Etwas weniger als vier Wochen sind’s noch, bis das Bajuwarenvolk wieder an die Urnen gebeten wird. Am 14. Oktober darf es darüber abstimmen, wer den Freitstaat in den nächsten fünf Jahren im Landtag und in den sieben Bezirksgremien vertritt. Schon jetzt ist klar: Anders als in den vergangenen Jahrzehnten wird die CSU in Bayern ihre absolute Mehrheit nicht halten können. Ebenso klar ist, dass sich das Schließen geeigneter Koalitionsbündnisse schwierig gestalten könnte. Da Hog’n hat sich angeschaut: Wer könnte denn da eigentlich mit wem eine Regierung bilden?
Gleich drei potenzielle Neulinge sorgen dafür, dass sich die politischen Kräfteverhältnisse nach den Wahlen grundlegend verändern könnten. Dass die rechtsradikale AfD den Einzug in den Landtag schafft, ist so gut wie sicher. Sie steht laut Bayerntrend-Umfrage derzeit bei rund elf Prozent. Auf der anderen Seite des politischen Spektrums bangt die Linke darum, ab Oktober im Bayerischen Landtag zu sitzen. Sie steht derzeit bei fünf Prozent – für sie könnte also jede Stimme entscheidend sein. Gleichauf mit den Linken ist momentan die wirtschaftsliberale FDP, die sich nach fünf Jahren Abstinenz berechtigte Chancen auf einen Wiedereinzug ausrechnet.
CSU und SPD mit herben Verlusten
Vor allem die CSU und die SPD werden Stimmen an diese drei Parteien abtreten müssen. Noch 2013 konnten die Christdemokraten mit 47,7 Prozent und 101 von 180 Sitzen souverän die absolute Mehrheit im Bayernparlament verteidigen. Jedoch: Aktuell steht die CSU nur noch bei rund 35 Prozent. Eine erneute Alleinregierung der Partei um Ministerpräsident Markus Söder würden derzeit ohnehin nur 18 Prozent der Wähler gutheißen.
Auch die Sozialdemokraten werden sich auf Einbußen einstellen müssen. So wie es derzeit aussieht, wird die SPD rund zehn Prozent ihrer Stimmen von 2013 an andere Parteien verlieren. Nach den 20,6 Prozent bei der jüngsten Landtagswahl bleiben derzeit nur noch elf Prozent übrig. Über ein leichtes Plus von rund zwei Prozentpunkten im Vergleich zu 2013 dürfen sich hingegen die Freien Wähler freuen: Rund elf Prozent würden der Wählergemeinschaft derzeit ihre Stimme geben.
Am allermeisten profitieren von den Verlusten anderer Parteien in diesen Tagen jedoch die Grünen. Halten die derzeitigen Umfragen, was sie versprechen, könnten sie sich am Wahlsonntag über ein sattes Plus von 8,5 Prozentpunkten freuen. Damit wären sie mit 17 Prozent bayernweit zweitstärkste Partei.
CSU und Grüne: Stabil, aber unbeliebt
Schon jetzt steht dabei fest: Eine Regierungsbildung könnte eine durchaus komplizierte Angelegenheit werden. Eine mehrheitsfähige Regierung wird mindestens einen Koalitionspartner benötigen. Unter den Wählern würden derzeit 60 Prozent eine CSU-geführte Koalition befürworten – am liebsten mit den Freien Wählern als Juniorpartner. Ob es am Ende für dieses Bündnis reichen wird, steht in den Sternen. Eine Koalition ohne CSU-Beteiligung jedenfalls wünschen sich die Wenigsten: lediglich rund 15 Prozent.
Doch wie könnte so ein Bündnis nach dem 14. Oktober tatsächlich aussehen?
Die stabilste Mehrheit würde eine Zusammenarbeit von CSU und Grünen ergeben. Das Ganze wäre aber wohl maximal eine Art Zweckbündnis – die ideologischen Gräben zwischen den beiden Parteien sind teilweise tief. Ob unüberwindbar, wird sich zeigen. Dass Grünen-Spitzenkandidat Ludwig Hartmann die CSU für ihren „Sprung nach Rechtsaußen zu den Feinden Europas“ tadelte, macht das Unterfangen nicht einfacher. Und auch die CSU hält sich mit Liebesbekundungen gegenüber den Grünen zurück. Zu groß wäre die Gefahr dadurch Wähler an die AfD zu verlieren.
