Hinterschmiding. Noch in diesem Jahr rollen erstmals die Bagger an, um die neue „Schmidinger Mitte“ auf den Weg zu bringen. Das als „Lehrerwohnhaus“ bekannte, sanierungsbedürftige Gebäude soll weichen. Der alte, längst nicht mehr genutzte Sportplatz wird samt den dazugehörigen Garagen bald der Vergangenheit angehören. Bereits seit Längerem beschäftigt sich der Gemeinderat damit, wie dieses städtebauliche „Filetstück“ zwischen Grundschule und Ortskern genutzt werden könnte. Schlussendlich hat sich das Gremium dazu durchgerungen, an jener Stelle einen Mehrgenerationenplatz, einen Parkplatz sowie ein Seniorenheim der Rosenium-Gruppe entstehen zu lassen. Zudem sollen die Bushaltestelle am Oberen Dorfplatz sowie der Gehsteig in Richtung Kirche barrierefrei gestaltet werden.
Die „Schmidinger Mitte“ – ein Projekt, das von vielen Gemeindebürgern wohlwollend begleitet wird. Immerhin bekommt so das Ortszentrum ein neues, freundlicheres Gesicht. Die „Schmidinger Mitte“ – ein Projekt, das gleichzeitig aber auch für kritische Stimmen sorgt. Immerhin wird ein Teil des wohl bestgelegenen Grundstücks im Dorf an einen Unternehmer von außerhalb verkauft – und der Platz für das traditionelle Dorffest begrenzt.
Bürgermeister Raab im Sinne eines PR-Managers
Auf Hog’n-Nachfrage will sich Bürgermeister Fritz Raab zu diesem „Pro“ und „Contra“ genauso wenig äußern wie zu den Eckpunkten des Projektes an sich. Er verweist lediglich auf die jüngsten Veröffentlichungen in der Tageszeitung und im gemeindeinternen Mitteilungsblatt. „Ende Juli werden die ersten konkreten Pläne von den beauftragten Architekturbüros im Gemeinderat vorgestellt. Dann können wir was Neues und was Anschauliches und Interessantes in der Medienlandschaft an den Mann bringen“, versucht der Hinterschmidinger Rathaus-Chef eher im Sinne eines PR-Managers zu denken und zu agieren.
Nichtsdestotrotz wird in der Haidel-Gemeinde recht munter über die „Schmidinger Mitte“ weiterdiskutiert. Und auch die Hog’n-Redakteure Helmut Weigerstorfer und Stephan Hörhammer haben sich über dieses Thema unterhalten.
Weigerstorfer: „Stephan, Du hast es sicher schon mitbekommen: Endlich soll der alte Sandsportplatz, der längst nicht mehr von den Fußballern genutzt wird, sowie die schäbigen Garagen am Spielfeld abgerissen werden. Gleichzeitig soll das „Lehrerwohnhaus“, eine alte Bruchbude, verschwinden. Doch das ist nicht alles. Auf der dann zur Verfügung stehenden Fläche wird ein Mehrgenerationenplatz entstehen, auf dem das Dorffest weiterhin stattfinden kann, wie es heißt. Hinzu kommt ein Seniorenheim sowie ein Parkplatz, der schon lange benötigt werde.
„Von dieser Maßnahme profitieren Jung und Alt“
Wow! Da haben ja die Verantwortlichen alles richtig gemacht, wie es scheint. Ein Projekt, das offenbar keine Verlierer kennt. Ich kann mich da Bürgermeister Raab nur anschließen, der im Dezember-Gemeindeblatt wortwörtlich verlautbaren ließ: „Abschließend kann und muss festgehalten werden, dass diese zukunftsorientierte Städtebaumaßnahme eine Augenweide nach der Fertigstellung sein wird. Von dieser Maßnahme profitieren Jung und Alt, Klein und Groß und insbesondere Pflegebedürftige. Sie wird eine Bereicherung für die Gesamtgemeinde, bringt mehr als 30 Arbeitsplätze und Kaufkraft. Des Weiteren wird das gealterte Gesicht der Hinterschmidinger Dorfmitte ‚geliftet‘.“
Hörhammer: Helmut, Du alter Schläfer. Guten Morgen!!! Nur weil die Gemeindeoberen die „Schmidinger Mitte“ als durchwegs positives Projekt verkaufen – was ja schließlich ihr Job ist -, muss längst noch nicht alles gut sein. Nicht alles, was glänzt, ist Gold, mein Lieber. Hast Du vielleicht schon einmal an das Dorffest gedacht, das alljährlich auf dem Sandplatz stattfindet und die letzten Jahre über zu einem kleinen Volksfest mit enormem Zulauf mutiert ist? Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass der geplante Mehrgenerationenplatz genügend Platz für das große Bierzelt, die vielen Verpflegungsstationen, den Weinstand, die Fahrgeschäfte und den Süßigkeiten-Laden bieten wird. Außerdem darf man nicht außer Acht lassen, dass auch das Drumherum, etwa der An- und Abtransport der Getränke oder der Auf- und Abbau des Bierzelts, noch weitere Ressourcen einnimmt.
