Passau. Der geplante Bau der Passauer Nordtangente, die überhand nehmende Flächenversiegelung im Landkreis Passau sowie der bis dato ausstehende Regelbetrieb der Ilztalbahn zwischen Freyung und der Dreiflüssestadt – mit all diesen Themen hat sich Grünen-Kreisrat Toni Schuberl in jüngster Vergangenheit intensiv auseinandergesetzt und sich deswegen insbesondere mit dem Passauer Landrat Franz Meyer teils heftige Wortgefechte geliefert. Im folgenden Gespräch mit dem Onlinemagazin da Hog’n (aufbauend auf dem ersten Interview) wirft der 34-Jährige einen umfassenden Blick auf jene drei Kernthemen und schildert den jeweiligen Stand der Dinge – aus seiner Sicht.
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„Ob sie kommt oder nicht, könnte also am Ende vielleicht doch noch der Wähler entscheiden.“ Kreisrat Toni Schuberl auf die Frage, ob die Nordtangente kommen wird oder nicht.
Stichwort: Nordtangente Passau. Was ist der Stand der Dinge? Und: Kommt sie oder kommt sie nicht?
Stand der Dinge ist: Die Nordtangente ist im Bundesverkehrswegeplan aufgeführt, sie ist beschlossen worden von Schwarz-Rot. Sie muss nun im Detail geplant werden – vorgesehen sind elf Jahre Planungszeit -, was der Freistaat Bayern macht. Da haben wir Passauer nicht viel mitzureden. Und wie das staatliche Bauamt Passau so plant, das wissen wir ja… da entstehen gerne mal Monsterkreuzungen und Riesenbauwerke. Den Bau der Nordtangente wird man vermutlich nicht gerichtlich verhindern – das werden wir nur verzögern können.
Wenn aber die Politik merkt – und darin sehe ich gerade meine Aufgabe -, dass die Bürger dieses Bauwerk nicht wollen und sich dies entsprechend im Wahlverhalten niederschlägt, wie es beispielsweise beim Donau-Ausbau der Fall war, dann wird eine Seehofer-CSU dieses Projekt nicht mehr mit der Brechstange durchziehen. Das heißt: Das Kind ist noch nicht komplett in den Brunnen gefallen, aber es ist gerade am Ersaufen… Ob sie kommt oder nicht, könnte also am Ende vielleicht doch noch der Wähler entscheiden.
„Das scheinbar lukrativste und sinnvollste Straßenbauprojekt…“
Sie haben eine Klage gegen den Bau der Nordtangente eingereicht – was beinhaltet diese genau?
Das Dubiose an der Nordtangente: Alle vor Ort wissen, dass sie nicht viel bringen wird. Es gibt zu viel Verkehr, der nach Passau hinein will, doch das verkraftet die Stadt nicht. Wieso baue ich also eine Straße, die außen herumführt? Das ist unsinnig! Derjenige Verkehr muss reduziert werden, der in die Stadt hineinführt. Das kann man etwa dadurch schaffen, dass nicht noch weitere Parkplätze in der Stadt entstehen, sondern die vorhandenen abgebaut bzw. teurer gemacht und bessere Verkehrsanbindungen mittels Bus und Bahn geschaffen werden.
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„Das Dubiose an der Nordtangente: Alle vor Ort wissen, dass sie nicht viel bringen wird“, sagt Grünen-Kreisrat Toni Schuberl. Montage: BUND Naturschutz in Bayern e.V. Kreisgruppe Passau
Stichwort: Ilztalbahn. Stichwort: Stadtbusse mit Park-and-Ride-Möglichkeiten, die an den Verkehrsbrennpunkten eingesetzt werden. Wenn all diese Maßnahmen parallel umgesetzt werden, wird der Verkehr zur Rush-Hour am Passauer Anger spürbar weniger. Den Stau zur Rush-Hour kann man nur innerhalb der Stadt Passau beheben – nicht mit einer Nordtangente…
Im Bundesverkehrswegeplan behauptet die Bundesregierung: Der Anger werde durch die Nordtangente um zehn Prozent entlastet: Von prognostizierten 30.000 Fahrzeugen würden also 3.000 auf die Nordtangente umgeleitet. Des Weiteren besagt der Plan, dass die Lkw-Reduzierung quasi nicht darstellbar sei, weil sich die Zahl unter 1.000 bewegt. Außerdem steht drin, dass dieses Projekt keine Raumwirksamkeit hat. Und zuletzt heißt es: Wir bauen sie aufgrund des hohen Kosten-Nutzen-Faktors. Dabei steht ein Nutzen von 990 Millionen Euro einem Kostenbetrag von 50 Millionen Euro gegenüber, heißt es. Bei der Nordtangente handelt es sich also vermutlich um das scheinbar lukrativste und sinnvollste Straßenbauprojekt des gesamten Verkehrswegeplans …
Doch: Woher kommt die Zahl von 990 Millionen Euro eigentlich? Das haben sich schon ein paar Leute im Kreis Passau gefragt. Doch keiner weiß, von welchen Zahlen die Bundesregierung ausgeht. Bei einer Nachfrage, von welchen aktuellen Verkehrszahlen für die Berechnungen ausgegangen wird, lautet die Antwortet stets: Die Ergebnisse der Bewertung seien im Internet zu finden, die Methoden könnten im Methodenhandbuch nachgelesen werden. Das ist keine Antwort…
„Das ist feig und gehört angesprochen gegenüber dem Wähler“
Interpretieren Sie dies als Blockadehaltung seitens der Regierung?
