Zugegeben: Beim ersten Blick auf das Cover der neuen Scheibe der New Yorker Power-Metal-Band Riot V, „Armor Of Light“, kann man sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Martialisch ist ja schon ganz okay, so an und für sich. Aber dass da eine Armee von böse guckenden Robbenköpfen auf stählerne Muckibuden-Oberkörper gesetzt wurden und die solchermaßen zusammengefügten Recken mit Monster-Hellebarde, Streitaxt und Riot-Schild in die Schlacht – gegen wen eigentlich? – ziehen, ist dann doch zu viel des Guten. Wer soll denn bitteschön sowas ernst nehmen? Noch dazu von einer Band, die seit mehr als 40 Jahren aktiv ist? Das hätte man doch anders – besser! – lösen können/sollen/müssen. Da schwurbelt das Presseinfo was von „stilistisch optimal passendem Artwork“ – und man möchte nur weise den Kopf schütteln und ein einziges Wort sagen: „Nö!“
Zuckerl für alle Freunde des verspielten Melodic-Power-Metals
Aber das ist auch das einzige, was an „Armor Of Light“, dem zweiten Album als Riot V und dem 16. insgesamt, auszusetzen ist. Denn ansonsten ist das zweite Album mit Sänger Todd Michael Hall und dem Nachfolger des leider zu früh verstorbenen Wundergitarristen Mark Reale, Nick Lee, ein echtes Zuckerl für alle Freunde des verspielten Melodic-Power-Metals, mit dem deutlichen Schwerpunkt auf Melodic. Die Melodien werden in den zwölf neuen Songs nämlich in dermaßen hoher Frequenz auf den Hörer losgelassen, dass man sich schon wundern muss, wie diese fünf älteren Herren ihr absolut hochwertiges Melodien-Arsenal so gut befüllt bekommen haben. Dazu kommt, dass alles in absoluter Hochgeschwindigkeit präsentiert wird, was das Album aber zugleich enorm abwechslungsreich macht.

Eine weitere Besonderheit von „Armor Of Light“ ist die Tatsache, dass lediglich das etwas sperrige „Caught In The Witches Eye“ qualitativ ein wenig abfällt. Was aber letztlich nur Jammern auf hohem Niveau ist, denn abgesehen vom mittelguten Refrain, ist der düstere Stampfer mit seinen so offensichtlich aus der Konserve stammenden Plastikbläsern doch ein durchaus ordentliches Stück Schwermetall. Aber die wahre Stärke liegt in Songs wie dem epischen Double-Bass-Klopfer „Ready To Shine“ oder dem Opener „Victory“, der nach kurzem Intro direkt (wie seinerzeit das Duracell-Häschen) loshämmert und keine Gefangenen macht – nicht mal die Robben auf dem Cover… „Angel’s Thunder, Devil’s Reign“ kommt zwar klischeebeladen daher – „Heavy Metal running through my veins…“ -, weiß aber dafür mit tollen Pfeilschnell-Soli und Melodien zu überzeugen, genau wie „Burn The Daylight“, dessen absolut mehrheitsfähiger Refrain das Großhirn nicht mehr verlassen mag.
Kann man sich problemlos fünfmal hintereinander anhören
„Heart Of A Lion“, der Titelsong und „Set The World Alight“ gehen in die gleiche Richtung und dürften besonders in der Live-Situation bestens funktionieren, während sich „San Antonio“ als wieselflinke Hymne an die texanische Metropole entpuppt. Und auch der Abschluss „Raining Fire“ rast durch die Boxen auf einen zu, plättet einen mit fetten Riffs und zuckersüßen Melodien.
Keine Frage, das Album kann man sich problemlos fünfmal hintereinander anhören – über mehrere Tage hinweg ausprobiert! – und wird doch keine Abnutzungserscheinungen erleben. So muss Melodic-Power-Metal aussehen, so macht das Ganze Spaß. Ob nun als Riot oder Riot V! Mark Reale freut sich auf seiner Wolke und fügt noch ein paar Soli und Melodien hinzu, wetten?
Wolfgang Weitzdörfer
- VÖ: 27. April 2018
- Label: Nuclear Blast Records
- Songs: 12
- Spielzeit: 56:32 Minuten
- Preis: ca. 19 Euro (Doppel-CD)