Passau. Alter Nippes, löchrige Kleidung und benutztes Geschirr – das verbinden viele Menschen mit Flohmärkten. Aus diesem Grund käme es für sie nicht in Frage, solche Märkte zu besuchen, geschweige denn selbst dort zu verkaufen. Schließlich möchte man nicht mit vergilbten Tellern aus den 70ern nach Hause kommen – oder seine freie Zeit damit vergeuden, stundenlang in der Kälte zu hocken, nur um am Ende des Tages von den eingenommenen fünf Euro noch die Standgebühr in Höhe von 10 Euro zu bezahlen…
Zugegeben: Dieses Szenario war etwas zu übertrieben dargestellt. Denn immer mehr Leute – auch jüngere – finden Gefallen daran, ihre alten Kleidungsstücke für wenig Geld an den Mann oder die Frau zu bringen – oder sich selbst auf die Suche nach (getragener) neuer Kleidung zu machen. Was jedoch, wenn der Markt außer zerlesenen Büchern und gelblichen Lampenschirmen nichts zu bieten hat?
„Es macht mir Spaß, die Sachen zu durchwühlen“
Um dieses Risiko zu umgehen, gibt es immer häufiger reine Kleiderflohmärkte. Regelmäßige Flohmarktgänger wissen, welche Schätze hier vergraben liegen: Häufig sind die Teile in sehr gutem Zustand, oft sogar ungetragen. Viele Verkäufer bieten hier also keinerlei Müll an, sondern möchten sich vom Zuviel trennen, etwas dazu verdienen, Platz schaffen.
„Natürlich muss man’s mögen – schließlich wird man hier keine größeren Summen verdienen“, berichtet Jannicke Möller. Die 21-Jährige mag es, an ihren freien Wochenenden einen Stand zu mieten und mit ihren Freundinnen Kleider zu verkaufen. „Für mich hat das auch nicht die oberste Priorität“, ergänzt ihre Freundin Anna. „Man kommt einfach schnell mit Standnachbarn und Kunden ins Gespräch – und wenn mal weniger los ist, nutzen wir Mädels die Zeit zum Quatschen und Essen“, erzählt die Studentin und lacht. Trotzdem sei es natürlich ärgerlich, wenn man so rein gar nichts einnehme, sagt sie. „Das haben wir aber noch nie so krass erlebt – meistens gehe ich mit einer leeren Tasche und einem volleren Geldbeutel nach Hause!“
Anders ist es bei Ariane: Sie liebt es, auf Flohmärkten zu flanieren und sich dort auf die Suche nach neuen Lieblingsteilen zu begeben. „Es macht mir Spaß, die Sachen zu durchwühlen. Außerdem spare ich dabei im Vergleich zum Ladenkauf meistens eine Menge Geld – und tu‘ obendrein noch was für mein Gewissen“, berichtet die Studentin.
Mit dieser Intention steht die 21-Jährige nicht alleine da. Immer mehr Menschen fühlen sich unwohl dabei, große Modeketten zu unterstützen, deren Kleidung meist unter zwielichtigen Arbeitsbedingungen hergestellt worden sind. Stichwort: 5-Euro-T-Shirt. Und doch enden viele immer mal wieder im gleichen Lieblingsshop – und nicht im Fair-Trade-Laden um die Ecke…
Second-Hand ist längst nicht mehr verpönt
Die wohl am häufigsten genannten Argumente für dieses Verhalten sind folgende: Ich kann es mir nicht leisten, dauerhaft faire Kleidung zu kaufen; außerdem finde ich in solchen Läden nichts Passendes. Und auch, wenn es keiner zugeben möchte, siegt dann häufig doch der Geiz über die Moral – zumindest bei einem großen Teil der Käufer…
Doch genau deshalb bietet es sich an, immer mal wieder nach gebrauchter Kleidung zu kucken. Second-Hand ist längst nicht mehr verpönt – in einigen Städten hat sich daraus regelrecht ein neuer Trend entwickelt. Doch auch diejenigen, die sich nicht unbedingt gerne in Oversized-XXL-Pullis aus den 60ern wickeln und dazu noch Opas alte Birkenstock-Schlappen tragen möchten, können sich für Mode aus zweiter Hand begeistern.
Was ist aber, wenn man trotz allem keine Lust hat, sich durch Menschenmengen zu kämpfen, Kleiderhaufen zu durchwühlen und den richtigen Preis zu verhandeln? Oder wenn einem schlicht die Möglichkeit fehlt, einen Kleiderflohmarkt zu besuchen? Auch dafür gibt es eine Lösung: das gute alte Internet. Online-Flohmärkte und Verkaufsseiten erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Denn wer Zeit für Online-Shopping auf den Seiten der Modeketten findet, kann auch Kataloge privater Anbieter im Netz durchstöbern.
Gut, ein bisschen mehr Zeit muss meist schon investiert werden, etwa auf der Suche nach bestimmten Kleidungsstücken oder bei der Kontaktaufnahme. Aber ist es das nicht wert? Denn wenn man am Ende Geld sparen, das Gewissen beruhigen und jemanden glücklich machen kann, sollte sich der Aufwand doch gelohnt haben. Auch Verkäufer kommen auf Online-Flohmärkten wortwörtlich auf ihre Kosten: Denn wer regelmäßig aktiv ist, Kleidung ausmistet, sie fotografiert und einstellt kann sich schnell etwas dazu verdienen.
