Freyung/Berlin. Gut 80.000 Menschen haben die Petition mit dem Titel „Maluma Dreams: ausgeträumt – Bitte helfen Sie mir meine kleine Kiezbar zu retten“ bereits unterzeichnet. Und es werden stündlich mehr. Initiator ist ein Herr namens Emmanuel Akakpo, der, wie er mitteilt, vor wenigen Wochen seine Bar in Berlin Wedding räumen musste. „Jetzt stehe ich vor dem Nichts“, sagt er. „Schuld“ daran soll Freyungs Bürgermeister Dr. Olaf Heinrich als Vermieter der Immobilie sein. Der wiederum fühlt sich zu Unrecht an den Online-Pranger gestellt – und geht rechtlich gegen den Berliner vor.

„Jetzt stehe ich vor dem Nichts.“ Emmanual Akakpo in seiner Bar „Maluma Dreams“ in Berlin Wedding, die zu einem Drittel dem Freyunger Bürgemeister Dr. Olaf Heinrich gehört. Die restlichen zwei Drittel sind im Besitz von dessen Eltern und Geschwistern. Foto: Online-Petition „Maluma Dreams“
„Mit meiner eigenen kleinen Kiezbar im Berliner Wedding habe ich mir einen Traum verwirklicht. 17 Jahre habe ich viel Kraft, Geld und vor allem Herz in das Maluma Dreams gesteckt“, berichet Akakpo auf der frei zugänglichen Petitionsseite change.org. „Doch mit dem neuen Jahr ist mein Traum geplatzt. Vor drei Wochen musste ich die Bar räumen. Der Gedanke an die jetzt so kahlen und verlassenen Räume macht mich richtig traurig. Mit der Bar habe ich mein Leben finanziert. Ich stand auf eigenen Beinen. Das Maluma Dreams war nicht nur ein Teil von mir, ich habe dafür gelebt“, ist dort weiter zu lesen.
Akakpo: „Der Sohn zog das Angebot zurück. Ohne Erklärung“
Mit seiner Petition, die unter anderem an Svenja Schröder Lomb (Präsidentin des Amtsgerichts Wedding) und Jusitzminster Heiko Maas gerichtet ist, möchte der aus Togo stammende Petitionsinitiator Akakpo die Hausverwaltung überzeugen, „die Kündigung des Mietvertrags zu überdenken und das Maluma Dreams zu retten“.

Freyungs Bürgermeister Dr. Olaf Heinrich: „Es sind alles in allem inzwischen immense Rückstände aufgelaufen, die mehrere zehntausend Euro betragen. Hinzu kommen ausstehende Gerichtskosten.“ Foto: Hog’n-Archiv
Diese Worte richtet er nicht nur an die Petitionsunterstützer, sondern vor allem an die Eigentümerfamilie Heinrich, die nach Aussage von Freyungs Bürgermeister Olaf Heinrich „seit Jahrzehnten“ im Besitz der Immobilie ist. Akakpo sei seit 2005 Mieter des Lokals. Heinrich habe in den „vergangenen Jahren immer wieder versucht ihn aus dem Mietvertrag zu drängen“, so die Anschuldigung das Gastronoms, die dem Petitionstext zu entnehmen ist. „Kurz vor Weihnachten hielt ich dann die Kündigung in der Hand. Sie können sich sicher vorstellen, wie schwer es für mich war, das meinen Mitarbeitern zu erklären.“
Das „Maluma Dreams“ sei dem Togolesen zufolge ein multikultureller Treffpunkt gewesen, an dem „langjährige Freundschaften entstanden“ seien. „Integration hat hier super funktioniert. Es gibt hier im Kiez keinen vergleichbaren Ort.“ Im September 2017 habe er nochmals Hoffnung geschöpft, schildert Akakpo. Olaf Heinrichs Vater habe ihm einen neuen Mietvertrag angeboten, den er „unbedingt annehmen wollte“. Doch: „Der Sohn zog das Angebot zurück. Ohne Erklärung“, sagt der Betreiber des Maluma Dreams, der um seine Existenz, die Arbeitsplätze seiner Mitarbeiter und seinen „Lebenstraum“ fürchtet. „Mit dieser Petition forderen wir die Präsidentin des Amtsgerichts Wedding auf, den Antrag 33 M 8144 / 17 erneut zu überprüfen! Den Vermieter Olaf Heinrich fordern wir auf, die Gespräche wieder aufzunehmen. Das Maluma Dreams darf nicht sterben!“
Ausführliche Stellungnahme von Bürgermeister Dr. Olaf Heinrich
Die Antwort des Freyunger Bürgermeisters, der sich und seine Familie, wie er dem Hog’n gegenüber berichtet, im Zuge der Veröffentlichung der Online-Petion einer Flut von Hassmails ausgesetzt sah, antwortete online auf die von Akakpo verfassten Worte nur wenige Tage später, am 10. Januar, mit folgender Erklärung (hier einzusehen) – und bekräftigt diese nochmals in Form einer mit seinem Rechtsanwalt abgesprochenen Stellungnahme wie folgt:
„Herr Akakpo war seit 2005 Mieter des Lokals, welches seit Jahrzehnten unserer Familie gehört. Vor 2005 hatte zunächst eine Brauerei das Lokal einige Jahre an Herrn Akakpo untervermietet, jedoch im Jahr nach einem Mietrechtsstreit dieses Untermietverhältnis beendet. Daraufhin hat meine Familie Herrn Akakpo kurzfristig und wenige Tage vor der Zwangsräumung einen Mietvertrag gegeben, um ihm das Weiterbetreiben des Lokals zu ermöglichen. Ohne dieses Entgegenkommen wäre das Lokal bereits im Jahre 2005 geräumt worden.