Denn genau das möchte die CSU tunlichst vermeiden. Über weite Strecken des Wahlkampfes war die Partei krampfhaft bemüht, potenzielle AfD-Wähler von der christsozialen Agenda zu überzeugen. Doch auch wenn unter AfD-Sympathisanten CSU-Ministerpräsident Söder großes Ansehen genießt, gilt diese Konstellation als höchst unwahrscheinlich. Spätestens seitdem CSU-Generalsekretär Markus Blume die Rechtsaußen-Partei als „braunen Schmutz“ labelte, dürfte eine künftige Zusammenarbeit vom Tisch sein. Genau so unwahrscheinlich wäre eine Übereinkunft mit den Linken. Selbst wenn sie die nötige Stimmzahl erreicht – was derzeit alles andere als sicher ist – käme für keinen der beiden Parteien eine Zusammenarbeit in Frage. Ganz links wie ganz rechts gilt für die CSU somit als ausgeschlossen.
CSU und Freie Wähler: Knackpunkt dritte Startbahn?
Mehr als deutlich machen die Freien Wähler dieser Tage, dass sie an einer Regierungsbeteiligung interessiert sind. Stünde ein Bündnis zwischen CSU und Grünen im Raum, hofft die Partei rund um Hubert Aiwanger, dass bürgerliche Stimmen bevorzugt in sein Lager – und nicht zur AfD abwandern. Doch nach aktuellen Umfragen kämen CSU und Freie Wähler auf gerade einmal 46 Prozent – eine Mehrheit im Parlament ist zum jetzigen Zeitpunkt also nicht unbedingt gesichert. Ob sich die Schwarzen am Ende auf ein Bündnis mit den Freien, die vor allem auf kommunaler Ebene stark vertreten sind, einlassen, ist ebenso ungewiss. In einigen Punkten – allen voran die umstrittene dritte Startbahn am Münchner Flughafen – ist man durchaus geteilter Meinung.
Einige CSUl’er dürften wohl auch auf das Comeback der FPD schielen. Aus zweierlei Gründen: Schafft sie es zurück ins Parlament, wäre sie ein attraktiver Junior-Regierungspartner. Allerdings sind die Liberalen auch direkter CSU-Konkurrent im Kampf um Stimmen. Immerhin: In Sachen dritte Startbahn ist man einer Meinung – beide Parteien befürworten das Projekt. Und auch ansonsten dürfte es inhaltlich nicht zu großen Differenzen kommen, die ein Bündnis verunmöglichen. Einziger Stolperstein könnte die Flüchtlingspolitik sein: Hier fordert die FPD seit langem eine verbale Abrüstung seitens der CSU. Einzig ein mathematisches Problem wird dieser Gemeinschaft im Weg stehen: Aus 35 und fünf Prozent wird sich keine Mehrheit schustern lassen. Mindestens eine der beiden Parteien müsste also noch deutlich zulegen – im besten Fall beide.
Der Kampf um die bürgerliche Mitte
Was auf Bundesebene schon mehr schlecht als recht funktioniert, ist in Bayern völlig indiskutabel: Eine schwarz-rote Regierung aus CSU und SPD. Rechnerisch könnte es für eine regierungsfähige Mehrheit reichen – mehr aber auch nicht. Seitens der Sozialdemokraten machte man bereits mehrmals deutlich, dass man über eine Zusammenarbeit nicht einmal nachdenken wolle. Allzu traurig wird man in den Reihen der Schwarzen darüber wohl auch nicht sein…
Entschieden werden wird das Rennen um die bürgerliche Mitte zwischen CSU, Freie Wähler und FDP. Um deren Gunst buhlen derzeit alle drei Parteien. Interessant ist dies vor allem deshalb, weil es genau diese drei Parteien sind, die für eine mögliche Regierungsbildung am ehesten in Frage kommen. Und rein hypothetisch betrachtet wäre auch eine Dreierkoalition aus Schwarz-Gelb-Orange möglich – rein hypothetisch. Bis zur Wahl am 14. Oktober kann noch viel passieren…
Johannes Gress
Habe ich das jetzt überlesen oder wurde da die einzige Partei, welche ausschließlich (!) bayerische Interessen vertritt vergessen? Die BAYERNPARTEI!
Mit der BAYERNPARTEI bestünde die Chance eine konservative Koalition in Bayern zu bilden, statt einem Schwarz/Rot/Grünen – Bündnis. CSU/SPD/Grüne würden vermutlich Berliner Verhältnisse bringen: möglicher Weise „sexy“, sicher aber pleite!