Absolut. Ich wollte die Zahlen haben, bevor das Projekt durch den Bundestag ging. Doch ich wurde hingehalten. Der nächste logische Schritt deshalb: Ich musste die Sache einklagen, um die mir verweigerten Zahlen zu bekommen. Ich habe also einen Antrag gestellt – und einen Ablehnungsbescheid bekommen. Gegen diesen habe ich Widerspruch eingelegt, woraufhin ich einen Widerspruchsbescheid erhalten habe. Und gegen diesen Widerspruchsbescheid habe ich beim Verwaltungsgericht Berlin Klage erhoben. Danach hat es wieder Monate gedauert, bis ich eine Antwort von Seiten der Bundesregierung erhalten habe. Und die ernüchternde Antwort lautete: Es liegen keine Zahlen vor. Mir wurde auf 17 Seiten erklärt, warum meine Klage unbegründet sei – das Hauptargument lautet: keine Zahlen rausgeben zu können, die nicht vorliegen.
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„Wird da gewürfelt?“ Grünen-Kreisrat Toni Schuberl wundert sich über die Zahlen-Akrobatik der Bundesregierung.
In meiner Antwort darauf habe ich nun nochmals breit ausgeführt, dass man nicht auf eine Höhe von bis zu 25.000 Fahrzeugen pro Tag auf jener Nordtangente kommen könne, wenn dafür keine vor Ort erhobenen Zahlen zugrunde liegen. Wird da gewürfelt? Denn in dem Schreiben heißt es explizit: Dem Bundesverkehrswegeplan liegen keine vor Ort erhobenen Verkehrszahlen zugrunde… Langsam glaub ich’s auch, denn das erklärt, wie man auf eine solche Zahl kommt (lacht).
Das Problem: Der Bundestag ist für den Beschluss und die Finanzierung der Bundesstraßen zuständig. Die Planung und Umsetzung machen die Länder. Deshalb hat die Bundesregierung nicht die Manpower, um Planungen, Verkehrszählungen und Bewertungen durchzuführen. Deshalb macht das eigentlich der Freistaat Bayern. Und dieser hat irgendwann mal beschlossen, er will diese Nordtangente. Das hat u.a. der Herr Scheuer durchgesetzt. Ein Herr Scheuer, der dann nicht einmal den Mumm hat, dass er im Stadtrat ebenfalls dafür stimmt. Er und der gesamte Stadtrat haben gegen diejenige Trassenführung gestimmt, die die Staatsregierung gemeldet hat. Das ist feig. Das gehört angesprochen gegenüber dem Wähler. Das ist wichtig.
Meine Klage werde ich juristisch betrachtet voraussichtlich deshalb verlieren, weil ich auf die Herausgabe von Zahlen klage, die dem Ministerium nicht vorliegen. Wenn keine Zahlen da sind, kann das Ministerium sie nicht herausgeben – logisch. Doch alleine die Aussage, die ich bekommen habe, dass das Ministerium keine vor Ort erhobenen Zahlen hat, war die Sache schon wert… (lacht).
„Die Problematik ist nun bekannt – das ist ein Erfolg“
Zum Thema Flächenversiegelung gab es jüngst große Diskussionen zwischen Ihnen und dem Passauer Landrat. Sind Sie und Herr Meyer mittlerweile wieder im Reinen?
Ich war ihm nie richtig böse. Ich denke, dass er persönlich auch kein Problem mit mir hat. Ich glaube sogar, dass wir uns gegenseitig schätzen. Das war ein klassischer Streit auf politischer Ebene. Seitdem ist er mir auch nicht unsachlich gekommen. Wir sind in vielen Punkten Gegner. Und wir sind meist nur in den Punkten einer Meinung, bei denen alle einer Meinung sind.
