Voggenberg. Den Großteil seiner Freizeit verbringt Simon Weber auf einer Lichtung zirka drei Minuten Fußweg von seinem Elternhaus in Voggenberg (Marktgemeinde Röhrnbach) entfernt. Dort kann er die Natur genießen, dort kommt er zur Ruhe. Dort ist er aber auch Herr über Zehntausende. Der 22-Jährige ist Imker aus Überzeugung. Vor sechs Jahren hat sich der junge Mann von dieser Leidenschaft anstecken lassen. Er ist sich sicher, dass die Imkerei kein Altherren-Hobby ist – wie viele meinen. Im Gegenteil. „Immer mehr junge Leute begeistern sich für Bienen. Das liegt daran, dass in dieser Generation das Naturbewusstsein wächst. Und die Bedeutung dieser kleinen Tierchen dürfte allen klar sein.“
Die gelb-schwarzen Arbeiter sind nämlich der Ursprung vieler natürlicher Produkte – und nicht nur Hersteller des Honigs. „Ohne Biene, keine Bestäubung. Ohne Bestäubung, keine Blüte. Ohne Blüte, keine Äpfel, Birnen oder Kirschen“, verdeutlicht Simon Weber. Er weiß, wovon er spricht. Trotz seiner noch jungen Jahre hat er sich bereits einiges Wissen aneignen können. Diverse Lehrgänge, Fortbildungen und Seminare hat der Voggenberger dafür besucht. Hinzu kommen unzählige Lesestunden in Fachbüchern und im Internet. Inzwischen ist Simon Weber zweiter Vorsitzender des Imkervereins Röhrnbach. Die kleinen fleißigen Tierchen bestimmen sein Leben – damit muss auch Freundin Stefanie leben, die ihn jedoch oft und gerne bei seiner Arbeit mit den Bienenvölkern unterstützt.
Simon Weber besitzt mehr als 1,5 Millionen Bienen
Längst ist der 22-Jährige kein Einzelfall mehr. Immer mehr junge Leute interessieren sich für die Vorgänge in der Natur, die die Bienen auslösen. Zugleich hat sich das Imkerwesen immer umfangreicher und detaillierter fortentwickelt. „Die Zeiten, in denen sich Landwirte die Bienen nebenbei halten können, sind vorbei“, erzählt Weber und verweist auf eine Umwelt, die sich in den vergangenen Jahren sehr verändert hat, „schwieriger“ geworden ist. Dazu zählt nicht nur die Varroa-Milbe, die immer wieder mal zehntausende Bienen dahinrafft. Auch der verstärkte landwirtschaftliche Einsatz von „Kunstdung“ auf den Wiesen und Feldern macht den Tieren zu schaffen. Erst im Vorjahr bereitete eine Krankheit seinen Bienen große Probleme – und dem Jungimker schlaflose Nächte. „Gerade noch rechtzeitig habe ich erkannt, dass ein Insektizid mit dem Namen Diazinon daran Schuld war. Leider fast schon zu spät.“ Laboranalysten hätten diesen Verdacht bestätigt – Gott sei Dank ist dieser Vorfall aber Vergangenheit, es seien keine Rückstände mehr nachweisbar.
30 Völker besitzt Simon Weber derzeit. Bei rund 50.000 Bienen pro „Stock“ ist er somit Herr über mehr als 1,5 Millionen Tierchen. Eine erstaunlich hohe Zahl, die man beim ersten Blick auf die kleinen viereckigen Kästen nur schwer nachvollziehen kann. Im Vergleich dazu erscheint der Arbeitsaufwand, den der studierte Bio- und Umwelttechniker zur Pflege seiner Völker betreibt, als relativ gering. Im Vergleich zu anderen Hobbys wie Feuerwehr oder Sportverein bringt er jedoch die meiste Zeit für seine größte Leidenschaft auf. „In der Hochphase – also zwischen Mai und September – bin ich jeden Tag am Wochenende mehrere Stunden im Einsatz“, rechnet der Mitarbeiter am Landratsamt Kelheim vor. „Unter der Woche arbeite ich auswärts, deshalb habe ich, wenn ich zu Hause bin, so einiges zu tun. Das ist aber nicht weiter schlimm. Ich mache es ja gerne.“
Neu-Beginn ohne familiäre Altlasen
Neben der Arbeitsleistung musste Simon Weber gerade zu Beginn seiner Imkerzeit auch einiges an Geld aufwenden. Eine größere Investition für einen jungen Schüler wie ihn. Andererseits ein willkommener Start in die Imkerei – ohne jegliche Altlasten. Meistens sei es nämlich so, dass Bienenvölker von Generation zu Generation weitergeben werden. Dann finden nicht nur die schwarz-gelben Tierchen einen neuen Besitzer, sondern auch die vielen Gerätschaften, die jedoch meist längst überholt sind. Bei einer solchen „Erbschaft“ käme es immer wieder mal zu Generationskonflikten, wie Simon Weber erklärt. „Das ist doch klar. Die ältere Generation hat sich das Imkerwesen meist noch selber beigebracht. Inzwischen hat sich in der Ökologie jedoch viel verändert. Und es ist dank dem Internet heute einfacher, an Informationen zu kommen.“
Der 22-Jährige ist der erste in seiner Familie, der sich für die Imkerei interessiert. Warum er sich ausgerechnet für dieses Hobby entschieden hat, kann er gar nicht mehr so richtig erklären. Bereits im Kindesalter – damals wohnte er noch in Saulorn bei Hohenau – hatte er regelmäßig seinen Nachbarn besucht, der einige Völker betreute. Mehr und mehr habe er sich in der Folge für das Thema interessiert, bis der Imkerverein Röhrnbach davon Wind bekam und ihm seinen ersten „Stock“ schenkte. „Ich bin praktisch nicht familiär vorbelastet“, sagt er und lacht. Trotzdem werden Freundin, Mama, Papa und Schwester immer wieder mal eingespannt, wenn wichtige Arbeitsschritte anstehen. Dazu zählen – vor allem im Winter – diverse Instandsetzungen von Rähmchen, Kästen und Gerätschaften. Im Sommer ist’s freilich das Schleudern des Honigs, für das er um jede helfende Hand dankbar ist.
