Frauenau. „Basst scho“, antwortet Erwin Eisch kurz und knapp auf die Frage, wie stolz er auf das Bild-Werk Frauenau sei. Der 90-jährige Gründungsvater und Glaskunst-Pionier gibt sich bescheiden. Dabei hat er allen Grund dazu, äußerst zufrieden auf das namhafte Kunst- und Kulturprojekt, das er und seine Mitstreiter vor 30 Jahren aus der Taufe gehoben haben und das sich im Laufe der Zeit zu einer unverzichtbaren und überregional anerkannten Institution in Sachen Glaskunst, Musik- und Theaterkultur im Bayerischen Wald entwickelt hat, zu blicken. Eine Retrospektive unter Freunden.

Einige von vielen Machern und Wegbleitern des Bildwerk-Frauenau (v.l.) Dietmar „Stan“ Dengler, Büroleiterin Jana, Tom Stangl, Sarah Höchstetter sowie Gründungsvater Erwin Eisch.

„Tom’s Hall“ an einem Nachmittag. Kaffee und Tee stehen bereit, um den großen roten Tisch im Bild-Werk-Büro sitzen alte und neue Weggefährten; sitzen Menschen, die sich engagieren, diskutieren und Gedanken machen, damit der kulturelle Nährboden, der vor drei Jahrzehnten bestellt worden ist, auch weiterhin Bestand hat – und weiter Früchte trägt. Eine illustre, vielfältige Truppe, die manchmal wild durcheinander plappert, manchmal genau hinhört, wenn einer spricht. Die sich wohl fühlt miteinander. In der jeder etwas zu erzählen und zu sagen hat.

„Schau ma moi, ob das auch bei uns im Woid geht“

„Ich habe in den 70er Jahren in Amerika die Studioglas-Bewegung kennengelernt“, berichtet Erwin Eisch, „habe gesehen, was dort drüben los war“. Im Corning Museum of Glass, dem größten Glasmuseum der USA, ist er auf Einladung des Künstlers Harvey Littleton, dem wohl bekanntesten aller Urväter der Studioglas-Bewegung, zu Besuch gewesen. Er war es, der das erste universitäre Lehrprogramm für Glaskunst an einer amerikanischen Hochschule einführte. Er war es auch, der das Konzept der Kunstschulen und Sommerakademien in den 60er und 70er Jahren etablierte und die Studioglas-Bewegung zu einem internationalen Phänomen machte.

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Glaskunst-Pioniere dies- und jenseits des Atlantiks: Harvey Littleton (links) und Erwin Eisch Mitte der 70er Jahre. Foto: Familie Littleton

In Corning traf Eisch auch auf Thomas S. Buechner, den Gründer des dortigen Glasmuseums und späteren Direktor des berühmten Brooklyn-Museums in New York. Den Mann, nach dem „Tom’s Hall“ benannt ist. Er war einer der großen Mentoren der internationalen Glaswelt und ein außergewöhnlicher Mann der Malerei. Das Zusammentreffen der drei Männer stellte die Geburtsstunde des Bild-Werks in Frauenau dar. „Tom Buechner und Harvey Littleton waren die elementaren Gründungsväter der Studioglas-Bewegung“, betont Eisch mehrmals und spricht dabei das „r“ in „Buechner“ und „Harvey“ im Stile eines gebürtigen Amerikaners aus, der Deutsch spricht. Die Zeit, die er in den USA verbrachte, prägt ihn bis heute.

„Wir haben gesehen, was die Amerikaner machen – dann haben wir gesagt: Schau ma moi, ob das auch bei uns im Woid geht.“ Mit „das“ meint Eisch die Herstellung von Glaskunst im eigenen Atelier, fernab von konventionellen Glasmanufakturen und -hütten. Ein absolutes Novum zur damaligen Zeit, eine echte Innovation. „Die Möglichkeit war ja da“, sagt er. Es gab die Räume, die zur Glashütte Eisch, die sein Vater Valtentin an ihn und seine beiden Brüder Erich und Alfons im Jahr 1963 zu gleichen Teilen übergab, gehörten. Räume, in denen das Bild-Werk 1987 entstehen sollte.

„Das war für damalige Verhältnisse alles total innovativ“

In diesem Jahr wurde der Verein gegründet, der das Fundament für alles Weitere bildete. Eines der Gründungsmitglieder ist Dietmar „Stan“ Dengler (57) aus Frauenau, erster Geschäftsführer und späterer Wirt im „Gistl“, dem in unmittelbarer Nachbarschaft befindlichen und zum Bild-Werk dazugehörigen Gasthaus, das sich mit seinem Kulturprogramm über die Jahre hinweg zum zweiten Standbein neben der Werkstatt-Akademie entwickelte. Dengler hatte Eisch in die USA begleitet. Auch er wusste somit Bescheid um den Zauber der Studioglas-Bewegung und des Unterfangens Sommerakademie.