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„Das war ein klassischer Streit auf politischer Ebene“, sagt Toni Schuberl über seinen Disput mit Passaus Landrat Franz Meyer. Foto: LRA Passau
Welches Fazit ziehen Sie aus der Auseinandersetzung mit Landrat Meyer?
Es ist noch nicht vorbei. Positiv war: Wir haben Gehör in der Bevölkerung gefunden. Das merke ich immer wieder, weil die Bevölkerung hier überwiegend auf unserer Seite steht. Wir können das nur noch nicht in Wählerstimmen ummünzen, sonst würde sich die CSU bewegen.
Das Thema Flächenfraß ist nun bei den anderen Politikern im Landkreis schon auch ein Thema. Die Problematik ist nun bekannt – das ist ein Erfolg. Ob sich dies irgendwann in aktive Politik umschlägt und etwa ein Landkreis-Bürgermeister bei gewissen Ausweisungen von Vornherein darauf schaut, dass er weniger Fläche verbraucht, ist meine Hoffnung. Es ist jedenfalls wichtig, dieses Thema am Laufen zu halten. Wenn wir also ein Bewusstsein dafür schaffen, wird sich wahrscheinlich über kurz oder lang etwas ändern.
„Dort, wo die CSU herrscht, ist Naturschutz ein Luxusthema“
Stichwort: Teerskandal. Wie unendlich ist diese Geschichte eigentlich?
Ich hoffe, dass sich auch hier etwas ändern wird – Landrat Meyer hat zumindest versichert, dass er sich dafür einsetzt. Die Geschichte wird noch weite Kreise ziehen, da noch gar nicht bekannt ist, wo überall das belastete Material verbaut wurde – und was das alles kosten wird. Der Ausbau in diesem einen Hof bei Hutthurm kostet den Landkreis allein eine Million Euro. Es gibt aber noch 16 weitere bekannte Fälle im Passauer Land, wo der Verdacht besteht, dass pechhaltiges Material verbaut worden ist. Und es gibt bestimmt auch in anderen Landkreisen weitere Fälle. Und flächendeckend in ganz Bayern. Weil hier manche Unternehmen den großen Reibach gemacht und andere weggeschaut haben.
Warum hat wer in dieser Angelegenheit versagt?
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„Zum betroffenen Hof im Gemeindebereich Hutthurm lässt sich feststellen, dass bis auf eine Restfläche, zu deren Sanierung derzeit das Anhörungsverfahren mit den Beteiligten – Bauherr und Baufirma – läuft, der Großteil des Areals saniert ist. Zu weiteren Fällen im Landkreis kann erst Auskunft gegeben werden, wenn die Untersuchungen abgeschlossen bzw. die angeforderten Gutachten vorliegen…
Diese Frage möchte ich nicht eindeutig beantworten, weil ich’s nicht genau weiß. Das Landratsamt hat zu lange weggeschaut. Irgendwann hat es verstanden, dass es zu lange weggeschaut hat – und welche Dimension das Ganze angenommen hat. Wie die Behörde aktuell reagiert, ist okay: Das Landratsamt hat das Problem mitverursacht, ist aber gerade dabei, es zumindest punktuell zu lösen.
Die grundsätzliche Krux lautet: Die Belange des Naturschutzes, der Gewässerreinheit, des Flächensparens, der Artenvielfalt usw. werden zu gering geachtet, wenn es um Entscheidungen geht, bei denen auch die Wirtschaft betroffen ist. Genau dies führt zu einem Teerskandal, zur Nordtangente, zum Flächenfraß etc. Ich habe nichts dagegen, wenn man Straßen baut, die sinnvoll sind, wenn man Gewerbegebiete errichtet, die notwendig sind. Und man kann auch darüber diskutieren, wie man das mit der Teerentsorgung nun genau schafft. Doch bei uns im Landkreis und überall dort, wo die CSU herrscht, ist Naturschutz ein Luxusthema. Frei nach dem Motto: Wenn wir alles andere in trockenen Tüchern haben, machen wir ein paar Leuchtturmprojekte für den Naturschutz, die schon auch wichtig sind – aber eben nur dort.
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… Ein Zeitpunkt, wann das der Fall ist, kann derzeit nicht genannt werden. Das betrifft auch die Frage einer etwaigen Entsorgung, deren Kosten grundsätzlich vom Eigentümer bzw. Verursacher zu tragen sind. Von weiteren Fällen ist derzeit nichts bekannt“, teilt das Landratsamt Passau auf Hog’n-Nachfrage mit.
