Passau. Die Kaffeemaschine läuft und gibt von Zeit zu Zeit einen ächzenden Ton von sich. Gerade bereitet ein großgewachsener Mitarbeiter frischen Milchschaum zu und verziert diesen mit einem extravaganten Muster. Dessen freundliche Kollegin reicht währenddessen ein Stück Schokoladenkuchen über die Theke. Der Duft von frischem Kaffee ist allgegenwärtig. Es riecht wie in einer Rösterei. „Ich bin sofort da“, ruft es aus dem Hinterzimmer des liebevoll eingerichteten Cafés in der Passauer Innstadt.

Kaffee in sämtlichen Variationen gibt es in Stephan Bauers „Kaffeewerk“ in der Passauer Innstadt zu verkosten.
Nur wenige Minuten später hat es sich Inhaber Stephan Bauer mit einem Espresso im Sitzbereich des „Kaffeewerks“ bequem gemacht. Der gebürtige Hutthurmer nippt bedächtig an seiner Tasse. „Die Möbel habe ich größtenteils aus meinem Modeladen mitgenommen“, erklärt der heute 40-Jährige. Er hatte bereits vor der Gründung des Lokals Erfahrungen im Einzelhandel gesammelt: Stephan Bauer lebt seit mehr als 20 Jahren in Passau, wo er einst mehrere Streetwear-Stores führte. „Nachdem die Stadtgalerie eröffnet wurde, habe ich mich dazu entschlossen, die Läden im Stadtzentrum zu schließen. Mein eigentlicher Plan war es, einen kleineren Mode-Store hier in der Innstadt – also auf der anderen Seite des Inns – aufzumachen, der auch eine Cafébar beinhaltet.“
„Wir sind kein klassisches Café, bei uns geht es um Kaffee“
Das Konzept kam allerdings nicht ganz so gut an wie erhofft, da die Kombination aus Mode und Kaffee die Gäste eher verwirrte, wie er sich erinnert. Ein anderer Gedanke verfestigte sich schließlich: „Ich wollte den Fokus nicht mehr auf Mode und Kaffee legen, sondern nur noch auf Kaffee. Ich sage immer: Wir sind kein klassisches Café, bei uns geht es um Kaffee.“ Im Jahre 2010 eröffnete Bauer dann das Kaffeewerk, in dessen Mittelpunkt das begehrte Bohnengebräu in all seinen Variationen steht. Das Drumherum spielte dabei keine große Rolle.
Trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen – scheint auch jenes Drumherum in Form einer ansprechenden Einrichtung sowie stilvollen Dekorationen und Sitzgelegenheiten recht gelungen. Vor allem im Sommer erfreut sich der Platz vor dem Café großer Beliebtheit, zahlreiche Gäste genießen dort die frische Luft und die entspannte Atmosphäre.
Auf den zu Tischen umfunktionierten Getränkekisten platzieren sie dabei ihren Eiskaffee oder Kuchen – das Angebot ist reichhaltig. Besonders die Liegestühle scheinen es den überwiegend jüngeren Besuchern angetan zu haben – fast alle sind zumeist belegt. Einen Ort zum Ausspannen direkt vor der Nase zu haben, das wissen auch die beiden Studentinnen Tamara und Lisa zu schätzen: „Ich komme oft und gerne hierher“, sagt die 21-jährige Lisa. „Im Sommer treff‘ ich mich hier häufig mit Freunden, besuche die Konzerte und lasse es mir gut gehen“, ergänzt die 24-jährige Freundin.
„Richtig guter Kaffee muss auch gut hergestellt werden“
Konzerte in bzw. unmittelbar vor einem Café? Ja, das gibt es! Denn das Kaffeewerk legt großen Wert auf Kunst und Kultur. So finden neben Auftritten meist junger Musiker und Bands verschiedener Musikrichtungen auch regelmäßig Kunstausstellungen und Einführungskurse in die Kaffee-Künste eines Barista statt.
Auch Stephan Bauer hat diese Ausbildung vor acht Jahren absolviert. „Richtig guter Kaffee muss auch gut hergestellt werden“, weiß der Kaffeewerk-Inhaber, der auch immer wieder mal Workshops in Sachen Kaffeezubereitung durchführt. Er hatte bereits sehr früh und noch weit vor der Eröffnung des Cafés damit begonnen, sich mit dem Thema Kaffee auf professionelle Weise auseinander zu setzen. Knowhow, von dem auch seine Angestellten immer wieder profitieren, wobei die Ausbildung zum Barista keine Voraussetzung sei, um im Kaffeewerk arbeiten zu dürfen, wie er betont.