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Eines von sieben Gründungsmitgliedern des Bild-Werk-Vereins: Dietmar „Stan“ Dengler.

„Die ersten Kursleiter waren gleich zur Stelle und haben uns beim Aufbau geholfen“, erinnert er sich. Diese – genauso wie einige heimische Glasmacher und Keramiker – unterstützten die Frauenauer Truppe vor allem beim Einrichten und der Ausstattung der Lehrräume, bei der Bereitstellung der entsprechenden Technik für die Glasherstellung und bei der Beschaffung von Gerätschaften für die Bearbeitung des Kunst-Rohstoffs Glas.

„Ursula Huth hat uns die Flachglas-Werkstatt aufgebaut. Renate Bachmayer war da. David Hopper hatte uns das erste Mal den Studio-Ofen angeschürt und hochgefahren, weil Hüttenmeister Helmut Schneck keinen derartigen Ofen gekannt hatte.“ Alles Menschen, die sich in der Anfangszeit tatkräftig für das Projekt einsetzten. „Es war ja nichts hergerichtet, es war eine Ruine“, sagt Dengler und fügt mit einem Lachen hinzu: „Der erste Workshop hat auf einer Baustelle stattgefunden.“

Sechs Kurse mit je sechs bis sieben Schülern waren es zu Beginn der Sommerakademie im Jahr 1988. Diese wurden unterrichtet in den Fachrichtungen Glaskunst, Lampenglas, Flachglas, Heißglas sowie in Malerei und Keramik. „Das war für damalige Verhältnisse alles total innovativ“, berichtet Dengler und nippt an seiner Tasse Kaffee. „Das hat Erwin alles von Amerika hier rübergebracht. Diese Idee, auch außerschulisch etwas zu lernen bzw. zu lehren, die gab’s bei uns noch nicht. Das war unvorstellbar.“

„Die waren sofort da, wenn Erwin sie rief“

Erwin Eischs internationalen Kontakten war es zu verdanken, dass nach und nach immer mehr namhafte Künstler den Weg in den Bayerischen Wald fanden und an der Akademie in Frauenau ihr Wissen weitergaben. „Der geistige Urheber Tom Buechner war schwierig zu bekommen“, erinnert sich Stan Dengler. „Er war ja ein vielbeschäftigter Mann in den USA. Doch Erwin hatte zu mir gesagt: Komm, schreib ihm mal – ich konnte aber gar kein Englisch. Doch Tom hatte geantwortet: Dear Stan, what a wonderful Englisch you write. Dabei hatte Erwin ihn bereits angerufen und ihm gesagt, er solle freundlich zu mir sein.“

Anekdoten wie diese lassen den 57-jährigen Frauenauer mit der markanten Stimme und den gutmütigen Augen laut auflachen – und seine Zuhörer in Nostalgie schwelgen. Und dann ist Thomas S. Buechner in den Woid gekommen – so wie Harvey Littleton und die anderen auch. „Es gab fast nie eine Absage“, sagt Dengler. „Die waren sofort da, wenn Erwin sie rief.“

Künstlerin und Lehrerin: Veronika „Vroni“ Schagemann studierte Bildhauerei an der Kunstakademie in München.

Geburtswehen habe es keine gegeben, pflichtet ihm der 90-Jährige bei. „Stan hat alles gesteuert.“ Und so wuchs das Bild-Werk über die Jahre hinweg, das Programm wurde umfangreicher, die Zahl der teilnehmenden Künstler bzw. Kursleiter sowie deren Schüler stieg an. Bis Ende der 90er, Anfang 2000er Jahre, sagt Dengler. Dann gab’s einen kleinen Knick, wie Veronika Schagemann erzählt. „Nicht mehr alle Kurse waren ausgebucht, da sich das Angebot an Sommerakademien bundesweit erhöht hatte.“ Die 54-jährige Künstlerin und Lehrerin aus Zwiesel gab, wie sie sagt, beim Bild-Werk früher des Öfteren Kurse in Bildhauerei. Zudem war sie beim Gistl-Theater eine der treibenden Kräfte. Später kümmerte sie sich gemeinsam mit Tom Stangl insbesondere um das Kulturprogramm im Gistl-Gasthaus – eine Aufgabe, der sie bis heute (wie alle anderen ebenfalls ehrenamtlich) gerne nachgeht.