„Fritz Raab – der Totengräber des Dorffestes?“
Hinzu kommt, dass dann künftig unmittelbar neben dem Partyareal, auf dem bis lange in die Nacht hinein gefeiert wird, ein Seniorenheim steht. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die alten, pflegebedürftigen Leute darüber erfreut sein werden, wenn direkt vor ihren Fenstern Remmidemmi bis in die Morgenstunden herrscht. Die vielen Auflagen und Regelungen in Sachen Lärmschutz werden dafür sorgen, denke ich, dass das Dorffest über kurz oder lang verschwindet – zum Leidwesen der ganzen Bevölkerung und der Vereine, die dann auf eine wichtige Einnahmequelle verzichten müssen.
Weigerstorfer: Ach komm, Stephan. Du und Dein fast schon unerträglicher Pessimismus. Ich bin davon überzeugt, dass die Gemeindeverwaltung in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Architekturbüro sowie der Rosenium GmbH im Vorfeld diese Dinge bereits abgeklärt und mögliche Probleme aus der Welt geschafft haben. Entsprechende Planungen zeigen, dass für das Dorffest genügend Platz bleibt. Bürgermeister Raab wäre ja blöd, wenn er das nicht beachten würde – und somit als Totengräber dieses traditionellen Festwochenendes in die Geschichte einzugehen droht.
Das mit dem Lärm lasse ich auch nicht gelten. Viele ältere Menschen, die im neuen Rosenium leben, werden die Gelegenheit nutzen und das Fest besuchen, was selbst mit einem Rollstuhl dann ohne größere Probleme möglich sein dürfte. Dass man gewillt ist, auch die älteren Semester am Dorffest teilhaben zu lassen, beweist doch der Seniorennachmittag, der jedes Jahr am Festsamstag stattfindet und sich über großen Zulauf erfreut. Auf dem Dorffest wird ja nicht nur Partymusik gespielt, sondern vermehrt auch Blasmusik. Alle Generationen können somit miteinander feiern – das ist es doch, was ein Dorf wie Hinterschmiding ausmacht.
“ Fritz Raab wird sicher nicht egoistisch denken“
Hörhammer: Jaja… und Bürgermeister Fritz Raab lässt sich bis an sein Lebensende in der Sänfte über den Festplatz tragen. Schließlich schafft er mit der „Schmidinger Mitte“ doch genau das, was sich jeder Kommunalpolitiker insgeheim wünscht: Er setzt sich sein eigenes Denkmal – und das in bester Lage. Ich sehe es schon vor mir: Irgendwann heißt das Areal dann Fritz-Raab-Platz – mit einer goldenen Figur in der Mitte, die…
Weigerstorfer: Halt! Jetzt ist’s aber gut! Hoffentlich liest das hier keiner… Ob Deiner Phantasien muss man sich ja fast schon schämen. Fritz Raab wird sicher nicht egoistisch denken, sondern im Sinne der Allgemeinhalt handeln – als Bürgermeister verpflichtet er sich ja praktisch dazu. Außerdem betont er das auch immer wieder. In einem früheren Hog’n-Interview hat Raab angekündigt, das Miteinander stärken zu wollen – und dieses Versprechen löst er nun mit der generationenübergreifenden „Schmidinger Mitte“ ein.
Apropos: In selbigem Gespräch hatte er angekündigt: „Aufgrund meiner Erfahrung im Landratsamt und insbesondere bei der Stadt Freyung kann ich für die Gemeinde und auch für die Verwaltungsgemeinschaft viel Geld einsparen, weil ich meine Vorkenntnisse nahezu in gesamten Verwaltungsbereich einsetzen kann.“ Und auch diese Worte stimmen, wenn man sich die entstehenden Kosten für die „Schmidinger Mitte“ vor Augen führt.
