürfen sich die Preisträger auch über ein Preisgeld von jeweils 1.000 Euro freuen.
da Hog’n