Ganz klar eines der Highlights im Jahresverlauf – auch wenn Simon Weber seine Bienen nicht nur aufgrund ihres gelbgoldenen Endproduktes besitzt. Ihn fasziniert vor allem das Leben und Wirken der kleinen Tierchen, das Sozialsystem innerhalb eines Volkes. Nicht nur das Miteinander, die Unterteilung in verschiedene Arbeitsbereiche und die natürliche Hierarchie im Bienenstock begeistern den Jungimker. Auch die Honigproduktion ist ein komplexer und relativ aufwendiger Vorgang: Zunächst suchen die Bienen im Umkreis von bis zu drei Kilometern nach Rohstoffen, genauer gesagt Nektar. Diesen transportieren sie in ihren Stock. Im Inneren der Tierchen, in der sogenannten Honigblase, wird der Nektar weiterverarbeitet und veredelt. Danach lagern ihn die Insekten in die Waben ein und verdeckeln ihn mit frischem Bienenwachs. Dieses stammt in Simon Webers Fall vollständig aus dem eigenen Betrieb. Er möchte somit verhindern, dass seine Völker mit chemischen Komponenten aus zugekauftem, oft gepanschtem oder sogar industriell gefertigtem Wachs in Verbindung kommen.
Zur Belohnung gibt’s einen Stich
Denn diese unnatürlichen Zutaten könnten durchaus Rückstände im Honig hinterlassen. Allein an dieser Tatsache wird deutlich, dass es nicht genügt, sich Bienen zu halten und einmal pro Jahr die Ernte einzufahren. Es gibt verschiedene Honigarten und Qualitätsstufen. „Die Sortenreinheit, der Wassergehalt, die Enzymzahl und der sogenannte HMF-Wert spielen bei der Klassifizierung eine große Rolle“, weiß Simon Weber. Hinzu kommt die Unberechenbarkeit des Wetters. Ist es kalt, ziehen sich die Bienen zurück und leben von ihren Honig-Ersparnissen. Läuft alles nach Plan, sind in Extremjahren bis zu 100 Kilo der goldgelben, zuckersüßen Flüssigkeit pro Volk möglich. Seine Erzeugnisse verkauft er dann – unter anderem in einem Bioladen in Röhrnbach – und finanziert sich so sein mitunter kostenspieliges Hobby. „Reich werde ich dadurch nie“, betont Weber, dem es ohnehin nicht darum geht.
Kommt der wirtschaftliche Faktor ins Spiel, würde seine Leidenschaft verloren gehen, ist er überzeugt. Viel wichtiger als Geld sind für ihn seine Bienchen. Trotz seiner Vorsorge und Hingabe ist ihm sehr wohl bewusst, dass seine Völker nie den Status eines Haustieres einnehmen werden. „Man kann die Denkweise von Bienen nie vollkommen verstehen – sie sind einfach wilde Tiere.“ Gerade mal vier bis sechs Wochen leben die kleinen Lebewesen im Sommer. Danach sind sie von der vielen Arbeit ausgelaugt. Immerhin lassen seine kleinen Freunde ihn während dieser Zeit auch manchmal spüren, wie gern sie ihn haben. Mit einem schönen – längst nicht mehr schmerzhaften, weil gewohnten – Stich…
Helmut Weigerstorfer
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Den Jahreslauf seiner Imkertätigkeiten dokumentiert Simon Weber auf seiner eigens dafür eingerichteten Facebook-Seite (einfach klicken)