Grainet/Passau. Von einem unbeschriebenen Blatt kann man beim Angeklagten Elmar S. aus Grainet-Fürholz, der sich ab Dienstag, 28. November vor dem Landgericht Passau (Prozessbeginn: 9.30 Uhr) verantworten muss, wahrlich nicht sprechen. Ihm wird eine Vielzahl von Delikten vorgeworfen, u.a. Brandstiftung in besonders schwerem Fall, wie Kristin Wendler, Pressesprecherin des Landgerichts, mitteilt. „Der 42-jährige Angeklagte soll Ende September 2015 in den frühen Morgenstunden das Einfamilienhaus eines Verwandten in Brand gesetzt haben, um zu erlangen, dass es zu Auszahlungen aus der Wohngebäudeversicherung an den Verwandten kommt“, heißt es in der Anklageschrift.
Auf 500.000 Euro belief sich einer Polizeimeldung zufolge die Sachschadenshöhe am Einfamilienhaus von Unternehmer Franz F. im Graineter Ortsteil Rehberg. Der spektakuläre Fall, der sich am 27. September 2015 ereignete und bei dem glücklicherweise niemand verletzt wurde, sorgte für Schlagzeilen, war in Windeseile in aller Munde (da Hog’n berichtete). Die Beamten der Kripo Passau gingen schnell von vorsätzlicher Brandstiftung aus. Die Versicherung von dem in der Pressemitteilung als „Verwandten des Angeklagten“ betitelten Franz F. setzte wenige Tage nach dem Vorfall gar eine Belohung in Höhe von 5.000 Euro für sachdienliche Hinweise aus.
„Unter normalen Umständen wäre es zur Explosion gekommen“
Vor der Brandlegung sei das Haus druchwühlt, Schmuck, Silberbesteck und mehrere Kurz- und Langwaffen entwendet worden. „Anschließend setzten vermutlich der oder die Täter das Haus vorsätzlich in Brand. Von dem oder den Tätern fehlt bisher jede Spur“, war von Seiten der Polizei, die einen Zeugenaufruf über die Presse lancierte, damals zu vernehmen.
Auf „sieben Waffen, eine hochwertige Uhr, zwei handgeknüpfte Perserteppiche und ein Kasten mit Silberbesteck“ wird in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft nun das Diebesgut präzisiert. Später sollen die Waffen – Hausbesitzer Franz F. ist Jäger – vom Angeklagten nach Italien gebracht worden sein. Eine geladene Pistole soll er im Februar 2017 wieder nach Deutschland eingeführt haben, heißt es weiter. „Dies ist relevant, weil die Einfuhr von Waffen nochmal ein ganz anderer Tatbestand ist als wenn man etwa eine Waffe nur im Inland führt oder besitzt. Die Einfuhr ist nochmals ein ganz anderer Straftatbestand“, wie Kristin Wendler auf Hog’n-Nachfrage mitteilt.
Vom Angeklaten Elmar S., der Hog’n-Informationen zufolge vor einigen Jahren bereits ein hochwertiges Auto zum Zwecke des Versicherungsbetrugs versteckt hatte, sollen in jener September-Nacht, in der sich der Hauseigentümer auf dem Münchener Oktoberfest eigenen Angaben zufolge aufgehalten hatte, zwei Gasflaschen im Gebäude deponiert worden sein. „Dabei soll der Angeklagte zumindest in Kauf genommen haben, dass Menschen bei der von ihm beabsichtigten Gasexplosion hätten sterben können. Nur wegen äußert glücklicher Umstände soll es letztlich nicht zu einer Explosion gekommen sein“, ist in der Pressemitteilung zu lesen. Die Gasflaschen sollen Wendler zufolge teilweise geöffnet gewesen sein, „sodass man unter normalen Umständen davon ausgeht, dass es zu einer Gasexplosion kommt.“
Abgekartetes Spiel? „Staatsanwaltschaft erklärt sich dazu nicht“
Auf die Frage, ob es sich beim mutmaßlichen Versicherungsmissbrauch um ein abgekartetes Spiel zwischen dem Angeklagten und seinem Verwandten handeln könnte, erwidert Kristin Wendler: „Nein, davon geht man nach derzeitigem Stand nicht aus.“ Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft erkläre sich dazu jedenfalls nicht. „Es reicht ja für einen Versicherungsmissbrauch, dass man will, dass an jemand anderen etwas ausgezahlt wird“, sagt Wendler. Der Geschädigte werde derzeit nicht verdächtigt, sich strafbar gemacht zu haben.
Medienberichten zufolge saß Elmar S. erst im März dieses Jahres im Rahmen eines Berufungsprozesses auf der Anklagebank des Passauer Landgerichts, nachdem ihn das Amtsgericht Freyung zu drei Jahren Haft verurteilt hatte. Der Graineter soll seine Ehefrau absichtlich mit dem HIV-Virus infiziert haben. Da ihm die Tat jedoch nicht eindeutig nachgewiesen werden konnte, wurde er freigesprochen.
Zur Hauptverhandlung gegen den 42-Jährigen, der sich seit März dieses Jahres in Untersuchungshaft befindet, sind zwölf Zeugen geladen. Es wurden bereits zwei Fortsetzungstermine (8.12. und 11.12., jeweils Beginn um 9 Uhr) bestimmt.
da Hog’n