Schönberg. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt – das scheint das Motto von Günter Schon zu sein. Vor knapp 20 Jahren übernahm der Landwirt den elterlichen Milchviehbetrieb in Schönberg im Bayerischen Wald. Mittlerweile ist daraus ein riesiges Familien-Hotel geworden: mit Wellnessbereich und Erlebnisschwimmbad, mit Restaurant und Reithalle. Rund 16 Millionen Euro hat der Quereinsteiger in seinen Hotelbetrieb bereits investiert. Und Schluss ist noch lange nicht…
„Wenn man einen Marathon läuft und nach 25 Kilometern überlegt, ob man es wohl schaffen wird – dann schafft man’s nicht“, antwortet Günter Schon auf die Frage, ob er nicht manchmal Angst davor habe, dass sein „Familotel“ irgendwann nicht mehr läuft und er auf einem Berg Schulden sitzt. Er weiß, dass dieses Risiko besteht, aber er schaut lieber mit Tatendrang nach vorne und bietet seinen Gästen immer neue Attraktionen, statt sich Sorgen zu machen. „Wenn man mal fünf Jahre nix machen würde und nichts Neues anbieten könnte, würde sich die Spirale schnell nach unten drehen – wir könnten nicht mehr so viele neue Gäste anlocken“, ist sich Schon sicher.
„Selbst Leute aus Schönberg haben schon bei uns übernachtet“
Deshalb ist im vergangenen Jahr ein großes Erlebnis-Bad zum Hotel dazu gekommen, ebenso ein Wellnessbereich mit Massageräumen und Saunen. Und eine große Reifenrutsche, die sonst kein Kinderhotel hat. „Man muss immer etwas Besonderes bieten, um den Leuten aufzufallen“, weiß Jürgen Schon. Der 24-jährige Sohn des Hotelgründers hat in Deggendorf Tourismusmanagement studiert und steigt nun in den Familienbetrieb ein – mit genauso viel Tatendrang wie sein Vater.
Die neue Wasserwelt im Familotel Schreinerhof zieht sogar Gäste aus der näheren Umgebung an. „Selbst Leute hier aus Schönberg haben schon bei uns übernachtet“, schmunzelt Jürgen Schon. „Einige kommen auch aus Hengersberg, Passau oder aus ähnlich nahen Regionen.“ Denn: Wer den Bade- und Wellnessbereich des Schreinerhofes nutzen will, muss Hotelgast sein. Familie Schon hat sich entschieden, nur Hotelgäste hinein zu lassen. Denn ihre Gäste sollen hier in Ruhe baden und entspannen können – zu viel Trubel wäre kontraproduktiv.
Dass Günter Schon und sein Team so ziemlich alles richtig machen, sieht man an den Übernachtungszahlen: Mehr als 5.000 Familien kommen pro Jahr in den Schreinerhof. „2016 hatten wir eine Auslastung von 87 Prozent“, berichtet Jürgen Schon. „Deutschlandweiter Durchschnitt sind etwa 60 Prozent.“ Der Schreinerhof zählt demnach durchaus zu den besonders erfolgreichen Unternehmen in der Hotelbranche.
„Mit unseren Posts erreichen wir bis zu einer Million Menschen“
Und das nicht wegen, sondern eher trotz seiner Lage im Unteren Bayerischen Wald, da ist sich Armin Biebl ziemlich sicher. Er ist seit sieben Jahren im Schreinerhof für das Marketing und die Kundenwerbung zuständig, ist mit der Zeit zur rechten Hand der Betreiber-Familie geworden. In Sachen Tourismus bemängelt er an der Region, dass es kein gemeinsames Auftreten, kein gemeinsames Konzept nach außen hin gebe: „Wir haben ein Begriffschaos rund um den Bayerischen Wald geschaffen: Da gibt es den Nationalpark, die Ferienregion Nationalpark, den Tourismusverband Ostbayern, das Ilzer Land und so weiter.“ Wer als Tourist in den Bayerischen Wald kommen wolle, sei da erst einmal total verwirrt, sagt er.
Deshalb ist es im Fall des Familotels Schreinerhof wohl meist nicht so, dass die Urlauber sich zuerst für die Urlaubsregion Bayerischer Wald entscheiden und dann auf den Schreinerhof als Unterkunft stoßen – sondern dass sie den Schreinerhof im Internet entdecken und ihn als Urlaubsziel auswählen. Die Attraktionen des Bayerischen Waldes erleben sie dann eher nebenher.
