Der Begriff der „Supergroup“ wurde in den 1960er-Jahren geprägt. Damals wollte man damit das Blues-Rock-Trio „Cream“ mit Eric Clapton, Jack Bruce und Ginger Baker als Band bezeichnen, die sich durch die Zusammenarbeit verschiedener bekannter Stars auszeichnete. Der Begriff war nicht immer positiv besetzt – was daran lag, dass viele Supergroups es gar nicht zu Veröffentlichungsehren schafften oder aber mit ihrem Output nicht zu überzeugen wussten.
Hörprobe: Project Mama Earth mit Joss Stone u.a.:
Wer kennt heute noch „Powerhouse“ (Eric Clapton, Steve Winwood, Pete York) oder „XYZ“ (Musiker von Yes und Led Zeppelin)? Diese Bands schafften es nicht, ihre Musik zum Hörer zu bringen. „Bad Company“, „Humble Pie“ oder „Emerson, Lake & Palmer“ wussten mit ihren Alben eher selten zu überzeugen. Meist – das mag nun nicht sehr überraschen – standen dabei die teils recht großen Egos im Wege…
„Hätte in einer musikalischen Katastrophe enden können“
Aber es geht natürlich auch anders. Man denke nur an „Audioslave“ – die Instrumentalisten von „Rage Against The Machine“ trafen dabei für drei tolle Rock-Alben auf „Soundgarden“-Stimme Chris Cornell. Oder die „Travelling Wilburys“ mit Tom Petty, Roy Orbison, Bob Dylan, Jeff Lynn und George Harrison. „Project Mama Earth“ ist nun ebenfalls eine Supergroup. Aber eine, die vor allem durch ihre Spontaneität und die erfrischende und ungemein positive Musikalität in jeder Minute der guten halben Stunde zu begeistern weiß.
Mit dabei sind Soul-Ikone Joss Stone und die weltweit bekannten Musiker Nitin Sawhney (Gitarre), Jonathan Joseph (Schlagzeug), Étienne M’Bappe und Jonathan Shorten (Keyboards). Man traf sich im britisch-ländlichen Devon – ohne eine einzige Note, ohne Konzept und ohne Strategie. „Das Ganze hätte auch in einer einzigen musikalischen Katastrophe enden können“, sagt Schlagzeuger Joseph schmunzelnd. Aber sobald man gemeinsam im Studio gewesen sei, habe er gewusst, dass es funktionieren würde.
Das Album, das bei der zehntägigen Session im Studio von Stone in Devon herauskam, heißt „Mama Earth“. Darauf enthalten sind sechs Songs und fünf etwa einminütige atmosphärische Zwischenspiele. Mit der Musik hatte Stone bewusst nichts zu tun haben wollen, wie sie augenzwinkernd verrät: „Ich ließ die Jungs alleine im Studio arbeiten, während ich das Abendessen kochte. Ich wollte nicht an der Musik mitarbeiten, sonst wäre nur Hip Hop und RnB entstanden.“ Zusammen mit ihrer Mutter hat sie dann zur fertigen Musik die Texte geschrieben. Und das schon mal am Fluss, draußen in der Natur: „Eine gute Idee, denn schließlich handelt das ganze Album von Mutter Natur und ihrer Sicht der Dinge“, sagt Stone.
Grandios gelungene Mixtur aus Jazz, Funk, World-Music und Rock
Die Zwischenspiele – vergleichsweise „uninspiriert“ nur als „Interlude I bis V“ betitelt – sind dabei der Kleber, der die Songs zusammenhält. Soundeffekte vermischen sich hier mit afrikanischen Instrumenten und Rhythmen – und ergeben vor allem unter dem Kopfhörer einen hochemotionalen Kurztrip zu den Ursprüngen des Lebens.
Die Songs hingegen sind eine grandios gelungene Mixtur aus Jazz, Funk, World-Music und Rock. So etwa beim Opener „Mama Earth“. Der überzeugt mit locker-flockigen Gitarrenlicks, unter die eine warme Hammondorgel gelegt wurde und die konterkariert werden durch die fetzigen Bläsersätze. Über allem thront Stone mit ihrer warmen und vollen Stimme, aus der die pure Leidenschaft und Freude über die Musik sprechen.
Aber auch die übrigen Songs überzeugen: das sanft groovende „Waterfall“, das zwischen Zerbrechlichkeit und Anmut schwankende „Spring“, das mit 13/8- und 5/4-Rhyhtmen durchaus jazzig-komplexe „What Would She Say?“, die wunderschöne Ballade „Breath“ und das mit Mangambe- und Bikutsi-Rhythmen aus Kamerun veredelte „Entanglement“ sind echte Songperlen, die vom Zusammenspiel dieser versierten Musiker leben. Und die agieren so traumwandlerisch sicher, als spielten sie schon länger zusammen als die „Rolling Stones“…
Das ist wohl der Fluch einer Supergroup – keine Frage
„Mama Earth“ ist ein wundervolles, kleines Album, das beim Nebenbeihören ganz genauso gut funktioniert, wie beim konzentrierten Studium unter den Kopfhörern. Man ertappt sich beim Wunsch, dass es doch nicht beim einmaligen Studioaufenthalt bleiben möge – und denkt dann aber gleichzeitig, dass es doch bitte so sein sollte, damit die Magie dieser tollen Aufnahmen ihre Einzigartigkeit behalten mögen. Das ist wohl der Fluch einer Supergroup – keine Frage. Das „Project Mama Earth“ hat er indes (noch) nicht ereilt…
Wolfgang Weitzdörfer
- VÖ: 10. November 2017
- Label: Mascot Label Group
- Songs: 11
- Spielzeit: 31:20 Minuten
- Preis: ca. 14 Euro
„Bad Company, Humble Pie oder Emerson, Lake & Palmer wussten mit ihren Alben eher selten zu überzeugen“??? Mal abgesehen davon, dass sie hier in diesem Kontext gar nichts zu suchen haben – sie waren keine „Supergroups“, sondern ganz gewöhnlich gewachsene Bands -, haben sie weltweit sehr viele Alben verkauf, große Tourneen gespielt und unzählige Fans haben sie bis heute! Wer so einen Quatsch schreibt, hat sich mit der Materie, die er behandelt, gan offensichtlich überhaupt nicht beschäftigt.