Waldkirchen. Marco Baier steht neben einer seiner Minigolfbahnen und beobachtet, wie ein Bagger heranrollt. Dort, wo dieser seine Schaufel senkt und einen Busch aus der Erde reißt, stand bis vor zwei Tagen eine weitere Minigolfbahn. Baier hat sie quasi im letzten Moment entfernt – als es wirklich keine Alternative mehr gab. Zwölf Mann haben geholfen, die schwere Bahn ans andere Ende der Anlage zu tragen und Platz zu machen für den Bagger.
Ein großer Teil des Waldkirchner Minigolfplatzes steht auf Grund und Boden, der der Kirche gehört. Und die hat dieses Gelände der Caritas überlassen. Sie baut hier am Karoli ein Senioren- und ein Behindertenwohnheim. Die Minigolfanlage steht dem im Wege.
„Caritas-Bagger rollt ins Familienparadies“ – so sollte die Schlagzeile wohl heißen, wenn es nach dem Betreiber des Minigolfsplatzes ginge. Noch am Freitag hatte Marco Baier einen „Brandbrief“ an den Bischof geschickt, mit der Bitte einzuschreiten und ihm noch einmal Aufschub zu gewähren. Wer seine Posts bei Facebook liest, gewinnt den Eindruck, dass die Caritas und auch die Stadt Waldkirchen ihn zu wenig unterstützt haben. Und das, obwohl der Minigolf laut Baier tausenden Kindern pro Jahr ein Lachen ins Gesicht zaubert, obwohl auch Behinderte gerne hier spielen und obwohl hier Jung und Alt zusammentreffen.
Die Kündigung gilt seit 31. Dezember 2017
Fakt ist: Baier weiß seit eineinhalb Jahren, dass die Kirche ihm die Pacht des Grundstücks kündigen wird. Seit 31. Dezember 2017 gilt die Kündigung. Seitdem duldet die Caritas den Weiterbetrieb der Minigolfanlage trotzdem. Bis jetzt. Denn nun rückt die Baustelle auf das Gelände vor. Baier betont, dass die beiden kommenden Wochen, die letzten Ferientage, seine beste Zeit im Jahr seien. „Wir machen 20 bis 30 Prozent unserer Jahreseinnahmen in diesen Tagen“, versichert er und kann nicht verstehen, warum er gerade jetzt einen Teil der Anlage räumen muss.
Caritas-Vorstand Michael Endres entgegnet, dass ein Aufschub der Bagger-Arbeiten auf dem Gelände nicht möglich gewesen wäre, weil es dann zu Bauverzögerungen und erheblichen Mehrkosten gekommen wäre. „Eine so große Baustelle ist ein riesiges Uhrwerk, der Ablauf wurde vor Monaten geplant“, sagt er. Marco Baiers Bitte um einen weiteren Aufschub für seinen Minigolf bis zum Ferienende sei schlicht und einfach viel zu spät gekommen.
Endres widerspricht auch der Darstellung, die Caritas hätte den Weiterbestand der Minigolfanlage nicht unterstützt: Man habe dem Betreiber sehr frühzeitig mitgeteilt, dass er umziehen muss. Außerdem habe man sich bei der Stadt Waldkirchen dafür eingesetzt, Alternativ-Grundstücke zu finden.
Alternativen im Stadtpark oder am Kurparksee
Waldkirchens Bürgermeister Heinz Pollak habe ihm tatsächlich einige neue Standortmöglichkeiten vorgeschlagen, sagt Marco Baier: Im Stadtpark, am Kurparksee in Erlauzwiesel, in Frischeck. Keiner davon sei für ihn aber in Frage gekommen, denn alle hätten baulich verändert werden müssen, um dort Minigolfbahnen aufzustellen. „Das kann ich mir schlicht und einfach nicht leisten“, gibt Baier zu. Der Minigolf ist seine Haupteinnahmequelle, tageweise arbeitet er „nebenbei“ als Krankenpfleger in Regensburg. Er habe weniger als 2.000 Euro im Monat zum Leben – zusammen mit seiner Frau und seinen beiden Kindern. Die finanziell einzig mögliche Umzugsvariante sei für ihn das an den jetzigen Platz angrenzende Grundstück – das gehöre nämlich seinem Vater und sei weitestgehend erschlossen. Problem hierbei ist laut Marco Baier aber, dass die Stadt einen Umzug auf dieses Grundstück in seinen Augen nicht unterstütze. „Mir wurden nur Steine in den Weg gelegt“, sagt er.
