Nun, über die fränkischen Spaß-Metaller J.B.O. scheiden sich die Geister, wie das sonst nur bei Sabaton oder Hammerfall der, äh, Fall ist… Dabei sind die Mannen um Vito C (Gitarre und Gesang) und Hannes „G.Laber“ Holzmann (Gitarre und Gesang) in ihren besten Momenten richtig große Komödianten und liefern seit nunmehr fast 30 Jahren Album um Album ab. Der jüngste Streich nennt sich „Deutsche Vita„, das mittlerweile zwölfte Tondokument der Band. Sie sind älter geworden, das sieht man vor allem im aktuellen Video zu „Alles nur geklaut“, im Original von den a-capella-Prinzen. Zwar sehen Hannes und Vito noch immer aus wie früher – nur jetzt eben mit zahlreichen Falten, die im besten Fall vom vielen Lachen stammen…
Haben die selbsternannten „Verteidiger des Blödsinns“ (vom 1998er-Album „Meister der Musik“) sich oft genug an englischsprachigen Pop-Klassikern wie „In Zaire“ (alias „Im Verkehr“), „Go West“ (alias „Ein Fest“) oder „Smells Like Teen Spirit“ (alias „Ejaculatio praecox“) vergriffen und sie mal mehr, mal weniger gelungen umgetextet und eingedeutscht, gibt es auf „Deutsche Vita“ ausschließlich Klassiker aus der deutschsprachigen Musik-Welt zu hören. Und auch das klappt mal besser und mal schlechter. Aber fangen wir doch von vorne an.
Da kommen Erinnerungen an „Mir sta’dd’n ‚etz die Feier“ auf
Los geht es mit dem genannten „Alles nur geklaut“. Das kündet selbstironisch: „Doch in unserm Repertoire, ist eine Geistesleistung rar.“ Nun, den Band-Kritikern wird dies Wasser auf die Mühlen sein, allerdings ist die J.B.O.-Version gar nicht mal so schlecht – und zugegeben: Es wird in Wacken auf jeden Fall prima funktionieren. Nina Hagens „Du hast den Farbfilm vergessen“ wird zu „Du hast Dein Smartphone vergessen„. Der alte Ost-Klassiker kommt weit charmanter daher als man meinen mag.
„Ich will Spaß“ von Markus besucht erstmals die NDW und ist einfach eine moderne Version des Gassenhauers mit harten Gitarren und den ersten Kitzmann-Andeutungen. Kitzmann? Na, eben das J.B.O.-Haus-und-Hof-Bier. „Das Lummerlandlied“ ist dann allerdings wirklich eher unnötig und bietet nur wirklich leidlich gute Unterhaltung. Braucht man eher nicht, auch wenn die Melodie natürlich schön ist und bei entsprechender, nun, „Betankung“ bestimmt entsprechend Spaß macht.
„Wer ist der Fahrer“ ist dann zum ersten Mal so etwas wie klassisches J.B.O.: Eine Pop-Hymne, in diesem Fall „Carbonara“ von Spliff, wird mit harten Gitarren versehen und recht leidenschaftlich dargeboten – und hat obendrein noch einen durchaus witzigen neuen Text verpasst bekommen. Da kommen selige Erinnerungen an „Centerfold“ (alias „Mei Alde is im Playboy drin“) oder „We Didn’t Start The Fire“ (alias „Mir sta’dd’n ‚etz die Feier“) auf. „Nur geträumt“ von Nena kommt dann mit James-Hetfield-auf-Deutsch-Gesang von Hannes smart um die Ecke. Ideals „Blaue Augen“ setzt den NDW-Reigen fort. „Deutsche Vita“ ist dann die erste Eigenkomposition, bricht eine Lanze fürs Land der Dichter und Denker – und erteilt gleichzeitig Nazis und Nationalismus eine deutliche Abfuhr. „Stolz drauf käm‘ mir nicht in den Sinn, einfach Glück, dass ich hier geboren bin.“ Gut so!
„Deutsche Vita“ ist eine Dreiviertelstunde Franken-Irrsinn
Sehr schön ist dann die „Bombenhagel“-Version alias „Karneval in Sodom“, die in bester Ruhrpott-Thrash-Manier in etwa anderthalb Minuten aus den Boxen geholzt kommt. Für „Wickie“ gilt das gleiche wie fürs „Lummerlandlied“ – einfach weiterschalten, wenn man nicht schon in seligen Kitzmann-Gefilden weilt.
„Hurra, hurra, die Schule brennt“ ist ein cooles Lied, das auch in der J.B.O.-Version Spaß macht. „Grande Finale“ verbeugt sich dann mehr oder weniger ehrfurchtsvoll vor Udo Lindenberg, ehe die zweite Eigenkomposition „Gewiss ist nur der Tod“ den Sack mit einem flotten Punk-Klopfer offiziell zumacht. Abgerundet wird „Deutsche Vita“ von der Live-Version eines weiteren echten Klassikers der deutschsprachigen Popmusik: „Fränkisches Bier“ – alias, na, was? Natürlich „Griechischer Wein“ von Udo Jürgens.
„Deutsche Vita“ ist eine Dreiviertelstunde Franken-Irrsinn, der allerdings vermutlich wirklich nur die unmittelbar eigene Zielgruppe anspricht. Diese allerdings dafür auch ziemlich glücklich machen wird.
Wolfgang Weitzdörfer
- VÖ: 30. März 2018
- Label: AFM Records
- Songs: 14
- Spielzeit: 43:33 Minuten
- Preis: ca. 18 Euro