Bereits nach wenigen Monaten bezahlte Herr Akakpo die Miete unregelmäßig und wiederholt nur teilweise. Bereits im August 2007 bestanden hohe Mietschulden. Nach der Begleichung von rund 2/3 der Mietschulden durch den Mieter wurde ihm von unserer Familie das ausstehende Drittel der Schulden erlassen, um ihm eine weitere Chance zur Fortführung des Lokals zu geben. Trotz dieses Entgegenkommens erfolgten die Mietzahlungen unregelmäßig und oft nur teilweise. Nach rund zehn Jahren mit immer wieder gezeigter Dialogbereitschaft und zahlreichen Versuchen, das Mietverhältnis durch vertragsgemäße Mietzahlungen in geordnete Bahnen zu bringen, kündigten die drei Eigentümer im Dezember 2014 schließlich den Mietvertrag, weil Herr Akakpo das bis dahin noch restliche Maß an Entgegenkommen und Wohlwollen verbraucht hatte.
Bürgermeister Heinrich könne nicht ganz nachvollziehen, warum eine Angelegenheit, die zivilrechtlicher Natur sei, über eine in erster Linie politisch-orientierte Online-Petitionsplattform wie change.org lanciert wurde. Foto: Hog’n-Archiv
Das Kammergericht Berlin entschied am 15. September 2016, dass Herr Akakpo das Lokal zu räumen hat. Die Mietschulden beliefen sich zu diesem Zeitpunkt auf 2.325,48 Euro. Herr Akakpo hatte während der gegen ihn geführten Gerichtsverfahren stets die Möglichkeit, seine Einwände vorzutragen. Es gab zu keinem Zeitpunkt und von keiner Person ein fertig verhandeltes fixiertes Angebot zur Fortführung des Mietverhältnisses.
Durch eine angebliche Untervermietung des Lokals an eine „Maluma Dreams Entertainment UG“ (Geschäftsführer Herr Akakpo) kam es zu einer weiteren juristischen Auseinandersetzung. Auch gegen diese Gesellschaftskonstruktion sahen sich die Eigentümer gezwungen, juristisch vorzugehen, was weitere Kosten verursacht hat, am Ergebnis aber nichts änderte: Ein seit September 2017 rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Berlin stellte fest, dass eine Räumung des Lokals rechtmäßig ist und zu erfolgen hat.
Obwohl Herr Akakpo seit November 2016 keine Miete mehr zahlte, wurde das Lokal bis zur Räumung durch den Gerichtsvollzieher am 19. Dezember 2017 betrieben. Es sind alles in allem inzwischen immense Rückstände aufgelaufen, die mehrere zehntausend Euro betragen. Hinzu kommen ausstehende Gerichtskosten.
Meine Familie hat über mehr als zehn Jahre weitreichende Zugeständnisse gemacht. Gleichzeitig wurden wiederholt Zusagen des Mieters nicht eingehalten. Nachdem die Mietschulden bzw. Nutzungsentschädigung sich zuletzt stetig weiter erhöhten, war die Räumung des Lokals die letzte Möglichkeit, um den ohnehin schon massiven Schaden zu begrenzen. Dass Herr Akakpo die letztinstanzliche Entscheidung des Gerichts nicht zu akzeptieren bereit ist, nehmen wir zur Kenntnis.
Durch seine Online-Petition, die weder seine Unzuverlässigkeit als Mieter noch die immensen Rückstände erwähnt, gelingt es ihm, Menschen dazu zu bewegen, sich der Petition anzuschließen, ohne sich überhaupt nur ansatzweise mit der zugrundeliegenden Thematik jahrelanger Probleme und Ärgernisse zu befassen. Wer in dieser Sache appelliert, Verständnis zu zeigen, hätte es an unserer Stelle selber längst verloren. Nach jahrelangen negativen Erfahrungen sind wir nicht mehr bereit, mit Herrn Akakpo ein Vertragsverhältnis einzugehen.