Sie und Stangl engagieren die Bands, die im Gistl auftreten, betreuen und bekochen diese und sorgen für die nötige „Reklame“ im Vorfeld der Konzerte. „A bisserl schade ist es, dass nicht so viele Einheimische zu den Kursen ins Bild-Werk kommen“, findet Vroni Schagemann. Der überwiegende Teil kommt von außerhalb – aus ganz Deutschland, Frankreich, Italien, aus der Welt. „Doch die Frauenauer sind etwas scheu.“

„Er is a Künstler – die sind halt mal a bissal damisch“

„Es herrschte eine Art Aufbruchstimmung damals „, erinnert sich Tom Stangl an die Anfangszeit des Bild-Werks, in dessen Dunstkreis sich eine gewisse Szene in Frauenau herausbildete. „Es gab viele junge Leute, die sich erstmals mit Themen wie Natuschutz auseinander gesetzt haben“, berichtet der 54-jährige Lockenkopf, der nur wenige hundert Meter vom Akademie-Gebäude entfernt wohnt. Etwa 30 bis 40 Aktive gab es, die dann auch eine Ortsgruppe „Bund Naturschutz“ gegründet haben – mit Stan Dengler als ersten Vorsitzenden.

Das Wirtshaus in der Moosau diente als Treffpunkt. Viele Stunden wurde dort darüber diskutiert und gefachsimpelt, wie man die Welt etwas besser machen könnte. „Und irgendwann sagte einer: Wenn wir schon immer ins Wirtshaus gehen, könnten wir eigentlich auch unser eigenes machen.“ Dies war die Geburtsstunde des Gistl, das nach dem einstigen Glashütten-Besitzer Isidor Gistl benannt wurde und sich zum kulturellen Versammlungsort und gastronomischen Mikrokosmos in der kleinen 2.600-Seelen-Gemeinde entwickelte.

Tom Stangl ist für die Ausgestaltung des Gistl-Kulturprogramms verantwortlich. Ihm war es immer ein großes Anliegen, „dass in Frauenau eine gewisse Subkultur erhalten bleibt“.

„Die alternative Szene war damals, vor etwa 30 Jahren, durch die Glasfachschulen und die Künstler im Woid sehr groß. Es war ein gewisser Idealismus im Bewusstsein vorhanden“, sagt Tom Stangl – und seine Augen leuchten kurz auf. Die Berührungspunkte mit dem Bild-Werk waren unverkennbar, wirft Vroni Schagemann ein. „Wenn in der Werkstatt-Akademie Kurse stattgefunden haben, wurde im Anschluss im Gistl gemeinsam gegessen, getrunken und gefeiert. Das ist auch heute noch so.“

Und Stangl ergänzt schwärmerisch: „Bei den Bild-Werk-Kursen in den 90ern sind die Kursleiter teils bis 5 oder 6 Uhr morgens beinander gehockt. Da war schon eine gute Stimmung. Mit einem unglaublichen Austausch und einer tollen kommunikativen Basis.“ Kunst und Party lautete das Motto. „Die Glasleute haben schon immer gerne gefeiert“, stimmt Stan Dengler zu. „Die waren für jeden Spaß zu haben“, sagt Stangl und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: „Heute ist die Szene älter und etwas braver.“

Konflikte mit konservativen Strömungen in der heimischen Bevölkerung waren aufgrund der revolutionären Bild-Werk-Avantgarde vorprogrammiert. „Erwin war ja immer schon ein bunter Hund, eine Art Außenseiter – jemand, der außerhalb des Establishments steht“, sagt Stan Dengler. „Er is a Künstler – und Künstler sind halt mal a bissal damisch.“

„Erwin wurde etwas spöttisch als Glas-Marterer bezeichnet“

Und so schrieb man das Jahr 1989, demnach zwei Jahre nach der Bild-Werk-Gründung. Mit einem selbsterbauten Kunstmonster, konzipiert von Kursleiter David Hopper, nahmen dieser und einige Mitstreiter am traditionellen Auerer Kirwa-Umzug teil. „Zuerst kamen die Vereine mit ihren Mitgliedern in Uniform – und wir dann zum Schluss in selbstbemalten T-Shirts“, erinnert sich Stan Dengler. „Es gab viele verdutzte Blicke seitens der Teilnehmer und der Zuschauer am Straßenrand – vor allem, weil unser Monster so hoch war, dass wir damit gegen die Ampel gerumpelt sind“, sagt der Gistl-Wirt. „Das war alles vogelwild. Später haben uns dann die Frauenauer unseren Monsterwagen am Bierzelt kurz und klein geschlagen. Die Situation wäre beinahe eskaliert.“

Beim Auerer Kirwa-Festzug 1989 mit dem selbstgebastelten Kunstmonster.

