Passau. Aronia-Smoothie, Muttersaft, Apfelbeeren-Snacks. Den trendbewussten Foodbloggern ist die Aroniabeere längst ein Begriff. Anfänglich oft als „Modebeere“ verschrien, erkennen mittlerweile immer mehr Ärzte, Forscher und Hersteller von Lebensmitteln die wahre Kraft der kleinen Frucht. Im Gegensatz zu anderen sogenannten Superfoods (wie beispielsweise der Goji-Beere oder den Chia-Samen) wird die Aroniabeere auch in Deutschland angebaut. Was viele nicht wissen: Die Pflanze ist recht robust und pflegeleicht – somit können jegliche Aronia-Produkte ohne größere Probleme regional produziert werden.
Diesen Vorteil haben Viktor Merklinger (36) und Patrick Buttinger (27) schnell erkannt. Die Schwiegersöhne des Unternehmers Hans Dorn vereinen mit ihrem Projekt Aronia vom Langlebenhof den regionalen Anbau der Pflanze mit der Weiterverarbeitung vor Ort. Gleichzeitig sichern sie so den Fortbestand des Grundgedankens, den ihr Schwiegervater einst ins Leben rief. Die von ihm gegründete Daniel-Dorn Stiftung kaufte das ehemalige Klostergut Langlebenhof im Jahr 2009.
Krebstherapie und Heilverfahren: Die Aroniabeere hat’s in sich
Die im Passauer Stadtteil Hacklberg gelegene Anbaustätte startete vor fünf Jahren als Einrichtung für Menschen mit Beeinträchtigung. Das große Grundstück verfügt über eine Scheune, einen Reitplatz und ein Fachwerkhaus, in dem sich der Hofladen befindet. Gleich dahinter wurden in den vergangenen Jahren mehrere moderne Wohnhäuser errichtet. Direkt nebenan befinden sich einige Gemüsebeete, die von den Bewohnern – sowohl körperlich als auch geistig beeinträchtigten Menschen – genutzt werden. Auch die großflächigen Weiden und Wiesen, auf denen Schafe und Pferde grasen, gehören zum Anwesen dazu.
2011 wurden die ersten Aroniabeeren gepflanzt. Etwa drei Kilometer von Passau entfernt befindet sich ein weiteres Grundstück: Der sog. Viellebenhof, wie er in Anlehnung an das Projekt getauft wurde, liegt in unmittelbarer Nähe zu den Aronia-Feldern. Nach der ersten Ernte startete damals sogleich die Produktion. Anfangs wurde dabei das Hauptaugenmerk auf den Aronia-Saft gelegt. Seit der Vertrieb 2014 angelaufen ist, steigt das Interesse an der kleinen Frucht stetig. Denn diese hat es in sich: „Die Aroniabeere wird beispielsweise im Rahmen der Krebstherapie und bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingesetzt“, weiß Geschäftsführer Viktor Merklinger zu berichten.
Der regelmäßige Verzehr stärke nachweislich die Gefäße und das Immunsystem. Damit die wertvollen Inhaltsstoffe der Vitamin-C-haltigen Pflanze nicht durch lange Lagerungen und Transportwege sowie dem damit verbundenen Einsatz von Konservierungsmitteln verloren gehen, setzen der 36-Jährige und sein Kollege auf eine schnelle Weiterverarbeitung vor Ort. Durch die Lage der Aronia-Plantagen kann die Ernte auf direktem Wege auf den Langlebenhof gebracht werden. Merklinger betont: „Wir machen wirklich alles am Hof – von der Ernte über die Produktion bis zum Verkauf.“
Alle gemeinsam: die soziale und solidarische Landwirtschaft
Patrick Buttinger ist der Ehemann von Hans Dorns zweiter Tochter. Der gebürtige Passauer kam 2012 auf den Langlebenhof. Das Projekt begeisterte ihn vom ersten Moment an: „Nachdem mein Schwiegervater 2015 begann, feste Ansprechpartner für die jeweiligen Aufgaben aufzustellen, übernahm ich die Verkaufsleitung. Überzeugt hat mich vor allem die Vielseitigkeit des Konzepts“, erzählt der heute 27-jährige. Denn bei Aronia vom Langlebenhof handelt es sich um ein Vorhaben mit mehreren Säulen: „Auf dem Hof befindet sich ein Wohnheim für Menschen mit Beeinträchtigung. Wir binden geistig und körperlich beeinträchtigte Menschen in den Produktionsprozess mit ein. Außerdem gibt es die Landwirtschaft. Wir haben genug Platz, um Beete und Gemüse-Anbauflächen zu bewirtschaften.“ Auch die Reittherapie für Menschen mit Beeinträchtigung ist Teil der nachhaltigen Grundausrichtung.