Dr. Olaf Heinrich (im Namen aller drei Eigentümer des Lokals)“
Akakpo appelliert: „Lassen Sie uns miteinander sprechen“
Emmanuel Akakpo, der sich eigenen Angaben zufolge vom immensen Zuspruch der Online-Petition bekräftigt fühlt und es begrüßt, dass Eigentümer Heinrich darauf reagierte („denn für lange Zeit herrschte Funkstille“), hatte zunächst angekündigt, die Stellungnahme prüfen zu lassen und sie „Punkt für Punkt mit Fakten zu widerlegen“. Er behauptet: „Leider verdreht Herr Heinrich in seiner Stellungnahme viele Tatsachen, stellt mich als Schuldigen dar. So geht das schon seit Jahren und deshalb sah ich in der Petition die letzte Chance, Aufmerksamkeit zu schaffen. Natürlich läuft auch ein Verfahren, aber ich wusste mir in meiner Situation nicht anders zu helfen.“

Auch überregionale Medien wie der Berliner Tagesspiegel berichten bereits über den Räumungsstreit zwichen Barbesitzer Akakpo und Freyungs Bürgermeister Heinrich. Screenshot: Tagesspiegel/da Hog’n
Am 11. Januar meldet sich Akakpo erneut zu Wort und beteuert: „Ich distanziere mich ganz deutlich von den Hass-Emails, die Herrn Heinrich laut eigenen Angaben erreichen und möchte Sie alle inständig bitten, keine Hassbotschaften an den Vermieter zu senden. Mir geht es um einen freundlichen, respektvollen und höflichen Dialog.“ Er betont dabei nochmals, dass er die Petition ins Leben gerufen habe, da er keinen anderen Ausweg mehr sah – und appelliert an Heinrich: „Lassen Sie uns noch einmal zusammensetzen, um eine Lösung zu finden. Ich bitte Sie von Herzen, dass wir aufeinander zugehen können. Diese kleine Kiezbar ist mein Leben. Der Wedding mein Zuhause.
Er wolle mit seiner Petition nicht „angreifen, sondern einen Dialog anstreben“ und an die Empathie des Freyunger Bürgermeisters appellieren. „Wenn Sie möchten, komme ich persönlich nach Freyung. Über 75.000 Menschen finden, dass das Maluma Dreams eine letzte Chance verdient hat. Ich wünsche mir so sehr, diese kleine Kiezbar, an der mein Leben, meine Existenz und mein Herz hängen, retten zu können. Bitte schenken Sie mir ein offenes Ohr.“
Akakpo: „Damit hätten sie meinem Untermietverhältnis zugestimmt“
Auch der Tagesspiegel berichtete (am 12. Januar) über den Rechtsstreit in Berlin-Mitte. „Online-Petition fordert Erhalt von Jazz-Bar“ lautet hier die Überschrift. „Der Aufschrei im Internet ist groß. Von Rassismus und Diskriminierung ist die Rede“, steht dort geschrieben.

Das „Maluma Dreams“ in Berlin-Wedding. Foto: Facebookseite: Maluma Dreams
Akakpo erklärt in dem Artikel die von Familie Heinrich geforderten Mietrückstände gegenüber der Berliner Tageszeitung damit, dass er zwar durchaus hätte zahlen wollen, jedoch keiner der drei Vermieter ihm eine aktuelle Bankverbindung zur Verfügung gestellt habe. „Damit hätten sie meinem Untermietverhältnis zugestimmt. Das wollten sie nicht. Die haben einfach nur einen Grund gesucht, um mich rauszuwerfen“, wird der Togolese dort zitiert.
Weiter heißt es im Tagesspiegel: „Die Stimmen im Netz sind gespalten. Manche User von change.org fühlen sich von Akakpo hinters Licht geführt. Mit Kenntnis der Stellungnahme der Vermieter hätten wohl kaum so viele Menschen diese Petition unterschrieben, kommentiert ein Nutzer.“ Andere würden an deren Mitgefühl appellieren und wünschen sich, die Vermieter mögen „ein Auge zudrücken“.
da Hog’n
Es müsste doch leicht festzustellen sein anhand von Kontoauszügen ob dieser Herr Akakpo seine Miete bezahlt hat oder nicht. Ich selbst habe leider auch schon feststellen müssen, wenn man solche Leute weiter wohnen lasst, dass
dann auf einmal nichts mehr zu hohlen ist!
Hier muss ich Herrn Edenhofer recht geben. Solchen Mietern – gleicher welcher Hautfarbe – ist nur mit richterlichen Urteilen beizukommen. Eine andere Sprache wird als Schwäche ausgelegt und ausgenutzt. Herr Dr. Heinrich war hier viel zu gutmütig.