Vor allem die Tatsache, dass das Thema Glasmacherei in Frauenau von den „Damischen“ aus seinem ursprünglichen Kontext gerissen wurde, stieß so manchem Hiesigen sauer auf. „Der Ruf der Glaskünstler war bei den Einheimischen nicht besonders gut.“ Tom Stangl, der kurzzeitig in einer der Hütten jobbte, sieht dies eher zwiegespalten: „Erwin wurde von den Glashütten-Leuten etwas spöttisch als Glas-Marterer bezeichnet. Also als jemand, der das Glas misshandelt und malträtiert. Doch andererseits war er auch bei ihnen anerkannt. Er war in ihren Augen eben a bissal g’schbinnad.“

Nach der Eröffnung des Gistl Anfang der 90er, als erstmals eine Grünen-Liste aufgestellt wurde und Stan Dengler direkt in den Frauenauer Gemeinderat einzog, bei dem er nach wie vor Mitglied ist, hatte es schnell den Namen „die grüne Hölle“ weg. „Gemma zu de Grean“ hieß es damals – wie auch heute noch. Die Vorbehalte auf Seiten der Einheimischen waren groß, die Gerüchte um Drogen, Sex, Rock’n’Roll und Alkohol hielten sich hartnäckig. Auch heute sei vielen das Gistl „nicht bürgerlich genug“, wie Vroni Schagemann bedauert.

„Die Gistl-Klischees haben wir dann selbst mal bei einem Faschingszug bedient“, erzählt Tom Stangl. „Mit einem riesigen Joint sind wir durch die Straßen gezogen, die Frauen liefen als Säue verkleidet mit. Das war schon ein Highlight.“ Klar ging es im Gistl etwas freier zu als anderswo, gibt Stangl offen zu, doch von einem „Drogenumschlagplatz“, wie einige das Gistl betrachteten, konnte nie die Rede sein.

„Wenn wir einheimische Musiker einladen, ist die Hütte voll“

Die Musik, das Feiern, die gute Laune und die Ausgelassenheit standen immer im Vordergund, beteuern Vroni und Tom unisono. Mehr als 900 Konzerte nationaler und internationaler Musiker fanden im Gistl bereits statt. Amerikanische Blues-Größen wie „Alabama Red“ traten dort auf, genauso wie namhafte tschechische Bands nach dem Fall des Eisernen Vorhangs.

International, multikulturell und weltoffen präsentiert sich das Gistl in regelmäßigen Abständen, so wie 2016 beim „russischen Frauenabend“ mit der Band Iwanowa.

Von der kalifornischen Punk-Combo „Lagwaggon“ über die Bayerwald-Rocker von „Landluft“ bis hin zum Kabarettisten Sigi Zimmerschied gaben sich bereits etliche Künstler die Gistl-Klinke in die Hand. Tom Stangl: „Zimmerschied sagte, nachdem er das erste Mal die unsere Bühne sah: Dass es so etwas heute noch gibt.“

Insbesondere heimische Kapellen wie die legendären „Skakalak“ oder die „Zitronen Püppies“ hatten ihre ersten Auftritte dort. „Viele Bands haben sich aus der Szene heraus gegründet – allein aufgrund der Motivation, einmal im Gistl aufzutreten.“

„Das Schöne“ bei den Konzerten ist, wie Vroni Schagemann findet, die Tatsache, dass dabei immer gut und gerne getanzt wird. „Wir hatten schon Bands hier, die hinterher gesagt haben: Wir wussten nicht, dass man auf unsere Musik überhaupt tanzen kann.“ Es gab Abende im Gistl, erinnert sich Stangl, da haben mehr als 300 zahlende Gäste auf 90 Quadratmetern die Nacht zum Tag gemacht. „Die Stimmung passt immer – vor allem, wenn wir einheimische junge Musiker einladen, ist die Hütte voll“, sagt die Zwieselerin.

Das Tanzen gehört im Gistl einfach dazu.

Das Publikum ist dabei stets „bunt gemischt“, Alt und Jung nebeneinander. Und Tom Stangl ergänzt: „Mir geht’s oft heute noch so, wenn ich bei einem Konzert an der Kasse sitze und mir denke: Nach 27 Jahren kommen noch 60 oder 70 Prozent an Leuten, die ich noch nie gesehen habe.“ Zu alt fühlt man sich im Gistl daher nie. „Super, dass wir’s geschafft haben, das die Jungen nach wie vor hingehen“, freut sich die 54-Jährige.