Sozial und solidarisch ist ebenso der Gedanke hinter der „Sozialen Landwirtschaft“, kurz: SoLawi. Der Passauer Landwirt Florian Fischer ist sowohl für die Pflege und Ernte der Aroniabeeren als auch für die SoLawi zuständig. Ihm geht es dabei in erster Linie um die Teilnehmer: „Ursprünglich meint der Begriff Soziale Landwirtschaft ja, sozial gegenüber dem Landwirt zu sein. Bei uns geht es aber auch darum, die Bürger miteinzubinden.“ Deshalb passe für ihn der Ausdruck Solidarische Landwirtschaft ebenso gut.
„Die Fläche, die von den Bürgern zur Bepflanzung genutzt werden kann, gehört den Besitzern des Langlebenhofs. Dort ist ausreichend Platz für das Konzept der solidarischen Landwirtschaft.“ Und das sieht so aus: Jeder, der möchte, zahlt einen regelmäßigen Grundbeitrag und erklärt sich dazu bereit, monatlich etwa zwei bis vier Stunden bei der Pflege und Ernte von Gemüse, Kräutern und Co. mitzuhelfen. Je nach Saison und Ertrag wird etwa einmal wöchentlich geerntet. Die Lebensmittel werden dann auf die Anzahl der Teilnehmer aufgeteilt und den Helfern zur Verfügung gestellt. „Angenommen, wir haben 30 Teilnehmer und ebenso viele Salatköpfe in einer Woche geerntet, so erhält jede Partie einen Salatkopf.“ Fischer spricht dabei ganz bewusst von „Partien“, schließlich befinden sich unter den Teilnehmern häufig auch Gruppen, etwa studentische Wohngemeinschaften oder Paare, die sich den monatlichen Beitrag und die Arbeitszeit teilen.
Mit der Freude kommt die Produktivität ganz von alleine
Auch im Bereich der solidarischen Landwirtschaft werden Menschen mit Beeinträchtigung eingebunden. „Es geht darum, jedem die Art von Beschäftigung zu ermöglichen, die ihm Spaß macht und die er oder sie am besten kann“, erklärt Viktor Merklinger den Grundgedanken hinter der Arbeit mit den geistig wie körperlich gehandicapten Männern und Frauen. Dabei komme der Freude an der Arbeit die größere Bedeutung zu. Und auch Viktors Schwager Patrick ist sich sicher: „Wenn jeder die Aufgaben erledigt, die ihn oder sie am meisten begeistern, kommt die Produktivität ganz von alleine.“
Spaß bei der Arbeit als Erfolgsgarant– eine Idee, die buchstäblich Früchte trägt. Diese sind übrigens robuster als man meinen mag: Die Aroniabeere gilt nicht umsonst als Powerfood – die Pflanzen sind recht pflegeleicht und ertragreich. Die Widerstandsfähigkeit und Stärke des Gewächses überraschten anfangs auch Landwirt Florian Fischer: „Man kennt momentan keine Pilzkrankheiten oder Schädlinge, die die Aroniabeere befallen könnten.“ Das mache es einfacher, die Biostandards einzuhalten, da der Aspekt der chemischen Schädlingsbekämpfung wegfalle.
