Tom Morello, Gitarrenhexer bei Rage Against The Machine, Audioslave und zuletzt den großartigen Prophets Of Rage, legt in diesem Herbst sein erstes Solo-Album vor. „The Atlas Underground“ heißt das – und soviel direkt: Es verlangt dem rock-gewöhnten Hörer durchaus einiges ab. Denn so sehr er den modernen Alternative-Rock mit seinen zur Kunstform erhobenen Gitarrenriffs und -spielereien geprägt hat, so neu ist das Territorium, das er mit seinem von den verschiedensten Gästen veredelten Zwölf-Tracker betritt. Daher gilt: Scheuklappen abnehmen, Luftgitarre in den Anschlag – und ab dafür!
Das Gitarrenriff des Openers „Battle Siren“ (feat. Knife Party) deutet dabei zunächst noch in eine ganz bestimmte, funk-geprägte Groove-Rock-Richtung, ehe dann elektronische Beats die Führung übernehmen. Es ist ein gut gewählter Einstieg in das Album, denn es macht es einem leicht.
Während die Gitarrentöne wie Nadelstiche ins Ohr dringen…
Auch das folgende „Rabbit’s Revenge“ (feat. Bassnectar, Big Boi & Killer Mike) geht in diese Richtung, ehe „Every Step That I Take“ (feat. Portugal, The Man & Whethan) dann eher relaxte R’n’B-Atmosphäre samt poppigem Vocoder-Gesang bietet. Allerdings soliert Morello in gewohnt abgedrehter Manier, so dass man die Gitarre gelegentlich gar nicht mehr als solche erkennt. „Die Riffs und Beats haben auf gewisse Weise den stilistischen Weg vorgezeichnet“, sagt Morello über „The Atlas Underground“ und ergänzt: „Aber das unglaubliche Talent aller meiner Gäste konnte meine Kreativität noch einmal zusätzlich beflügeln.“
„We Don’t Need You“ (feat. Vic Mensa) zeigt das auch ganz deutlich. Die Hip-Hop-Lyrics von Vic Mensa fließen über absolut rudimentäre Beats und funky Gitarrenlicks, die allesamt im Hintergrund liegen – fast so als wäre Morello die Message der Songs wichtiger als die Instrumentierung. „Ich habe mich als überzeugter Aktivist immer schon für den Kampf gegen Ungerechtigkeit jeder Art eingesetzt“, sagt Morello – und während im Solo die Gitarrentöne wie Nadelstiche ins Ohr dringen, glaubt man ihm sofort, dass seine Gitarre zusammen mit den Worten der Texter eine Waffe gegen die Unbill dieser Gesellschaft ist.
Marcus Mumford sorgt mit seiner warmen Stimme bei „Find Another Way“ für ein wenig Auflockerung in diesem insgesamt eher garstigen – im Sinne von sperrig! – Album. „How Long“ (feat. Steve Aoki & Tim McIllrath) ist dann ein sehr tanzbarer Song, während „Lucky One“ (feat. K. Flay) durchaus an die Red Hot Chili Peppers erinnert, wobei der Gesang etwas von trashigeren Garbage oder Hole hat. „One Nation“ (feat. Pretty Lights) ist das Highlight auf „The Atlas Underground“: ein fett groovender Elektro-Schweinehund mit wunderschönen Keyboard-Spielereien im Mittelteil. „Vigilante Nocturno“ (feat. Carl Restivo) hingegen ist wieder sehr sperrig, düster und schleppend, während „Where It’s At Ain’t What It Is“ (feat. Gary Clark Jr. & Nico Stadi) wieder die elektronischen Elemente in den Vordergrund rückt. Fat Boy Slim kommt einem da ab und zu in den Sinn – nicht nur der Stimme wegen.
Den Sack zu machen „Roadrunner“ (feat. Leikeli47) mit rotzigen Vocals und dreckigen Beats, sowie „Lead Poisoing“ (feat. GZA, RZA & Herobust), das einmal mehr mit sehr guten Rap-Vocals aufwarten kann.
Morello beweist, dass ihm jegliche Scheuklappen fremd sind
Puh, starker Tobak, den Morello seiner Anhängerschaft da zumutet. Aber man nimmt es ihm ab – denn nicht nur ist er politisch ein Freigeist, ein Aktivist, einer, der Ungerechtigkeiten hasst wie einen Pickel auf der Nase. Sondern auch musikalisch hat der Musiker mehr als nur einmal bewiesen, dass ihm jegliche Engstirnigkeiten und Scheuklappen fremd bis ein Gräuel sind.
Beim nächsten Mal darf die Klampfe aber gerne auch wieder scharf schießen, Mr. Tom!
Wolfgang Weitzdörfer
- VÖ: 12. Oktober 2018
- Label: BMG/Warner Music
- Songs: 12
- Spielzeit: 44:35 Minuten
- Preis: ca. 16 Euro
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Coole Scheibe…. Werde ich mir kaufen danke für den Tipp!!