Grainet/Passau. Ein polizeibekannter Graineter ist – neben diversen Waffendelikten – der besonders schweren Brandstiftung angeklagt, die der 42-Jährige Ende September 2015 im Haus seines Onkels (62) in Rehberg (Gmd. Grainet) begangen haben soll. Mindeststrafe aufgrund der enormen Lebensgefahr für andere: fünf Jahre. Er sitzt seit März dieses Jahres in U-Haft. Und seit Freitag, dem zweiten Prozesstag am Landgericht Passau, hat der Angeklagte auch Stress mit seiner Verwandtschaft. Es war der Tag, an dem er seine angebliche Rolle bei jenem Wohnhausbrand schilderte.
Heuer, im Frühjahr, hatte Elmar S. noch Freudentränen vergossen – über einen Freispruch in anderer Sache. Da saß er schon wegen des Brandes in U-Haft. Der Familienvater ist geschieden. Seine Mutter kommt zu jedem Prozesstag, umsorgt den Sohn, bringt ihm Getränke und eine Brotzeit, nimmt ‑ immer unter den Augen der Vorführbeamten – auch Aufträge, die vom Gefängnis aus nicht zu erledigen sind, entgegen. Damit könnte es nun vorbei sein.
Angeklagter Elmar S.: „Der Dachstuhl war mein Heiligtum“
Der Staatsanwalt geht davon aus, dass Elmar S. in Absprache mit dem Onkel dessen Haus angezündet hatte, damit die Brandversicherung ausbezahlt würde. Laut Anklage soll er vorher noch einen Tresorwürfel aufgefräst haben, damit er an den Waffenschrank-Schlüssel kam und somit acht Schusswaffen sowie eine teure Uhr, Silberbesteck und zwei Teppiche klauen konnte. Zwei weitere Teppiche blieben eingerollt in dem Prachthaus mit den rund 40 Brandstellen zurück – dazu zwei Gasflaschen, eine mit geöffnetem Ventil.
Nach der neunten Zeugin, der Tochter des Brandleiders Franz F., einer Münchner Studentin, die im Elternhaus damals ihren halben Hausstand verlor, die einmal im Monat nach Grainet kommt und in diesem Prozess auch noch das Alibi ihres Vaters ist, der in der Brandnacht mit ihrer Clique auf dem Oktoberfest zugange war, legte Elmar S. ein Teilgeständnis ab. Darin kamen aber weder sein Onkel noch Feuer oder Gasflaschen vor. Vielmehr wirkten die umständlichen Erklärungen so, als wären sie um die Indizien und Beweise herumgestrickt worden, die Elmar S. jetzt schon nachgewiesen sind und ihn belasten.
Demnach hätte er damals dringend Bargeld benötigit. Als er aufschnappte, dass der Onkel über Nacht in München wäre, hätte er dies seinen kriminellen Freunden gesteckt, die ihn dauernd nach Einbruchstipps gefragt hätten. Sein Anteil: ein Fünftel der Beute. Namen traue er sich nicht zu nennen, da die Komplizen auch etwas gegen ihn in der Hand hätten. Er mopste der Oma den Hausschlüssel, fuhr zum Tatort, wollte den zwei, vielleicht auch drei Kumpeln das Einsteigen vereinfachen.
Im Haus hätte er es sich dann aber anders überlegt und die Waffen lieber selbst gestohlen. Den Tresor-Code hätte er dem Onkel zuvor einmal abgeschaut. Uhr, Teppiche und Silber hätte er dagelassen – für die anderen. 20 Prozent davon waren ihm ja angeblich sicher. Er war auf dem Weg nach Norddeutschland, als es brannte. Angezündet hätte er das Haus nicht. Er hätte doch selbst daran mitgebaut, „der Dachstuhl war mein Heiligtum“.
„Ich habe zum Kollegen gleich gesagt: Das stinkt zum Himmel“
Der Richter hakte nach, warum dann aber die Einbrecher Feuer gelegt hätten. Einem Kriminalpolizisten sei damals aufgefallen, dass der oder die ortskundigen Täter sich in dem Anwesen sehr viel Zeit gelassen hätten: „Man war nur auf Zerstören und auf Spurenvernichten aus. Dazu hat das mit dem Einbruch überhaupt nicht gepasst. Innen waren vor der Terrassentür und den Fenstern Stühle aufgetürmt. Die hätten brennen sollen, um die Zugangsmöglichkeit zu verschleiern. Welcher Einbrecher macht das? Ich habe zum Kollegen gleich gesagt: Das stinkt zum Himmel.“
Elmar S. antwortete dem Richter darauf: „Keine Ahnung, vielleicht war ihnen zu wenig drin. Oder sie haben sich verarscht gefühlt von mir.“ Da kam der Richter auf das zu sprechen, was nun für Familienknatsch sorgt: „Ich verstehe schon nicht, dass Sie Ihren Onkel beklauen. Sie brauchten Bargeld. Aber warum hetzten Sie dem Onkel dafür auch noch andere auf den Hals?“ Der Angeklagte: „Damit ich aus dem Schneider bin. Bei der Rasterfahndung geht es immer drum, wer wo ist.“
Der Richter bilanzierte, dass Elmar S. auf diese Weise beide Seiten betrogen hätte – den Onkel und die Komplizen. Die Antwort des Angeklagten: „Genau.“ Die erst hier, dann in Südtirol versteckten Waffen hätte er aber doch auch nie verkauft: „Sie haben Straftaten begangen, den Onkel bestohlen und – außer, dass jetzt die ganze Familie sauer auf Sie ist – nichts davon gehabt?“ Elmar S.: „Stimmt, bis dato nicht. Außer Spesen nichts gewesen.“
„Das mit den Mittätern nimmt Ihnen keiner ab“
Der Staatsanwalt merkte an: „Sie sind auf einem guten Weg. Jetzt müssen Sie nur noch auch die Brandstiftung zugeben. Das mit den Mittätern nimmt Ihnen keiner ab.“
Auch das Gericht ließ erkennen, dass die Version des Elmar S. in etlichen Punkten nicht besonders plausibel klinge. Vielleicht fallen ihm bis zur Fortsetzung am Montag, 11. Dezember, Antworten ein, die er diesmal noch schuldig blieb. Mit einem dritten Prozesstag ist es nun nicht mehr getan. Weitere Termine sind ausgemacht, der vorerst letzte am 2. Januar.
da Hog’n