Das heißt: An der Ilz machen wir einen Flussperlmuschelschutz. Aus einem Bach, der nicht wirtschaftlich genutzt werden kann, wird ein Biberbach gemacht. Hinterm Nationalpark stehen wir auch, weil wir den Wald gerade nicht brauchen. Aber sobald irgendwo die Möglichkeit besteht, ein Gewerbegebiet auszuschreiben oder eine Straße auszuweisen, gerät der Naturschutz schnell ins Hintertreffen. Deshalb sind auch die Zahlen so verheerend: Es gibt im Landkreis Passau viel weniger Naturschutz – und sogar weniger Landschaftsschutzgebiete wie in vergleichbaren Landkreisen. Denn man will sich nichts verbauen…
Das Vertrauen, das der Landrat in die Bürgermeister hat, wie er immer wieder bekundet, habe ich nicht. Wenn ich sicher wüsste, dass die Bürgermeister den Naturschutz ernsthaft bei ihren Entscheidungen mit abwägen und sich auch mal gegen wirtschaftliche Interessen von Privatleuten zugunsten des Naturschutzes entscheiden, dann bräuchten wir die Sache mit dem Flächenfraß nicht so intensiv thematisieren und nicht fordern, dies alles gesetzlich stärker einzuschränken. Denn dann wüssten wir ja, dass man flächensparender mit der Natur umgeht. Sobald wirtschaftliche Interessen von Privatunternehmen mit betroffen sind, ist meistens klar, dass der Naturschutz den Kürzeren zieht. Das muss sich ändern. Dann passiert etwa auch ein Teerskandal nicht mehr.
„Wie soll das denn bitte gehen? Bauen wir die Gleise um?“
Stichwort: Ilztalbahn. Wie hoch schätzen Sie die Chancen dafür ein, dass der Regelbetrieb doch noch kommen wird?
Eigentlich ist es eine Mischung aus Unsinn und berechtigen Sorgen, die diesen behindert. Es darf nicht sein, dass Hutthurmer Schüler hinunter nach Kalteneck müssen, um dort in die Bahn umzusteigen und letztlich am Passauer Bahnhof wieder in den Bus zu wechseln, der sie dann zur Schule bringt. Diese Sorge besteht, die muss man ernst nehmen. Und dann gibt es ein paar Dinge, die schlichtweg unsinnig sind: etwa die Forderung, dass sich die Bahn an den Busverkehr anpassen muss. Wie soll das denn bitte gehen? Bauen wir die Gleise um? Oder wie soll diese Forderung konkret umgesetzt werden? Kann mir das mal ein Politiker näher erklären? An stündlichen Takten und Gleisverläufen kann ich nichts ändern. Aus gutem Grund steht es im Gesetz so geschrieben, dass sich der Bus der Bahn unterzuordnen hat – denn der Bus kann eine andere Straßenroute wählen.
Ein weiteres Problem: Alle Gleise gehören der Deutschen Bahn. So ein Gleis ist sehr viel wert. Und die primäre Aufgabe der privatisierten Deutschen Bahn ist es nicht, Personen zu befördern, sondern Gewinn zu erwirtschaften. Deshalb kann sie aus diesen Gleisen und den Grundstücken viel mehr Gewinn schlagen, wenn diese entwidmet werden, als wenn irgendein fremdes Unternehmen darauf Züge fahren lässt. Der Auftrag lautet: Gewinnmaximierung, nicht Personenbeförderung. Es war ein grundsätzlicher Fehler, der Bahn die Gleise zu überlassen. Die gesamte Infrastruktur hätte staatlich bleiben müssen – die Bahn als Unternehmen kann man privatisieren.
Fährt nochmal ein Zug zwischen Passau und Freyung?
Ich hoffe es. Stand der Dinge ist, dass der Regelbetrieb nicht kommt. Stand der Dinge ist auch, dass die bayerische Staatsregierung sagt, sie finanziert einen Regelbetrieb und investiert einen zweistelligen Millionenbetrag in unsere Gegend. Doch der nahezu überhaupt nicht von der Ilztalbahn betroffene Landkreis Passau blockiert dieses Vorhaben. Das Innenministerium sagt: Solange kein eindeutiges Ja kommt, werden wir hier kein Geld investieren – was ich verstehen kann.
