Freyung. Die Situationen sind vielen bekannt: Am Stammtisch, bei Familienfeiern, im Verein oder in der Mittagspause kommt das Thema Flüchtlinge zur Sprache. Bei der häufig sehr schnell emotionalen Diskussion werden (fast schon unvermeidlich) irgendwann Plattidüden und verallgemeinernde Aussagen ins Spiel gebracht. Eine sachliche Argumentation dann fällt oft schwer, die Fronten verhärten sich.
Tipps und Anregungen für diese Art von Herausforderung konnten sich Interessierte nun beim Kreisjugendring Freyung-Grafenau holen. Der Einladung zu dem 3-stündigen Workshop in Zusammenarbeit mit der mobilen Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus waren 14 Personen gefolgt, die bereits häufiger mit solchen Situationen zu tun hatten.
Verletzend, polemisch, verallgemeinernd oder ausgrenzend
Als erstes wurden auf Zuruf typische Aussagen von Flüchtlingsgegnern gesammelt. Es dauerte nicht lange, schon war das Plakat gefüllt. In Kleingruppen ging es im Anschluss an die Analyse: Wie sind die Sätze aufgebaut – und wieso fällt das Argumentieren dagegen so schwer?
Die Antworten darauf waren sehr umfassend. So bezeichneten die Workshop-Teilnehmer die Argumente als meist negativ, abwertend, verletzend, polemisch, verallgemeinernd oder ausgrenzend. Als Hemmnisse für eine zielgerichtete und sachliche Diskussion wurden v.a. ein Schwarz-Weiß-Denken, der Sprung zwischen unterschiedlichen Themen („Whataboutism„) oder die Angst vor Ausgrenzung genannt.
Sechs Workshop-Teilnehmende durften anschließend in einem Rollenspiel eine typische „Stammtisch-Situation“ zum Thema Flüchtlinge nachstellen. Der Einstieg war schnell gefunden und aus der Debatte wurde bald ein hitziges Gefecht, bei dem innerhalb weniger Minuten sämtliche Vorurteile gegenüber Flüchtlingen geäußert wurden: „Da kommen ja nur lauter junge Männer! Die Flüchtlinge kriegen alles geschenkt! Wir sind nicht das Sozialamt der Welt!“ usw. Die Gegenseite tat sich bei der kurzen Simulation schwer, mit Argumenten zu punkten.
Bei der Aufarbeitung erläuterte Referentin Julia Eder einige Möglichkeiten, wie mit jenen typischen Gesprächverläufen umgegangen werden könne. Wenig zielführend sind ihr zufolge zu viele sachliche Argumente, eine direkte Konfrontation oder der Versuch, sein Gegenüber vom Gegenteil zu überzeugen. Stattdessen solle ein sachliches Gespräch angestrebt werden, bei dem man zuhört und versucht, durch offene Fragen den Ängsten und Sorgen des Gesprächspartners auf den Grund zu kommen.
Debatten wieder mit mehr gegenseitigem Respekt führen
Dennoch sollte man gewisse Gesprächsregeln einfordern, bei einem Thema verweilen und mit einer klaren Haltung seine eigene Position verdeutlichen. „Koalitionen“ könnten dabei auch sehr hilfreich sein und dafür sorgen, dass nicht nur Flüchtlingsgegner in der Öffentlichkeit laut wahrgenommen werden. Bei Grenzüberschreitungen durch Beleidigungen, „fake news“ oder klaren rassistischen Äußerungen sei es manchmal auch sinnvoll, ein Gespräch bewusst zu beenden.
Insgesamt lautete der Tenor, dass die Debatte wieder mit mehr gegenseitigem Respekt geführt werden müsse. So gingen die Teilnehmenden des Trainings mit vielen Anregungen für die nächsten Diskussionsrunden nach Hause und fühlten sich durch die vielen Mitstreiterinnen und Mitstreiter gestärkt.
Das Argumentationstraining wird vom Kreisjugendring erneut angeboten: Am Samstag, den 22.09. sind von 14 bis 17 Uhr alle interessierten Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis 26 Jahre eingeladen. Für die Teilnahme an dem kostenlosen Workshop ist eine Anmeldung unter 08551 915423 oder info@kreisjugendring-frg.de nötig.
da Hog’n