Chamerau. Im Social Web gibt’s so manche Geschichte, die über Nacht viral geht, wie man heute so schön sagt. Das heißt: Ein Facebook-Post interessiert und erreicht binnen eines relativ kurzen Zeitraums immer mehr und mehr Leute. Er wird innerhalb weniger Stunden hundertfach, ja tausendfach geteilt, kommentiert und geliked.
Seine Reichweite steigert sich dadurch nahezu exponentiell. So geschehen ist dies jüngst auf der Facebook-Seite „Mystischer Bayerischer Wald“, die vom bekannten Regener Hobby-Brauchtumsforscher, -Mythologen und Buch-Autoren Sepp Probst betreut wird, der auch schon in Zusammenarbeit mit dem Hog’n eine zehnteilige Mystik-Serie über den Woid und seine Sagen veröffentlichte.
Mehr als 2.200 Reaktionen, über 1.300 Teiler und mehr als 4.700 Kommentare (Stand: 28.06.) hat sein Post von der „Weißen Frau bei Chamerau“ innerhalb der letzten 36 Stunden hervorgerufen. Die Reichweite beläuft sich mittlerweile auf mehr als eine Million Personen, die den Beitrag gesehen haben. Die Fanzahl seiner Seite kletterte von 17.000 auf aktuell über 21.800.
Sage um „weiße Frau“ hat schon vielen Schrecken bereitet
Fast jeder kennt sie, die Legende von der weißen Frau, die entweder am Straßenrand wartet oder bei so manchem auch schon mal auf der Rücksitzbank im Auto Platz genommen hat und ein Stückchen mitgefahren ist. Sie wird nicht nur immer wieder mal in der Gegend um Chamerau im Landkreis Cham gesichtet, sondern auch an anderen Orten im Bayerischen Wald. Ein sagenumwobenes Phänomen, das bereits über viele Jahrzehnte hinweg „existiert“ und dessen Sage schon vielen Waidler-Generationen kalte Schauer über den Rücken jagte.
Diese schildert Hobby-Mythologe Sepp Probst wie folgt:
„Wenn man auf der B85 von Viechtach aus in Richtung Cham fährt, soll kurz vor Chamerau eine weiße Frau umgehen. Diese Sagengestalt soll plötzlich auf der Rücksitzbank in den Autos erscheinen.
Eine junge Frau fuhr einmal allein im Auto diese Strecke und bekam kurz vor Chamerau ein beklemmendes Gefühl, als wenn plötzlich jemand hinter ihr auf der Rückbank sitzen würde. Als sie in den Rückspiegel schaute, sah sie eine weiß-gekleidete Frau, mit schneeweißen Haaren und ganz blassem, gruseligem Gesicht auf dem Rücksitz. Sie hatte das Aussehen einer Toten. Die Fahrerin erschrak, verriss das Lenkrad und fuhr in den Straßengraben. Nach dem das Auto im Graben gelandet war, war auch die Frau auf dem Rücksitz verschwunden.
In dieser Gegend passieren viele Unfälle, bei denen ohne besonderen Grund Autos von der Straße abkommen – viele überleben diese Unfälle nicht.“
Sagen wie diese hat Probst in seinem Buch „Mystischer Bayerischer Wald“ gesammelt. Auch in seinem nächsten, im Herbst erscheinenden Werk „Woid Mythen“ will Probst nochmals näher auf den Mythos um die weiße Frau eingehen. Freilich muss so ein Buch auch entsprechend bebildert werden, weshalb er sich jüngst mit den „Woid Krampal“ – eine Rauhnachts- und Krampusgruppe aus dem Landkreis Regen – zusammengetan hat, um möglichst authentische Aufnahmen zu machen. Das Model, das sich als weiße Frau verkleidet an den Straßenrand stellte, ist Krampal-Mitglied Julia Kilger.
Die „weiße Frau“, die den nahenden Tod anmeldet
Um die weiße Frau, die laut Mythos den nahenden Tod „anmeldet“, rankt sich ein weitere Sage, die Sepp Probst zu berichten weiß:
„Eine Gruppe Jugendlicher fuhr morgens mit dem Schulbus von Lederdorn nach Cham in die Schule. Ein Mädchen erschrak auf einmal und erzählte ihren Mitschülern, dass sie am Straßenrand eine alte Frau, weiß gekleidet
und mit weißem Haar gesehen habe. Die Mitschüler glaubten ihr nicht, da sie sonst keiner im Bus gesehen hatte – und was würde in aller Frühe eine alte Frau am Straßenrand schon machen?Als ein paar Jahre später das Mädchen den Führerschein machte, fuhr sie in der Nacht von Viechtach Richtung Patersdorf. Auf der Höhe Ayrhof hatte sie einen tödlichen Unfall. Das Seltsame an dieser Geschichte: Sowohl die Strecke Viechtach-Patersdorf und Lederdorn-Cham ist für das Erscheinen jener weißen Frau bekannt. Wer sie sieht, hat einen Unfall. Hatte sich die weiße Frau dem jungen Mädchen schon vor Jahren angekündigt?“
Wie viele Likes, Kommentare und Teiler der Post von der weißen Frau bei Chamerau in den nächsten Tagen noch erhalten wird, bleibt abzuwarten. Feststeht, dass der Mythos nun nicht mehr allein im Bayerischen Wald „beheimatet“ ist, sondern nach Sepp Probsts Viral-Hit einmal um die ganze Welt gereist sein dürfte…
Stephan Hörhammer