„Gleichzeitig bedeutet das aber auch, dass wir die Pflanzen immer schön sauber halten müssen. Um auf Glyphosat und Pestizide verzichten zu können, reinigen wir sie mechanisch“, erklärt der Passauer. Das heißt: Die Entfernung von Schädlingen, Unkraut und Ungeziefer erfolgt mittels einer speziellen Maschine. Durch das an einem Traktor befestigte Gerät wird außerdem der Boden gelockert.
Die mechanische Reinigung der Aronia-Pflanzen nimmt viel Zeit in Anspruch. Trotzdem wird ganz bewusst auf den Einsatz von Pestiziden verzichtet. „Natürlich habe ich als Landwirt so mehr Arbeit“, weiß Fischer. „Unser Vorteil jedoch ist, dass wir verschiedene Standorte haben: einen in Unteröd und einen in Neukirchen. Damit kann die Ernte zeitversetzt stattfinden, da die Früchte der Plantage in Unteröd früher reifen.“ Dies sei vor allen Dingen der Donau-Nähe zu verdanken. Denn auch, wenn nur zehn Kilometer zwischen den beiden Plantagen liegen, sei das Klima in Neukirchen minimal kühler. Dadurch dauere es etwas länger, bis die Aroniabeeren dort reif sind.
„Wir möchten mit geringen Mitteln das volle Leben genießen“
Die zeitversetzte Ernte erleichtert auch die Weiterverarbeitung der Beeren. „Dadurch können wir etappenweise arbeiten“, sagt Verkaufsleiter Buttinger. Der 27-Jährige wohnt mit seiner Familie auf dem Langlebenhof in einer ausgebauten Scheune, wo auch ein Teil der Produktion stattfindet. „Die tiefgefrorenen Beeren werden in gekühlten Räumen gelagert und anschließend gepresst.“ Auch die Weiterverarbeitung, beispielsweise das Abfüllen oder das Etikettieren der Produkte, geschieht vor Ort.
Geschäftsführer Merklinger weiß, wieso auch der Prozess des Verpackens nicht ausgelagert wird: „So umgehen wir unnötige Transportwege – und die Produkte können unmittelbar und somit schneller fertiggestellt werden. Unsere Mitarbeiter arbeiten direkt am Hof. Wir etikettieren, verpacken und liefern selbst aus, für jeden Arbeitsschritt gibt es einen Ansprechpartner. Viele der Menschen mit Beeinträchtigung, die wir in den Arbeitsalltag miteinbinden, helfen bei den letzten Arbeitsschritten mit. Sie bekleben etwa die Flaschen mit Etiketten.“
Das Familienunternehmen Aronia vom Langlebenhof wächst und wächst: Gründer Hans Dorn stellte die Weichen für ein Projekt, das in vielerlei Hinsicht einzigartig ist: Durch die Verbindung zwischen Herstellung und Vertrieb des Aronia-Safts unter Einhaltung der Bio-Standards und der Einbeziehung von Menschen mit Beeinträchtigung kann auf industrielle Arbeitsschritte verzichtet werden. Viele profitieren auch indirekt vom Langlebenhof: Mittels der Bereitstellung von Flächen für die Solidarische Landwirtschaft wird der Anbau von Gemüse auch denjenigen ermöglicht, die selbst keinen Garten haben.
Für Viktor Merklinger beinhaltet die Grundidee des Langlebenhofs gleichzeitig auch sein Lebensmotto: „Wir möchten mit geringen Mitteln das volle Leben genießen. Wir sind ein großes Ganzes.“ Es gehe ihm darum, jeden Menschen so zu akzeptieren, wie er ist, denn niemand sei perfekt. „Obwohl – wer weiß, ob die Aroniabeere nicht doch perfekt machen kann“, witzelt Patrick Buttinger und grinst.
Malin Schmidt-Ott
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir möchten gerne mal Ihren Hofladen anschauen .
wo finden wir Sie in Passau ?
Wir werden mit der Bahn anreisen.
Wir haben großes Interesse an den Aroniabeeren.
Mit freundlichen Grüßen
Neukam Helga
Unter folgendem Link sind die Kontaktdaten von Aronia einzusehen: https://www.aronia-vom-langlebenhof.de/pages/impressum