Köppenreut. Das etwas ältere, jedoch sehr gepflegte Bauernhaus inmitten des kleinen Dörfchens Köppenreut bei Freyung stellt mit seinem ausladenden Garten samt Obstbäumen, der Holzlagerstätte und dem Gartenhäuschen ein typisches Bayerwald-Motiv dar. Diese Postkarten-Idylle lässt zunächst keine Rückschlüsse darauf zu, dass in dem Gebäude ein weitum bekannter, volkstümlicher Musiker mit treuer Anhängerschaft wohnt. „Einige meiner Fans sind schon vor dem Fenster gestanden und wollten Fotos von mir machen.“ Grund für den immer wiederkehrendem „Starrummel“ ist Fritz Graf, besser bekannt unter dem Künstlernamen „da Fritzn Fritz“.
Die Musik gehört von Kindesbeinen an zum Leben des heute 60-Jährigen. Erste Akkordeonschritte bei seinem Cousin, zahlreiche Learning-by-doing-Stunden zuhause, gefolgt von Auftritten in Kapellen und Bands – diese Auflistung zeichnet eine Kindheit nach, wie sie viele musikaffine Buben und Mädchen im Bayerischen Wald erleben durften. Nicht zu vergessen: Der pubertäre Widerstand gegen das bisher Erlernte und Geschätzte. Auch Fritz Graf hat jene „Trotzphase“ durchlebt – wenn auch in etwas abgeschwächter Form: „Zwischen meinen 14. und 18. Lebensjahr sind eher andere Instrumente als das Akkordeon in gewesen. In dieser Zeit hab‘ ich nur heimlich gespielt.“ In den 70ern waren bei der jungen Generation eher progressive Klänge angesagt – weniger die Oberkrainer um Slavko Avsenik, das große Vorbild des Köppenreuters.
Erfolgreiche Jahre mit den „Memories“
Auch er sprang auf den damaligen Musiktrend auf, spielte Keyboard in einer Band, die keinen eigenen Namen hatte und nur ein paar Auftritte auf kleineren Partys verbuchen konnte. „Das war nur eine kurze Phase“, blickt Hobbymusiker Graf zurück. Seine Vorliebe galt seit jeher der Volksmusik, der volkstümlichen Musik und dem legendären Oberkrainer-Sound. Dessen Besetzung mit Akkordeon, Trompete, Bass, Gitarre und Klarinette diente auch dem Fritzn Fritz und einigen Mitstreitern als Vorbild für die Gründung der „Memories“, einer regionalen Coverband, die lange Jahre erfolgreich durch den Bayerwald tingelte – und dennoch nur bei einem bestimmten, sehr begrenzten Klientel geschätzt war.
„Maus, Maus, zuckersüße Maus“ – eines der „Klickmonster“ des Fritzn Fritz:
Größere Bekanntheit erlangte Fritz Graf erst im Internet-Zeitalter mittels der Video-Plattform „YouTube“. 163 Abonnenten seines Kanals sowie 55 Videos mit Aufrufen im vier- bis fünfstelligen Bereich zeugen davon, dass sich der Köppenreuter als „Fritzn Fritz“ durchaus einen Namen im Web 2.0 gemacht hat. Seine Lieder und Videos entstehen daheim im eigenen Studio. Affektiert kommt er dabei nicht rüber – der 60-Jährige ist ein ruhiger Zeitgenosse mit leiser Stimme, der sich auszudrücken weiß. Selbstreflektiert und bescheiden spricht er von seiner Musik, von seinen Fans und seinen Erfolgen.
