Passau/Neureichenau. Egal, ob in Form eines Dinners, einer Wanderung oder schlicht und einfach als Buch: Krimis erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Vor allem mit Lokalkolorit angehauchte Werke gehen immer häufiger über die Ladentheke. Zu denjenigen Autoren, die ihren Fokus auf das Regionale setzen, zählt auch die ehemals in Neureichenau beheimatete Dagmar Isabell Schmidbauer, die inzwischen in Otterskirchen im Landkreis Passau lebt. Nach einigen größeren Projekten – darunter eine Krimi-Serie – hat die 55-Jährige nun ein neues Format ins Leben gerufen: „Der kleine Passau Krimi“. Was es damit auf sich hat und woher die blonde Schriftstellerin ihre Ideen für neue Krimis nimmt, darüber berichtet sie im Interview mit dem Onlinemagazin da Hog’n.
Frau Schmidbauer: „Der kleine Passau Krimi“ – was genau ist darunter zu verstehen?
Der kleine Passau-Krimi ist ein kürzerer, abgeschlossener Fall – ohne Bezug zu meinen anderen Krimis. Er liegt zwischen einem Kurzkrimi und einem ganzen Fall. Es ist genau das richtige Format, um ihn zwischendurch zu lesen – im Zug, auf der Reise oder an einem verregneten Sonntag auf dem Sofa. Angereichert ist jeder Fall mit Fotos, Rätseln und skurrilen Geschichten drum herum. Eine Mischung aus modernem, aufgepepptem Groschenroman und einem Magazin.
So geht Dagmar Isabell Schmidbauer beim Schreiben vor
Was ist schwieriger zu schreiben – ein längerer oder ein kürzerer Krimi?
Jede Form des Schreibens hat ihren Reiz. Bei einem großen Fall liegt die Herausforderung darin, ganz viele Stränge zunächst auf- und am Schluss wieder zusammenzuknüpfen. Dazwischen spielen die Ermittlungen. Es gilt viele Ereignisse logisch zu verfolgen, viele kleine Geschichten am Rande einfließen zu lassen. Bei einer Serie kommt hinzu, dass sich die Figuren konsequent weiter entwickeln. Da für manche Leser die Figuren fast wichtiger sind, als der eigentliche Kriminalfall.
Bei der kürzeren Variante bringe ich die Geschichte auf den Punkt. Ich überlege mir, aus welcher Perspektive ich sie erzählen möchte, probiere auch einmal etwas Verrücktes aus und kann zudem viel schneller auf Gegebenheiten eingehen. Kurzkrimis, die nach Anzahl der Zeichen geschrieben und oft in Anthologien veröffentlicht werden, sind nicht so mein Ding, weil es beim Schreiben eigentlich nur darum geht, mit den vorgegebenen Anschlägen zurecht zu kommen. Dabei bleiben viele schöne Ideen auf der Strecke.
Suche nach neuen Wegen
Woher nehmen Sie die Ideen bzw. Inspirationen für Ihre Geschichten?
Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder ich finde sie im Alltag, wie zum Beispiel bei „Mörder frei Haus“, wo es um Ebay-Kleinanzeigen geht und die Gefahren, die ich darin erkannt habe. Oder ich suche direkt nach etwas. Dann setze ich mich mit Stift und Block an einen Tisch und stelle mir – schriftlich – so lange Fragen, bis ich die richtigen Antworten notieren kann. Das ist sehr effektiv, weil sich das Gehirn dabei ganz auf das zu lösende Problem konzentriert.
Wie lange brauchen Sie, um ein Werk zu vollenden?
Das kommt auf den Umfang der Geschichte und meinen Fleiß an. Einen kurzen Fall erzähle ich, wenn die Ideen stehen und ich dran bleiben kann, in sechs Wochen – für einen langen Krimi brauche ich ein Jahr. Denn schließlich kommen ja auch noch das Lektorat und die Umsetzung dazu. Meine täglichen Aufgaben beschränken sich allerdings nicht nur auf das Schreiben, sondern eben auch auf das Verlegen, das Marketing, das Organisieren und Halten von Lesungen – und natürlich meine ständige Suche nach neuen Wegen.
„Ich brauche keine Explosion, um Spannung zu erzeugen“
Besteht bei der Fülle an veröffentlichen Krimis eigentlich die Gefahr, etwas zu kopieren?
Nein! Denn im Grunde sind ja ohnehin alle Mordfälle irgendwie schon einmal erzählt worden. Jeder Autor fügt dann aber seinen ganz eigenen Stil, seine Figuren, Handlungen, Motive etc. hinzu – und mixt daraus sein ganz persönliches Werk. Ich bin mir sicher, wenn Sie hundert Autoren beauftragen, zu einem bestimmten Thema einen Krimi zu schreiben, kommen hundert völlig verschiedenen Fälle heraus, weil jeder das Thema mit einem ganz anderen und ganz persönlichen Input erzählt.
Was zeichnet Ihre Werke im Besonderen aus?
Ich mache aus ganz alltäglichen Situationen, in die praktisch jeder hineingeraten kann, einen aufregenden Kriminalroman. Ich brauche keine Explosionen, um Spannung zu erzeugen – und keine Superverfahren, die mittels Computer den Täter ausspucken. Meine Fälle werden logisch und zum Miträtseln ermittelt. Ich möchte unsere Region vorstellen und nicht veralbern. Bei mir stolpert kein zum Dorftrottel mutierter Polizist durch das Geschehen. Bei mir ermitteln schlaue Figuren mit Vorbildcharakter in kompliziert wirkenden Fällen, die am Schluss komplett aufgeklärt werden. Ja und dann enthalten meine Fälle natürlich immer auch eine Portion prickelnder Erotik, weil die zum Leben genauso gehört wie das Leben und Sterben.
„Zurzeit teste ich neue Formate und Ideen“
Konzentrieren Sie sich nun komplett auf den kleinen Passau Krimi – oder sind auch längere Werke geplant?
Tatsächlich probiere ich mich gerade ein wenig aus, teste neue Formate und Ideen. Und bestimmt gibt es irgendwann auch wieder einen ganzen Krimi von mir zu lesen.
Lässt sich als Autorin genügend Geld verdienen, um davon leben zu können – oder ist das Schreiben eher ein Hobby für Sie?
Bisher habe ich in meinen Verlag nur Geld reingesteckt, weil sich die Bücher natürlich auch nicht von allein verkaufen. Ich würde aber auch nicht behaupten wollen, dass es sich bei der Art, wie ich schreibe nur um ein Hobby handelt – dazu muss ich zu diszipliniert sein und zu viel Energie investieren. Ich kann aber sagen: Die meiste Zeit über macht mir das Schreiben viel Spaß.
Vielen Dank für das Gespräch. Wir wünschen Ihnen künftig viele neue Ideen.
Interview: Helmut Weigerstorfer
–> Wer nun neugierig geworden ist auf die Werke von Dagmar Isabell Schmidbauer, der kann sich auf der Homepage Ihres Verlages „Edition Renumero“ einen weiteren Eindruck ihres künstlerischen Wirkens verschaffen.