Denn für den Café-Inhaber macht vor allem der Charakter das entscheidende Einstellungskriterium aus: „Ich stelle gerne offene Leute ein, die nicht zu schüchtern sind und Spaß an der Arbeit haben. Vorerfahrungen sind kein Muss, schließlich können sie gewisse Grundlagen, wie etwa die Bedienung der Kaffeemaschine, erlernen.“
„Viele Ketten, die für zu viel Geld schlechten Kaffee servieren“
Um genügend Platz für seine Workshops zu haben, eröffnete Stephan Bauer vor Kurzem einen zweiten Laden in der Theresienstraße nahe der Passauer Fußgängerzone. Dieser verfügt zudem über eine größere Backstube, in der drei Konditorinnen regelmäßig Kuchen und Gebäck für das Kaffeewerk und seine Gäste herstellen. „Ursprünglich wollte ich dort nur einen Showroom für Kaffeemaschinen einrichten, damit die Kunden nicht nur die Zubereitung des Espressos erlernen, sondern auch das passende Equipment kaufen können – natürlich mit der entsprechenden Beratung“, erklärt Barista Bauer.

Sweet Dreams are made of this! Im Kaffeewerk kommen vor allem Anhänger von Süßgebäck auf ihre Kosten.
Deshalb schließe das Stehcafé in der Theresienstraße bereits um 16.30 Uhr seine Pforten. „Man kann sich hier gerne nach der Mittagspause einen Kaffee holen oder unseren Espresso probieren“, sagt der 40-Jährige. Auf die Frage hin, wieso ausgerechnet Kaffee und Espresso ihn seit jeher begeistern, meint der Passauer: „Ich weiß nicht genau – ich denke, gerade heute gibt es so viele Ketten, die für zu viel Geld schlechten Kaffee servieren. Ich finde es wichtiger, auf die Qualität zu achten – denn so nimmt sich der Kunde eher die Zeit, den Kaffee in Ruhe zu trinken, als gestresst weiter zu hetzen.“
Das Kaffeewerk hat sowohl in gastronomischer Hinsicht als auch im Bezug auf Veranstaltungen so einiges zu bieten. Eines haben alle Angebote jedoch gemein: Sie führen Menschen zusammen – und laden so dazu ein, gemeinsam Zeit zu verbringen, neue Kontakte zu knüpfen oder die alten zu pflegen. Stephan Bauer und seine Mitarbeiter wollen mit dem Lokal einen Ort schaffen, an dem sich jeder willkommen fühlt. „Ausgrenzung hat hier keinen Raum“, sagt der Mann mit dem auffälligen Hipster-Bart, der sich politisch im Ratsgremium der Dreiflüssestadt engagiert.
Vielleicht liegt es an der jahrelangen Erfahrung in der Passauer Geschäftswelt, die Bauer gelehrt hat, auch in hektischen Momenten die Ruhe zu bewahren und seinem eigenen Weg zu folgen. „Wenn mir etwas nicht gefällt, dann werde ich es nicht in den Laden integrieren – auch, wenn ich damit vielleicht mehr Gewinn machen würde“, sagt er, der viel Wert auf Regionalität und persönlichen Kontakt legt, mit Nachdruck. Die Produzenten der hauseigenen Limo etwa, die in außergewöhnlichen Sorten wie Gurke-Kresse daherkommt, kennt Bauer auch persönlich recht gut.
Seine Philosophie scheint beim Publikum gut anzukommen
Authentitzität gepaart mit Individualität – Stephan Bauer will mit seinem Kaffeewerk unter Beweis stellen, dass man nicht unbedingt einer namhaften Kette angehören muss, um erfolgreich zu sein.
Seine Philosophie, den eigenen Kopf zu bewahren, nicht jedem Trend hinterher zu laufen und auf diese Weise unabhängig zu bleiben, scheint beim Publikum gut anzukommen. Sie macht das Kaffeewerk zu einem Ort, der sich von der Masse abgehoben hat – und zu dem die Leute immer wieder gerne zurückkehren.
Auch der Kaffeekenner kehrt immer wieder gerne in die Region zurück, in der er aufgewachsen ist. „Die meiste Zeit meiner Jugend habe ich im Bayerischen Wald verbracht, da meine Familie kurz nach meiner Geburt dort hingezogen ist.“ Dass dem Cafébesitzer seine Wurzeln wichtig sind, zeigt auch das großflächige Tattoo auf seinem Arm. Dort ist – wie sollte es anders sein – da Woid abgebildet…
Malin Schmidt-Ott