„Das Gistl wissen mittlerweile alle zu schätzen – und es wäre eine große Lücke, wenn es das Wirtshaus nicht mehr gäbe, vor allem für viele  Bands aus der Region, weil es ein Forum für sie ist“, ist Stangl überzeugt. „Aber auch für überregionale Bands, denn wenn die einmal im Gistl gespielt haben, wollen sie immer wieder hier auftreten.“

Blick in die Zukunft: „Jeder wünscht sich, dass es weitergeht“

„Doch wir hatten nicht nur Musik hier, sondern auch immer wieder mal Kabarett, Theater und Filmveranstaltungen. Wir haben grenzübergreifende Projekte im Gistl durchgeführt, vor allem mit unseren tschechischen Nachbarn“, erzählt der 54-Jährige weiter. Und Stan ergänzt nochmals erklärend: „Als wir mit der Sommerakademie angefangen haben, war Erwins Grundidee etwas Glaskünstlerisches hier zu schaffen – und nach ein paar Jahre haben wir gesagt: Lass uns das ausweiten auf ein Jahresprogramm mit weiteren kulturellen Schwerpunkten, die dann im Gistl stattfinden.“ Und fügt mit einem Lächeln hinzu: „Viele Paare haben sich im Gistl oder bei den Kursen in der Werkstatt gefunden – bis hin zur Lebenspartnerschaft und Ehe.“

Der Frauenauer Erwin Eisch (90) gilt als einer der ersten Künstler, der Glas als Medium des künstlerischen Ausdrucks einsetzte.

Dengler und seine Mitstreiter werden bei ihren Rückblicken niemals müde, den Wert des künstlerisch-kulturellen Angebots des Bild-Werks für die gesamte Gemeinde Frauenau zu betonen. „Viele Leute von außerhalb sind dadurch zu uns gekommen – und auch mal hier geblieben.“ Gerade das heutige Angebot der Sommerakademie – im Laufe der Zeit kam eine Frühjahrsakademie hinzu – kann sich nach Ansicht von Vroni Schagemann wahrlich sehen lassen: „Es gibt Mal- und Bildhauerkurse; gleichzeitig interdisziplinäre Kurse, in denen man verschiedene Techniken erlernt. Steven Paul Day, der schon lange hier unterrichtet, macht Bronzeguss, ziemlich experimentell. Es herrscht stets eine sehr freundliche Atmosphäre, man traut sich selbst sehr viel auszuprobieren. Das Schöne: Über die Jahre hinweg sind viele Freundschaften entstanden, man trifft immer wieder bekannte Leute, unter denen man sich gut aufgehoben fühlt.“

Wohin der Weg des Bild-Werks künftig führen wird? „Jeder wünscht sich, dass es weitergeht“, spricht Vroni Schagemann für die versammelte Truppe. Und zwar so weitergeht, dass die Teilnehmerzahlen nicht abnehmen, sondern konstant bleiben. Das Bild-Werk muss sich nicht groß verändern oder expandieren. Es soll weiterhin überschaubar sein, familiär, mit erhebenden, künstlerischen Momenten auf der Gistl-Bühne und in der Werkstatt. Es soll weiterhin gemütliche Lagerfeuerabende geben, Abende mit Musik, in guter Gemeinschaft und Gesellschaft. „Schön wäre freilich, wenn auch mehr Einheimische mitmischen möchten, sie sich zu uns reintrauen.“

„Die Kraft kommt von Leuten, die dies alles ehrenamtlich machen“

„Es wird im Moment darauf hingearbeitet, dass es noch 30 Jahre weitergehen kann“, sagt Sarah Höchstetter, die sich um die Öffentlichkeitsarbeit des Bild-Werks kümmert.

Ohne all die ehrenamtlichen Unterstützer würde das Bild-Werk nicht funktionieren.

Sie betont: „Die ganze Kraft, die hinter dem Projekt steckt, kommt von Leuten, die das alles in ihrer Freizeit machen.“ Es gibt derzeit sechs ehrenamtliche Vorstände, unter ihnen die Uni-Professorin Katharina Eisch-Angus (Tochter von Erwin Eisch und dessen Frau Gretel), die auch schon von 1990 bis 2008 die ehrenamtliche Leitung innehatte.

Der große Meister und Gründungsvater des Bild-Werks macht sich indes keine Sorgen um die Zukunft der einstmals als Akademie für „Kopf-, Hand- und Kunstwerk“ ins Leben gerufenen gemeinnützigen Bildungseinrichtung. Er denkt – auch aufgrund seines fortgeschrittenen Alters – nur mehr von Jahr zu Jahr. Und übt sich weiter in Bescheidenheit. „Des basst scho.“

Stephan Hörhammer

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