„Musik ist für mich ein Gefühlsausdruck“
„Musik ist mein Lebensinhalt. Bei mir laufen den ganzen Tag über irgendwelche Lieder im Hintergrund“, beschreibt Graf seine Leidenschaft. Dabei will er nicht irgendeine Musik hören bzw. spielen. Er hat sich vielmehr auf eine gewisse Richtung festgelegt – kein spontaner Entschluss, wie er sagt, sondern ein Prozess, der Jahre dauerte. „Ich bin ein Verfechter der österreichisch-volkstümlichen Richtung“, betont er und erklärt die Unterschiede zum bayerischen Ableger. Die alpenländische Volksmusik sei schwungvoller, er könne sich in diese Lieder besser „hineinversetzen“, wie er sagt. „Und das ist sehr wichtig. Denn Musik ist für mich ein Gefühlsausdruck.“
Musik macht Fritz Graf nicht, um anderen zu gefallen, sondern weil er sich selbst damit vollends identifiziert. Deshalb hat er sich nach seiner Memories-Zeit dazu entschlossen, künftig nur noch als Einzelkünstler aufzutreten. „So kann ich mein eigenes Ding machen.“
Mehrere Stunden verbringt der Rentner täglich in seinem professionell in Eigenregie aufgebauten Musikstudio im Erdgeschoss seines Wohnhauses. Dort spielt er alle Instrumente, die in seinen Liedern vorkommen, nach und nach selbst ein – und fügt sie dann am Rechner zu einem Lied zusammen. Bei seinen Auftritten spielt er meist die Keyboard-Melodie live, der Rest kommt vom Band. „Klar, das ist Playback“, macht da Fritzn Fritz keinen Hehl daraus. „Aber nicht im herkömmlichen Sinne. Immerhin habe ich alle Stimmen im Vorhinein selber eingespielt.“
Volkstümliche Musik – längst mehr als eine Nische
Vielen gefällt’s – zumindest einem gewissen Klientel. Und dank des Internets erreicht Fritz Graf mit seinen Stücken inzwischen mehr und mehr Anhänger der stetig wachsenden „volkstümlichen Musik“. Das Potenzial dieser Sparte, die von einigen Musik-Experten immer noch belächelt wird, überrascht zunächst. Zahlreiche TV-Shows, viele Stunden im Radio sowie eine fanatische Begeisterung für Interpreten wie Andreas Gabalier, die Kastelruther Spatzen oder Florian Silbereisen sprechen jedoch eine deutliche Sprache. Fernab des Mainstreams hat sich so eine breite Fanbasis herausgebildet, die genau diejenige Musik hören will, die Fritz Graf spielt.
„Schön ist es in Köppenreut“ – Fritzn-Fritz-Cover eines bekannten Oberkrainer-Songs:
Playback, schnulzige Lieder und die für ihn charakteristischen Fotoshop-veränderten Bilder und Videos – dass da Fritzn Fritz mit seinen Werken für kontroverse Meinungen sorgt, sei ihm durchaus bewusst – und von ihm durchaus auch so gewollt. Immerhin gehe es darum, sich ein Alleinstellungsmerkmal zu schaffen. Noch zu Beginn seiner Solokarriere wusste der 60-Jährige nicht, wie er mit Kritik in diesem Zusammenhang umgehen soll. Ein abfälliger Lacher hier, ein komischer Blick dort, vielleicht sogar eine Beschimpfung – früher nahm sich der Köppenreuter solche Dinge zu Herzen. Vergangenheit. „Inzwischen lasse ich derartige Kritiken einfach links liegen“, erzählt Fritz Graf mit einem Selbstbewusstsein, das er sich über die Jahre hinweg erarbeiten musste. Ein Selbstverständnis, das auch mit dem großen Zuspruch seitens seiner Anhängerschaft gewachsen ist – regelmäßige Fanpost sowie ein alljährliches Fantreffen in der Schweiz, dem Hotspot der Fritzn-Fritz-Bewunderer, sind für den Köppenreuter zur Normalität geworden.
„Wer meine Lieder nicht will, braucht sie nicht anhören“
Fest steht: Für viele kommt das, was Fritz Graf macht, etwas „schräg“ rüber. Doch hier gilt: Leben und leben lassen – ein Sprichwort, das in gewisser Weise auch auf den 60-Jährigen zutrifft. Den einen gefällt seine Musik, den anderen eben nicht. Fest steht auch: Da Fritzn Fritz kann als Vorbild für alle betrachtet werden. Denn er tut das, was er macht, aus voller Überzeugung – und lässt sich von Außenstehenden, die die Hintergründe seiner Leidenschaft nicht kennen, nicht aus der Bahn werfen. „Wer meine Lieder nicht will, braucht sie ja nicht anhören“, bringt er’s auf den Punkt.
Helmut Weigerstorfer