„Siegt wieder einmal die Wirtschaft über die Gesellschaft“
Wie im Gemeindeblatt vom vergangenen Dezember vermerkt, soll das Ganze insgesamt 900.000 Euro kosten. 60 Prozent, also 540.000 Euro, übernimmt im Rahmen von Förderungen die öffentliche Hand. Und auch durch den Grundstücksverkauf an die Rosenium GmbH samt zugehöriger Erschließungsbeiträge generiert die Gemeinde Einnahmen. Weil die einzelnen Bauabschnitte auf drei bzw. vier Jahre aufgeteilt werden, ist die finanzielle Belastung für die Gemeinde relativ gering. Es stand geschrieben, dass nicht mal ein Kredit aufgenommen werden muss. Noch Fragen?
Hörhammer: Du kapierst es echt nicht, oder? Gerade die Veräußerung eines Grundstücks in bester Lage inmitten des Ortes ist doch ein Armutszeugnis für eine Gemeindeverwaltung. Ich gebe zu: Durch das Seniorenheim entstehen gewiss einige Arbeitsplätze – auch der örtliche Bäcker, Metzger oder Lebensmittelmarkt profitiert womöglich davon. Doch wieder einmal siegt letzten Endes die Wirtschaft über die Gesellschaft. Ich bin mir sicher: Die Bevölkerung hätte, wenn man sie besser angehört hätte, bessere und auch kreativere Lösungen für die „Schmidinger Mitte“ gefunden. Wieder einmal wurde über den Kopf der Basis hinweg entschieden.
Weigerstorfer: Aber der Bürgermeister und die Gemeinderäte wurden doch genau dafür von den Bürgern gewählt, um solche Entscheidungen zu treffen. Wo kämen wir denn hin, wenn jeder Hinterschmidinger, Herzogsreuter oder Sonndörfler seinen Senf dazu abgeben darf? Lässt man wirklich alle zu Wort kommen, wird der alte Sportplatz sprichwörtlich zu einer Ewigkeitsbaustelle mit offenem Ende verkommen. Und außerdem: Im Rahmen einer sogenannten Ideenwerkstatt können sich sowieso alle Bürger einbringen. Man hat wirklich an alles gedacht.
„In einem kleinen Örtchen kann die Stimmung schnell kippen“
Hörhammer: Helmut, es gibt hier offensichtlich mehrere Argumente „Pro“ und „Contra“, wie wohl bei allen Projekten dieses Ausmaßes. Letztlich hat der Gemeinderat mit Bürgermeister Fritz Raab an der Spitze darüber abgestimmt – und die dargestellten Pläne befürwortet. Ob und wie die „Schmidinger Mitte“ dann wirklich von der Bevölkerung angenommen wird, zeigt die Zukunft. Da darf man äußerst gespannt sein, denn eins ist klar: In einem kleinen Örtchen wie Hinterschmiding kann die Stimmung schnell kippen…
„Schmidinger Mitte“ mit Mehrgenerationenplatz, Seniorenheim und Parkplatz – ein Allheilmittel für die Gemeinde Hinterschmiding oder eine von wirtschaftlichen Interesse gelenkte Notlösung? Wir geben die Frage an die Hog’n-Leser weiter und freuen uns auf Eure Meinungen in unserer Kommentarleiste…
da Hog’n
Demjenigen Bürger, der so kurzsichtig und gegen den Bau eines Seniorenheim in unserer Gemeinde ist, wünsche ich nur, dass er nie in die Lage kommt ein solches zu benötigen.
Wenn dieser Fall aber eintrifft und er selbst oder einer seiner Angehörigen einmal diese Einrichtung nutzen müssen, sollten diese Gegner im Umkreis von 100 Kilometern keinen freien Seniorenheimplatz finden.
Dann können ihn seine Angehörigen nach dem Dorffest ja noch schnell besuchen.
Allen höchsten Respekt vor denjenigen, die sich Zuhause um einen pflegebedürftigen Menschen kümmern. Nur das gleiche heute schon, von z.B. seinen Kindern zu erwarten, ist nicht mehr wie egoistisch. Edi Binder