München/Waldkirchen. Es ist einer dieser Lebensläufe, bei dem sich eins nach dem anderen so ergeben hat: Stefan Stelzer hat 1996 in Waldkirchen sein Abitur gemacht und arbeitet heute erfolgreich als freiberuflicher Kameramann in München. Ein oft anstrengender, jedoch auch sehr abwechslungsreicher Job zwischen Promis, unerfahrenen Jungredakteuren und Messi-Haushalten. „Ich komme an Orte, die Du als Normalbürger nicht erleben würdest“, erzählt Stefan, den viele als Gitarristen der Passauer Kult-Band Sgt. Pepper kennen.
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Mit seinen Bandkollegen von Sgt. Pepper steht Stefan Stelzer (2. v.r.) auch heute noch ab und zu auf der Bühne: (v.l.) Martin Reitmeier, Dominik „Dodi“ Renner und Martin Höldl. Foto: Fotografie Kunstlicht Christina Seidl
Vor kurzem saß er neben Horst Seehofer im Privatjet Richtung Slowenien, als persönlicher Kameramann der Staatskanzlei. „Wie im Spielfilm im Blaulicht-Konvoi“ sei man nach der Landung zu einem Termin gerauscht. Solche Aufträge machen den Job als Kameramann zu etwas Besonderem. Stefan Stelzer meint dazu trocken: „Ich kann nix anderes – und ich mag nix anderes machen.“ Aber wie ist er überhaupt dorthin hingekommen, wo er heute ist?
Nach dem Abi war der Kameramann noch in weiter Ferne
Die ersten Schritte in sein zukünftiges Arbeitsleben hat er bereits während der Schulzeit am Johannes-Gutenberg-Gymnasium in Waldkirchen gemacht. Da war zum einen die Schulband, durch die er dem einen oder anderen Mitschüler sicherlich in Erinnerung geblieben ist. Musik und Kreativität zählten schon damals zu seinen größten Leidenschaften.
Und da war der Leistungskurs Kunst: Hier fühlte er sich gut aufgehoben – auch wenn er, wie er sagt, „keine Leuchte war“. Dass ihm das Wissen über die Kunst noch heute im Job etwas bringt, ist ihm selbst erst im Nachhinein bewusst geworden: Bei der Lichtsetzung für bestimmte Filmszenen erinnert er sich immer wieder mal daran, wie Künstler in ihren Bildern das Licht einsetzen. „War gar nicht so umsonst alles“, sagt Stefan und schmunzelt.
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Als persönlicher Kameramann von Horst Seehofer (rechts) durfte Stefan Stelzer den Ministerpräsidenten auch schon auf seinen Reisen begleiten.
Dass er einmal als Kameramann arbeiten würde, stand für den heute 40-Jährigen nach dem Abi keineswegs fest. Denn zunächst ging es für ihn recht melodisch weiter: Mit seinen Gymnasium-Bandkollegen René Pongratz und Elmar Leirich hatte er bald auch außerschulische Auftritte in Waldkirchen. „Absolut prägend war damals auch mein Gitarrenlehrer Elmar Sammer für mich“, erinnert sich Stefan gerne an die Zeit mit dem Mann zurück, der so viele Musiker-Karrieren in der Region nachhaltig beeinflusste.
Und dann kam der Zivildienst in einer Schule für Behinderte in Passau. Hier hatte er Martin Reitmeier kennen gelernt, der zur gleichen Zeit dort als Zivi arbeitete. Martin spielte in der Passauer Band „Sgt. Pepper“. Als ein Mitglied der Band nach Berlin umzog, war es Stefan, den „die Netten mit Koteletten“ sogleich für Gitarre und Background-Gesang verpflichteten. Für ihn begannen von da an vier intensive Jahre mit der Band.
„Wir haben uns nie um einen Auftritt bemüht“, erzählt Stefan. Und trotzdem folgte einer auf den nächsten. Die Truppe habe eben nicht die typischen Sachen gespielt, die alle anderen auch drauf hatten, „sondern auch mal Beatles„. Außerdem hätten sie auf der Bühne immer witzige Sprüche parat gehabt – das habe sie wohl erfolgreich gemacht, vermutet Stefan.
Noch heute haben die Jungs von Sgt. Pepper gelegentlich gemeinsame Auftritte auf Hochzeiten oder Feierlichkeiten. „Wir proben gar nicht mehr – wir fahren einfach hin und spielen“, lacht Stefan. „Wenn der erste Ton kommt, weiß jeder, was er zu tun hat.“
Jahrgangsbester nach intensivem Kurzstudium in München
Auch beruflich war er sich nach dem Zivildienst sicher, dass Musik weiterhin eine Rolle in seinem Leben spielen sollte. Tonmeister wollte er werden und bewarb sich an einer renommierten Düsseldorfer Schule. „Da bin ich aber an der Aufnahmeprüfung gescheitert.“ Plan A war damit schnell ad acta gelegt. Stattdessen verschlug es ihn zum Regionalfernsehsender TeleRegional in Passau. Dort bekam er auf Anhieb einen Praktikumsplatz. Und weil der Sender gerade einen Volontär suchte, ging das Praktikum nach einem Monat nahtlos über in die Ausbildung zum Videojournalisten.