Vor gut einem Jahr hat er eine Bauanfrage bei der Stadt Waldkirchen eingereicht. Der Bauausschuss lehnte sie einstimmig ab. Marco Baier startete daraufhin einen Hilferuf bei Facebook. Mit erstaunlicher Resonanz: Mehr als 30.000 Unterstützer fanden sich innerhalb weniger Tage. Kurz darauf beschäftigte sich der Bauausschuss erneut mit der Angelegenheit. Baier hatte seine Bauanfrage in einigen kritisierten Punkten abgeändert. Nun wurde sie mit knapper Mehrheit befürwortet.
Baier versus Stadtverwaltung: Wer hat Recht?
Seither ist allerdings wenig passiert. Eine Baugenehmigung gibt es nicht. Marco Baier habe bis heute keine Änderung des Flächennutzungsplanes bei der Stadt beantragt, sagt Bürgermeister Heinz Pollak. Das sei aber zusammen mit detaillierten Bauplänen nötig, denn das Grundstück sei nicht als Freizeit- und Erholungsfläche ausgewiesen. „Das weiß er seit eineinhalb Jahren“, sagt Pollak. Baier entgegnet, die Stadt habe seine Baupläne nicht angenommen, als er sie persönlich dort einreichen wollte. Was hier schief gelaufen ist, ist schwer nachzuvollziehen.
Das größte Problem scheint neben fehlenden Anträgen aber ein anderes zu sein: Die Caritas hatte zwar der Stadt schriftlich versichert, sie habe nichts gegen den Umzug des Minigolfplatzes auf das angrenzende Grundstück einzuwenden. Allerdings nur dann, wenn die Anlage um 18 Uhr schließe. „Wir befürworten da eine klare Linie, bevor es im Alltag dann Probleme gibt und man ständig diskutiert, was laut und was leise ist“, sagt Vorstand Michael Endres. Man baue schließlich kein Verwaltungsgebäude, sondern ein Wohnheim für schwer pflegebedürftige alte Menschen.
„Wenn ich um 18 Uhr zusperren muss, ist das mein Ruin“, entgegnet Baier. Abends seien oft bis zu 50 Leute da. Er betont aber, dass die Ruhe der Senioren nebenan dadurch nicht gestört werde. Die Caritas will das Risiko nicht eingehen, den Abendbetrieb zu tolerieren. In diesem Punkt scheint eine Einigung weit entfernt.
Den ganzen Sommer über sammelt Marco Baier bereits Unterschriften. 3.000 Menschen haben sich für den Erhalt des Minigolfplatzes ausgesprochen. Auch Bürgermeister Heinz Pollak betont, dass die Anlage sinnvoll sei. Marco Baier müsse nun aber endlich die nötigen Anträge einreichen und der Stadt schriftlich und detailliert mitteilen, was er bauen möchte.
Ob und wie es weitergeht, weiß niemand
Der Betrieb auf dem alten Minigolfplatz in Waldkirchen geht auch jetzt weiter, der Platz ist trotz Bagger nicht tot. Die Bahnen stehen nun enger zusammen, ein Bauzaun trennt die Anlage von der Baustelle, wenige Meter neben den Minigolfern schaufelt der Bagger Erde. Familie Baier hofft, dass trotzdem bis zum Ende der Saison viele kommen werden und sie keine allzu großen Einbußen bei den Besucherzahlen verkraften müssen. Ob es im nächsten Jahr weitergeht, weiß bis jetzt niemand.
Sabine Simon