Rachel. Für die zahlreichen Wanderer, die bei schönstem Sommerwetter den Bayerwaldberg Rachel „erwandern“ wollen, stehen derzeit keine Einkehrmöglichkeiten bereit. Glücklicherweise soll sich das schon bald ändern. Die Racheldiensthütte liegt in den letzten Renovierungszügen und soll Mitte August unter neuer Leitung wieder eröffnen. Das Waldschmidthaus hat seit einiger Zeit geschlossen, doch, wie dessen (Noch-)Eigentümer Hans Genosko aus Spiegelau gegenüber dem Onlinemagazin da Hog’n erklärt, soll ein Verkauf an den Nationalpark Bayerischer Wald in Kürze über die Bühne gehen. Park-Sprecher Gregor Wolf teilt dazu mit: „Die Nationalparkverwaltung befindet sich derzeit in konkreten Ankaufsverhandlungen mit dem Eigentümer des Waldschmidthauses.“
Das Waldschmidthaus, keine 20 Minuten Fußweg vom Gipfel des Rachels entfernt, kann auf eine ereignisreiche Vergangenheit zurückblicken. 1912 ist das Gebäude von der Waldvereinssektion Spiegelau erbaut worden. „Finanziert wurde das Ganze durch Darlehensscheine“, weiß Hans Genosko zu berichten. Sein Großvater, ein Fuhrunternehmer, erwarb das Objekt zehn Jahre später – in einem arg sanierungsbedürftigen Zustand. „Nach dem Ersten Weltkrieg hatte die Waldvereinssektion nicht das nötige Geld, um das Waldschmidthaus zu renovieren. Deshalb hat sich mein Opa dazu entschlossen, die Wiederinstandsetzung zu übernehmen.“ Mehr als 100 Jahre kümmerten sich die Genoskos um das Haus, versorgten dort hungrige und durstige Wanderer mit allerlei Spezialitäten.
„Ganz oben, unterm Dach, haben wir geschlafen“
Hans Genosko ist im Waldschmidthaus aufgewachsen, verbrachte knapp 45 Jahre wenige Meter unterhalb des zweihöchsten Gipfels des Bayerischen Waldes. „Im Erdgeschoss war die Gaststube, im ersten Stock gab es einige Gästebetten – und oben, unterm Dach, haben wir geschlafen“, erinnert er sich. Die Beherbergung von Gästen ist in der Zwischenzeit untersagt worden – gewisse Brandschutzvorgaben können im ausschließlich aus Holz bestehenden Gebäude nicht eingehalten werden. Und auch die Genoskos haben sich vom Rachel verabschiedet. „Wir sind mittlerweile einfach zu alt für den Betrieb“, macht der 71-jährige, der das Wirtshaus auf über 1.300 Metern in mittlerweile dritter Generation geführt hatte, deutlich. In den vergangenen Jahren, als das Waldschmidthaus noch offen stand, betreute ein Pächter die Gäste. „Natürlich ist viel Herzschmerz mit dabei, wenn ich daran denke, dass wir’s hergeben müssen. Doch wir haben uns darauf geeinigt, dass es der Nationalpark übernehmen wird. Genaueres kann ich noch nicht sagen.“
Davon, dass die Berggaststätte in den vergangenen Jahren ausschließlich während des Sommerhalbjahres benutzt wurde, berichtet Nationalpark-Sprecher Gregor Wolf. „Heuer wurde es jedoch nicht aufgesperrt.“ Eine Situation, mit der der Nationalpark alles andere als zufrieden war. „Die Nationalparkverwaltung würde es sehr begrüßen, wenn das Waldschmidthaus wieder für die Bewirtung unserer Wanderer zur Verfügung stehen würde. Wie an Falkenstein und Lusen auch, sehen wir ein Schutzhaus auf unseren drei Hauptgipfeln als Einrichtung, die es zu fördern gilt und die wichtig für die touristische Nutzung ist.“ Auch Hans Genosko wäre froh, wenn das Waldschmidthaus wieder reaktiviert wird – auch wenn es sich dann nicht mehr im Besitz seiner Familie befindet. „Hauptsache, es geht weiter.“
Racheldiensthütte: „Der Betrieb soll Mitte August starten“
Etwas weiter vorangeschritten ist man mit den Planungen rund um die Racheldiensthütte. Wie bereits berichtet, wird das Gebäude, das sich nur einen Steinwurf weit vom Waldschmidthaus entfernt befindet, derzeit von dessen Eigentümer (Nationalpark Bayerischer Wald) renoviert. „Mit dem Einbau der Küche ist der letzte große Meilenstein geschafft. Nun werden nur noch Kleinigkeiten erledigt. Der Betrieb soll Mitte August starten“, berichtet Gregor Wolf. Beste Rahmenbedingungen also für den neuen Pächter Hans Wichtl, der in Riedlhütte seit 1994 das gleichnamige Gasthaus „Zum Wichtl“ betreibt.
Gegenüber dem Onlinemagazin da Hog’n erklärt der 52-Jährige: „Ich wollte immer schon mal eine Berghütte betreiben – und hatte bereits mit dem Gedanken gespielt, das Wirtshaus auf dem Falkenstein zu mieten, was ich dann aber aufgrund der Entfernung wieder verworfen habe. Nun, da die Racheldiensthütte – also ein Objekt in unmittelbarer Nachbarschaft – zu pachten ist, habe ich sogleich zugeschlagen.“ Direkt vor Ort will der erfahrene Gastronom am 14. August die Wanderer mit bayerischen Spezialitäten versorgen. Dazu zählen sowohl Brotzeiten als auch warme Gerichte. Künftig soll auch die bis dato bewährte Selbstbedienung wegfallen. „Ich werde oft selber oben sein“, verdeutlicht Wichtl, der den Pachtvertrag – zu einem gewissen Grundbetrag komme eine Umsatzbeteiligung hinzu – als „human“ bewertet.
„Nicht umsonst haben wir einen hohen Betrag in die Hütte gesteckt“
„Die Racheldiensthütte ist und bleibt ein sehr wichtiger Baustein in unserer Nationalpark-Infrastruktur. Nicht umsonst hat die Nationalparkverwaltung einen sehr hohen Betrag – ca. 875.000 Euro inklusive Elektrifizierung – in die Sanierung der Hütte gesteckt. Wir freuen uns, dass der Betrieb nun – nach einer reibungslosen Baustellenabwicklung unter Federführung des Staatlichen Bauamts Passau – wie geplant starten kann“, verdeutlicht Gregor Wolf. Die Racheldiensthütte wird also schon bald wieder ihre Pforten öffnen – auch für das Waldschmidthaus besteht wieder Hoffnung. Gute Nachrichten für alle Wanderfreunde, die beim Erklimmen des Rachels eine Einkehr miteinplanen.
Helmut Weigerstorfer