Internet-Flohmärkte sind ein guter Mittelweg
Kritische Leser werden sich nun die Frage stellen, ob es denn nicht trotzdem besser wäre, von vornherein faire Kleidung zu kaufen, anstelle sich für Modemarken aus zweiter Hand zu entscheiden. Gerade für junge Menschen sind die Internet-Flohmärkte aber ein guter Mittelweg. Und natürlich lässt sich darüber streiten – fest steht jedoch, dass viele Käufer der Meinung sind, es sei immer noch besser die Modeketten nicht direkt zu unterstützen, sondern sich für Kleidung zu entscheiden, die sonst vielleicht im Müll landen würde…
Und was spricht gegen den Altkleidercontainer?
Altkleidercontainer sind in jeder Stadt zu finden. Jedoch ist hierbei fraglich, ob die Kleidung auch tatsächlich dort ankommt, wo sie benötigt wird – oder ob sie sogar wieder weiter verkauft wird. Glücklicherweise kann hier nicht verallgemeinert werden, schließlich gibt es auch genug ehrliche Menschen, die sich dafür einsetzen, dass Gespendetes seinen Weg zu denjenigen findet, die es benötigen.
Ausmisten fällt leichter, wenn man etwas dadurch verdient
Erfahrene Online-Verkäufer berichten, dass es ihnen leichter fällt, regelmäßig auszusortieren und sich zu fragen: „Brauche ich das wirklich noch?“ Katharina Ebers macht unter einem Pseudonym auf der Internetplattform kleiderkreisel.de ihre getragenen Klamotten zu Geld.
Die Studentin hat, seitdem sie regelmäßig aktiv ist, plötzlich mehr Platz auf der Kleiderstange. „Und das, obwohl ich auch immer wieder Schnäppchen auf der Seite finde und so selbst zur Käuferin werde.“ Ihr ist dadurch bewusst geworden, dass ein Großteil ihrer Kleidungsstücke nur Platz weggenommen hat, jedoch nie das Tageslicht erblicken würde. „Ich war nie einer der Menschen, der Trends hinterherjagt und jede Saison massenweise Zeug kauft.“
Irgendwann hat die 24-Jährige damit angefangen, sich mehr mit dem eigenen Konsumverhalten auseinanderzusetzen. „Ich hab mich gefragt: Benötige ich das wirklich noch? Habe ich das Teil eigentlich jemals getragen? Die Antwort fiel in den meisten Fällen gleich aus.“ Von einigen Sachen konnte sie sich trotzdem nicht sofort trennen.
„Natürlich hängen oft auch Erinnerungen an bestimmten Klamotten. Wenn ich nicht sicher bin, ob ich das Teil wirklich weg geben möchte, kommt es in die Testphase: Ich hänge es einfach auf einen andersfarbigen Bügel. Sollte ich es tragen, hänge ich es anschließend auf einen normalen Bügel – wenn dies nach drei Wochen immer noch nicht geschehen sein sollte, hab ich meist schon meine Antwort. Die Tatsache, dass ich daran verdienen kann, erleichtert die Trennung ungemein“, berichtet Katharina.
Die eigenen „Schrankverstopfer“ zu Geld machen
Fazit: Es gibt also viele Möglichkeiten, günstige wie ansprechende gebrauchte Kleidung zu finden – oder aber die eigenen „Schrankverstopfer“ zu Geld zu machen. Egal, ob man nun Gefallen daran findet, an Flohmärkten teilzunehmen oder doch lieber die Vorzüge des Internets nutzen möchte – Wege gibt es genug. Natürlich muss man unter Umständen etwas mehr Zeit (dafür aber weniger Geld!) investieren, doch viele werden merken: am Ende lohnt sich der Aufwand…
Malin Schmidt-Ott
Aktiv sein!Auch, wenn es anfangs anstrengend klingt: je aktiver man ist, desto schneller wird man auch etwas verkaufen. Denn nur, wer schnelle Antwortzeiten hat oder regelmäßig neue Kleidung einstellt, wird Käufer finden.
Regelmäßig ausmisten!
Wer immer wieder neue Kleidung einstellt, ist automatisch aktiver. Außerdem kann man so mit den Jahreszeiten gehen und die Sachen einstellen, die derzeit beliebt sind.
Ausführlich sein!
Der Text zur Beschreibung des Kleidungsstückes sollte so formuliert werden, dass möglichst viele Begriffe darin auftauchen. Anstatt nur Oberbekleidung zu schreiben, besser verschiedene Wörter wählen: Pullover, Sweatshirt, Oberteil oder Pulli sind beispielsweise Synonyme, die von Käufern gesucht werden.
Genaue Angaben machen!
Fotos sollten bestenfalls bei Tageslicht aufgenommen werden, dazu reichen eine einfache Kamera oder das Handy. Sollte ein Kleidungsstück anders ausfallen, als angegeben, sollte dies in die Beschreibung geschrieben werden. Auch eventuelle Tragespuren oder kleine Mängel sollten für den Käufer einsehbar sein – das ist nur fair und wird sich spätestens in den Bewertungen widerspiegeln.