Nun geht es um die Frage, ob der Landkreis FRG, die Stadt Passau und wir von den Grünen im Landkreis Passau als Opposition es schaffen, irgendwo die Hebel noch soweit in Bewegung zu setzen, dass sich etwas tut. Ich habe bereits den Vorschlag gemacht, die Potenzialanalyse auf eigene Faust zu finanzieren. Das kann doch für die ITB und die Kommunen, die den Regelbetrieb wollen, nicht so schwer sein, 60.000 Euro aufzubringen. Die Bayerische Eisenbahngesellschaft soll die Analyse dann durchführen. Somit brauchen wir den Landkreis Passau nicht.
Früher haben die dortigen Gegner gesagt: Die Ilztalbahn ist nichts, weil keiner damit fährt. Und jetzt wollen sie keine Potenzialanalyse, weil sie Angst davor haben, dass dabei rauskommen könnte, dass doch Leute damit fahren würden.
„Expressbusse kann sich Freyung-Grafenau nicht leisten…“
Welchen Nachteil hätte es denn für den Landkreis Passau, wenn dieses Ergebnis dabei herauskommen würde?
Der Vorteil ist, dass nicht mehr die Kommunen, sondern der Freistaat den Verkehr finanziert. Busse müssen die Kommunen bzw. Landkreise finanzieren, die Bahn wird vom Freistaat finanziert. Nun könnte man meinen: Super Geschäft! Von dieser Bahn profitiert jedoch der Landkreis Passau nahezu überhaupt nicht. Denn die Bahnhöfe im Landkreis Passau sind aus Landkreissicht nicht wichtig für die Personenbeförderung. Bei Bahnhöfen wie Kalteneck, Fischhaus oder Jacking werden nicht die großen Massen mitfahren. Das heißt: Der Landkreis Passau profitiert von der Bahn wenig, der Landkreis Freyung-Grafenau sehr viel.
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„Der Landkreis Passau hätte plötzlich Mehrkosten für sein Bussystem, da man die Freyung-Grafenauer aufgrund der Ilztalbahn nicht mehr zwingen könnte, in die Busse einzusteigen.“
Wir haben viele Buslinien im Landkreis, die eigenwirtschaftlich arbeiten. Da muss der Landkreis nichts zuschießen, weil die selbsttragend sind. Was passiert jedoch, wenn nun die Ilztalbahn eingeführt werden sollte? Dann fährt aus Freyung und Waldkirchen keiner mehr mit dem Bus nach Passau, weil den Zickzack-Kurs durch die beiden Landkreise keiner mehr mitmacht. Es fahren ja eh nur die mit, die mitfahren müssen. Und die würden dann mit der Ilztalbahn fahren. Das heißt: All die Leute aus FRG fehlen dem Busverkehr. Und ab der Landkreisgrenze bei Büchlberg/Hutthurm müsste man auf Passauer Seite dann eigene Linien aufmachen, die jedoch nicht selbsttragend sind und somit vom Landkreis bezuschusst werden müssten, da es zu wenige Passagiere gibt. Oder anders ausgedrückt: Der Landkreis Passau hätte plötzlich Mehrkosten für sein Bussystem, da man die Freyung-Grafenauer aufgrund der Ilztalbahn nicht mehr zwingen könnte, in die Busse einzusteigen.
Ich habe den leitenden Regierungsdirektor im Landratsamt, Klaus Froschhammer, darauf angesprochen und gesagt: Die Ilztalbahn zu verhindern, das bringt doch auch nichts, weil Freyung-Grafenau dann Express-Buslinien einrichten wird, die den gleichen Effekt auf unsere Buslinien wie die ITB haben werden. Darauf hat er nur gemeint: Ja, schon, aber die kann sich Freyung-Grafenau nicht leisten…
„Wenn nicht, dann geben wir’s jemand anderen…“
Könnte man den Landkreis Passau nicht einfach umgehen? Und einfach ohne Zwischenstopp bis Passau durchfahren?
Das könnte man machen, aber da spielt das Innenministerium nicht mit. In ganz Bayern buhlen die Regionen darum, diese Investitionen vom Freistaat zu bekommen. Doch es ist nur begrenztes Kapital vorhanden. Das Innenministerium sagt: Wir investieren in diese Gegend – wenn ihr wollt. Wenn nicht, dann geben wir’s jemand anderen. Das dürfte somit die erste Investition im zweistelligen Millionenbereich sein, die der Landkreis Passau ausschlägt, weil er selber keine Vorteile hat. Dass dadurch allerdings unsere Straßen entlastet würden und wir so vielleicht erst recht keine Nordtangente bräuchten, das sieht niemand – bzw. will niemand sehen…
Vielen Dank für das Gespräch – und weiterhin alles Gute.
Interview: Stephan Hörhammer und Helmut Weigerstorfer
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