Axel Rudi Pell. Dieser Name verspricht nicht gerade Glamour, Glitter und Grandezza. Im Gegenteil – der blonde Gitarrist, dessen Faible für Ritchie Blackmore aus praktisch jedem Ton spricht, den er seiner Strat jemals entlockt hat, kommt aus Bochum im Ruhrpott, ist Handwerker durch und durch – und bringt allerhöchstens mit seiner Liebe zu „Mittelalter-Mystik und Fantasie-Folklore“, wie es das Plattenfirmenzettelchen wunderschön alliterierend beschreibt, ein wenig Abgehobenheit in den Arbeiterklassen-Stahl, den er seit mittlerweile 30 Jahren auf 17 Studioalben produziert hat.

Die glorreichen Fünf (v.l.): Ferdy Dörnberg, Axel Rudi Pell, Johnny Gioeli, Volker Krawczak und Bobby Rondinelli. Foto: Steamhammer/SVP

Axel Rudi Pell. Der enorme Output ging interessanterweise nie zu Lasten der Qualität der Alben. Das ist auch auf dem neuesten Werk „Knights Call“ nicht anders. Neun Songs, dazu ein kurzes, mystisches Intro – der Sack ist zu. Und der Inhalt überzeugt. Sicherlich in erster Linie die Fangemeinde, aber das bringt der Aufenthalt in der eigenen Nische nun mal so mit sich – und ist ja, soweit die Gemeinde nicht nur aus Mama, Papa und den Geschwistern besteht, auch keineswegs etwas Schlechtes. Bei Axel Rudi Pell ist diese Fangemeinde zudem ganz und gar nicht klein…

Rock und Freiheit als glücklichstes Paar seit Ernie und Bert

Axel Rudi Pell. Der Mann ist ein Pragmatiker: „Warum sollte ich aufhören – solange ich das machen kann, was mir am meisten Spaß bringt, bin ich zufrieden“, sagt der 57-Jährige, der zudem seiner Aussage „Komponieren ist wie Vieles im Leben – entweder man kann es oder man kann es nicht“ auch mit den neuen Songs einmal mehr satt rockendes Leben einhaucht. Dabei zeigt er sich quasi als der Anti-Yngwie, denn sowohl Sänger Johnny Gioeli als auch die restlichen Mitmusiker werden vom Sechs-Saiten-Hexer keineswegs zugegniedelt und -gefiedelt, sondern haben genug Platz zur Entfaltung. Vor allem die Röhre Gioelis weiß dabei ein ums andere zu gefallen.

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Mit 57 Jahren immer noch kein bisschen leise: Axel Rudi Pell. Foto: Steamhammer/SVP

Axel Rudi Pell. Nun gut, kommen wir zu den Songs. Das Intro bereitet einen in knapp zwei Minuten auf das Bevorstehende vor, ist jetzt nicht besonders wichtig oder irgendwie nötig – aber gehört halt irgendwie dazu. „The Wild And The Young“, „Wildest Dreams“, „Long Live Rock“ – jawoll, das sind exakt die Titel, die man von Axel Rudi Pell haben will. Da muss es etwas gefährlich riechen, aber genauso gut auch viel nach Leder und Motorradabgasen – und obendrüber thronen Rock und Freiheit als glücklichstes Paar seit Ernie und Bert. Fetter Hardrock eben, der 1989, als Axel Rudi Pell sein erstes Album „Wild Obsession“ veröffentlicht hat, genauso gut ins Ohr lief wie etwa zwischendurch bei „Oceans Of Time“ (1998) oder eben heuer bei „Knights Call“.

Axel Rudi Pell. Da ist aber auch immer der Bombast mit im Spiel, der sich vor allem in den Long-Tracks zeigt. Der erste von gleich Dreien auf „Knights Call“ heißt „The Crusaders Of Doom“ und ist – dem Titel gemäß – vom Tempo her gedrosselt und ziemlich heavy. Der zweite – „Beyond The Light“ betitelt – bedient dann neben seiner langen Spieldauer von fast acht Minuten den zweiten Bereich, der zum Pell’schen Bombast gehört: die Ballade. Und die wird – ausuferndes Gitarrensolo inklusive – ziemlich intensiv dargeboten.

Der dritte Long-Track markiert gleichzeitig den Abschluss dieses einmal mehr tollen Pell-Albums: „Tower Of Babylon“. Und nur ein Schelm denkt da jetzt gleich wieder an Blackmore-Verbeugungen und so – nur weil der Ritchie mal was mit „Gates Of Babylon“ gemacht hat… Aber so falsch ist der Gedanke nicht, langsamer und schleppender ist der Song von Axel Rudi Pell zwar, aber eine ähnlich düstere Atmosphäre wie der Rainbow-Klassiker birgt er in seinen fast zehn Minuten, die nicht langweilig werden, zweifellos.

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Das Einzige, was man mäkeln könnte, wenn man möchte…

Axel Rudi Pell. Achso, neben den genannten Songs ergänzen „Knights Call“ noch „Truth And Lies“, „Slaves On The Run“ und „Follow The Sun“ – allesamt hochwertige Rocker mit schönen Melodien und sattem Pell-Riffing.

Das Einzige, was man mäkeln könnte, wenn man denn unbedingt möchte, wäre dies: Die Keyboards bzw. die Hammond-Sounds hätten ein wenig dominanter durchkommen können. Aber andererseits funktionieren sie als Teppich, der sie wohl auch sein sollen, genauso wunderbar.

Axel Rudi Pell. Gut gemacht – bis zum nächsten Mal!

Wolfgang Weitzdörfer

 

Axel Rudi Pell: Knights Call
 
  • VÖ: 23. März 2018
  • Label: Steamhammer/SPV
  • Songs: 10
  • Spielzeit: 57:14 Minuten
  • Preis: ca. 12 Euro

https://www.facebook.com/axelrudipellofficial/videos/10160089186955302/


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