Der Regionalsender machte aus Stefan einen Allrounder: redaktionelle Themensuche, Kamera, Ton, Schnitt – bis hin zum „Beiträge-Abfahren“ im Regieraum. Er lernte dort alle Facetten des Fernsehens kennen – wenn auch „nur“ auf lokaler Ebene. Das Gute daran: „Du darfst auch mal Fehler machen – da schimpft man zwar mit Dir, aber die Welt geht nicht unter.“
Besonders die Abwechslung war es, die Stefan am Volontariat so geschätzt hat: „Du bist jung, Du erlebst viel“, erinnert er sich. Eine stressige Zeit war es trotzdem für ihn – denn er war auch am Wochenende im Einsatz und hatte nebenher zahlreiche Auftritte mit Sgt. Pepper: „Am Samstag bin ich oft um sechs bei TeleRegional raus – und um sieben war ich beim Auftritt.“
Nach dem Volo blieb Stefan Stelzer noch zwei Jahre beim Regionalsender – dann zog es ihn weiter: nach München. An der Bayerischen Akademie für Fernsehen (BAF) hat er ein „intensives Kurzstudium“ begonnen, wie er es heute nennt: „Da hab ich dann die Theorie zu dem gelernt, was ich aus der Praxis schon kannte.“ Im Hauptfach belegte er das Fach „Kamera“, im Nebenfach „Schnitt“. Als Jahrgangsbester schloss er sein Studium damals ab.
Risikoabfederung: „Ich habe nie auf ein einzelnes Pferd gesetzt“
Vielleicht ist es genau diese Tatsache, die ihn so mutig erscheinen lässt: Gleich nach dem Studium machte Stefan sich als Kameramann in München selbständig. Ein gewagter Schritt, der ein entsprechend schwieriges erstes Berufsjahr mit nur wenigen Aufträgen nach sich zog. Beziehungen in die Fernsehbranche konnte er zwar an der BAF knüpfen, aber: „Ich wollte nicht als Kabelträger beim BR anfangen – ich wollte Geld als Kameramann verdienen.“
Nur: Wer engagiert schon einen Neuling, der noch nicht viel Dreherfahrung vorweisen kann? Hilfreich für ihn war zu dieser Zeit ein Kontakt zu einem ehemaligen TeleRegional-Kollegen, der jetzt bei ProSieben arbeitet. Über ihn kam er zu einer Produktionsfirma, die ihn einen Probedreh machen ließ. So schaffte er den Einstieg in die Branche – „und dann hat sich eins nach dem anderen ergeben.“
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Stefan Stelzer mit Schauspieler Max Giermann in einer Drehpause.
Dreh-Aufträge für die unterschiedlichsten Fernsehformate folgten nach und nach. Parallel dazu begann Stefan auch für Unternehmen Imagefilme zu produzieren. „Ich habe nie auf ein einzelnes Pferd gesetzt, sondern immer Fernsehen und Imagefilm gleichzeitig gemacht – alles andere wäre zu risikoreich“, weiß er. Denn in der Fernsehbranche kann es durchaus vorkommen, dass ein Format von heute auf morgen abgesetzt wird und man ohne Aufträge da steht.
Mittlerweile muss er sich keinerlei Sorgen um Aufträge mehr machen. Auch wenn er mal eine Woche lang gar keinen Dreh hat – er weiß, dass er danach wieder drei Wochen durcharbeiten wird. Dies ist gleichzeitig eine der Schattenseiten seines Berufes: Stefan ist häufig am Wochenende im Einsatz, muss öfters mehrere Wochen verreisen – das ist nicht einfach, wenn zu Hause die Partnerin und zwei Kinder auf ihn warten. Und er hat oft sehr lange Drehtage. „Wenn du die Kamera 15 Stunden auf der Schulter hast, spürst Du irgendwann nix mehr“, erzählt er.
„Manche Produktionsfirmen achten nicht darauf, dass es den Leuten auf Dreh gut geht.“ Am schlimmsten sei es, wenn nicht mal Zeit für ein schnelles Mittagessen eingeplant ist. Oder wenn ein Jungredakteur mit ihm auf Dreh geschickt wird, der eigentlich noch keinerlei Ahnung von dem hat, was er da machen soll – der ins kalte Wasser geschmissen wird. Dann übernimmt Stefan manchmal neben der Kamera auch die Regie: Gelernt hat er das ja beim Regionalfernsehen.
Nicht jeden Job annehmen: „Ich kann auch Nein sagen“
Die Vorteile des Berufs machen für Stefan Stelzer jedoch die stressigen Drehtage wieder wett: Er kommt an Orte und trifft Personen, die man bei einem anderen Job nie zu Gesicht bekommen würde. „Es ist extrem abwechslungsreich, die Arbeitszeit vergeht total schnell, mir ist nie langweilig“, sagt er und berichtet von einem Dreh auf einem zugefrorenen See in Schweden, wo er nagelneue Automodelle gefilmt hat, die noch niemand vorher sehen durfte.
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Stefan Stelzer mit TV-Sternchen Verona Pooth.
Oder von Treffen mit Fußball-Stars des FC Bayern, mit Stars und Sternchen aus der Fernsehbranche, von Reisen mit Ministerpräsident Horst Seehofer als dessen persönlichem Kameramann.Nicht jeden Tag erlebt er allerdings Glanz und Gloria. Er war auch schon für Trash-Formate wie den RTL2-Trödeltrupp unterwegs und hat lange Tage in Messi-Wohnungen verbracht. Folgeaufträge dieses Auftraggebers hatte er abgelehnt: „Ich kann auch Nein sagen.“ Wenn beim Supermodel-Finale die Gage nicht stimmt, ist das ebenfalls nichts, was er unbedingt machen muss.
Stefan wusste schon zu Schulzeiten: Er ist kreativ und braucht einen Job, der ihn dieses Talent ausleben lässt. Diesen Job hat er gefunden. „Das, was ich mache, erfüllt mich total.“
Sabine Simon