So, ja wir wissen es, draußen sticht die Sonne runter als wollte sie sich einige Jahrtausende eher implodieren lassen, das Hirnwasser kocht, jegliches Stück Kleidung ist so etwas wie eine persönliche Beleidigung – und dann kommt im Radio irgend so eine räudige Deutsch-Pop-Bande ums Eck und meint was von „36 Grad und es wird noch heißer“. Dagegen gibt es ein Mittel. Eines, das ad hoc wirkt, das so eine Art Akutbehandlung bei Hitzestau nicht nur verspricht, sondern auch hält. Entwickelt von einer bestimmt ganz genauso räudigen Bande wie erwähnte 2Raumwohnung, bei deren näherer Betrachtung einem aber schon ultimativ eiseskalt ums schwarze Herz wird: Immortal, Black-Metal-Haudegen aus Norwegen.
Demonaz (Gesang, Gitarre) und Horgh (Schlagzeug), nach der (unschönen) Trennung von Abbath nur noch als Duo unterwegs, verstärkt von Hans-Black-Metal-Dampf-in-allen-Gassen Peter Tätgren, der den Session-Bass gezupft hat, den man aber eh nur marginal vernehmen kann, weil Bass ist ja uncool, hups, Verzeihung, „un-trve“ sagt man ja in illustren, nein, auch falsch, elitären(!!) Black-Metal-Kreisen, sind – jetzt fehlt der Satzfaden, aber vielleicht kommt er noch zu einem glücklichen Ende – mit „Northern Chaos Gods“ so wunderbar eiseskalt zurückgekommen, wie man es sich gar nicht hat erhoffen mögen.
Was für ein Refrain, was für ein Mitgrölpotenzial!
Satzbau kompliziert, aber geglückt, Hirnwasser etwas herabgekühlt, nach der Einfuhr von zuerst dem Titelsong, dann „Into Battle Ride“ – hat da wer „Manowar“ gekräht? Ab in die Eiseshölle mit ihm! – und anschließend „Gates To Blashyrkh“, das schon rein vom Titel her die Rückwärtsgewandtheit dieses mit 43 Minuten in einer angenehmen Distanz über die Ziellinie schrappenden Albums beweist.
„Grim And Dark“ ist die titelgewordene Soundbeschreibung – und Immortal sind einfach die coolsten Black Metaller unter der (Eis-)Sonne. Warum? Weil sie nicht so durchgeknallt wie andere, nicht so pseudoernst wie die meisten sind – und auch sonst eher in einer Liga mit Darkthrone schweinerocken als irgendwer sonst. Außer Darkthrone natürlich – und Motörhead! – , aber das dürfte eh klar sein.
Acht Songs sind auf „Northern Chaos Gods“ zu hören, die meisten natürlich mit so richtig fies-schnellen Blastbeats und in-die-Fresse-Gitarren. Zahme Intros wie beim Neunminüter „Mighty Ravendark“ gibt es auch, aber das nennt sich auch Atmosphäre und passt ganz und gar wunderbar. Abgesehen davon ist das natürlich sowieso der todsichere Hit auf dem Album. Was für ein Refrain, was für ein Mitgrölpotenzial!
Spaß vom ersten Noten-Eiswürfel bis zum letzten
Nein, „Northern Chaos Gods“ macht Spaß, vom ersten Noten-Eiswürfel bis zum letzten. Und auch wenn man diese akustische Eisdusche nicht dauerhaft und ständig hören können mag – so ein bisschen Sommer-Rock tut dann doch zwischendurch auch ganz gut –, ist es doch ein Album, das wegen seiner simplen Eingängigkeit und seiner dreckigen Rock’n’Roll-Attitüde den Weg immer wieder in den Player finden dürfte.
Und jetzt: Ab in den Pool, weil – es wird, verdammte Axt, eben doch immer noch heißer…
Wolfgang Weitzdörfer
- VÖ: Juli 2018
- Label: Nuclear Blast Records
- Songs: 14
- Spielzeit: 43:28 Minuten
- Preis: ca. 16 Euro