Zudem sei da Woid nach wie vor eher als Billig-Urlaubsregion bekannt, meint Armin Biebl. Mit Zimmerpreisen zwischen 125 und 230 Euro pro Person und Nacht gehört der Schreinerhof definitiv zu den teureren Unterkünften in der Region. Doch gerade die Betriebe, die zwar von ihren Gästen einen höheren Preis verlangen, dafür aber sehr viel bieten, laufen derzeit besonders gut. „Das sieht man auch an anderen Beispielen wie dem Reischlhof, dem Jagdhof oder dem Hüttenhof„, erklärt Biebl.
Dass der Schreinerhof so bekannt ist und von so vielen Gästen gefunden wird, liegt unter anderem auch an den sozialen Medien: knapp 72.000 Facebook-Fans hat das Familienhotel mittlerweile. „Mit unseren Posts erreichen wir teilweise bis zu einer Million Menschen“, berichtet der Werbefachmann des Hotels. Facebook sei daher die wichtigste Werbemaßnahme.
Ein weiterer Pluspunkt für das Hotel ist die Mitgliedschaft in der Kette „Familotel„. In den Werbeprospekten und im Internet rührt die Aktiengesellschaft die Werbetrommel für alle angeschlossenen Hotels.
„Viele haben im Vorfeld gesagt: Das funktioniert nicht“
Um ein Familotel-Hotel werden zu können, hat Günter Schon sich vor gut zehn Jahren dort um eine Mitgliedschaft beworben. Er durfte zwei Jahre Probemitglied werden, obwohl es sich damals beim Schreinerhof noch keineswegs um ein Hotel im engeren Sinne handelte: Es gab 16 Ferienwohnungen auf dem Bauernhof von Familie Schon. Kurz nachdem er die Landwirtschaft übernommen hatte, baute Günter Schon einen ehemaligen Kuhstall und Heuspeicher zu Ferienwohnungen um. Dazu bot er bereits Kinderbetreuung an, Grillnachmittage sowie eine Rundum-Verpflegung für die ganze Familie. In der Küche stand er damals noch selbst.
Mit der Aufnahme in die Familotel-Kette kam dann die erste größere Erweiterung: Die Schons errichteten einen Hoteltrakt mit 21 Appartements, einem Restaurant, Schwimmbad und Sauna. Eine Investitionssumme von drei Millionen Euro war ursprünglich geplant – am Ende wurden daraus viereinhalb Millionen. Als Günter Schon den Kreditvertrag bei der Bank unterschrieb, war ihm die Dimension seines Vorhabens durchaus bewusst: „Der Bürgermeister hat mich damals gefragt: ‚Hast Du Dir das gut überlegt?‘ Und viele haben im Vorfeld gesagt: Das geht nicht, das funktioniert nicht.“ Das große Risiko, das er einging, zeigte sich vor allem darin, dass seine Mutter für den Kreditvertrag ihren Austrag als Bäuerin zurücknehmen musste. Der Hof wurde mit einer Pfandbeleihung belastet. Wäre etwas schief gelaufen, hätte sie alles verloren, für das sie ein Leben lang gearbeitet hatte. „Da macht man sich nachts dann schon so seine Gedanken“, gibt der Hotelier zu. Er war sich jedoch sicher, dass sein Vorhaben funktioniert – und er hat Recht behalten.
Seit 2012 ist das Hotel weiter gewachsen und zählt derzeit 67 Appartements und Suiten zu seinem Inventar. 16 Millionen Euro an Investitionen stecken mittlerweile im kompletten Betrieb. Es gibt eine 800 Quadratmeter große Kinderwelt mit zahlreichen Spielmöglichkeiten, dazu Betreuungsangebote für Buben und Mädchen jeden Alters. Ein großes Restaurant versorgt mit All-Inclusive-Verpflegung seine Gäste. „Wir bieten ein Rundum-Sorglos-Paket“, bringt es Jürgen Schon auf den Punkt. Während die Eltern Wellnessangebote wie den Naturbadesee genießen, können die Kinder sich in der Obhut eines ausgebildeten Betreuerteams austoben.
Günter Schon hat viel für seinen Traum vom Familienhotel getan. In seiner Anfangszeit als Hotelbetreiber hatte er sich mehr als zwei Dutzend anderer Familotels angeschaut und dort mitgearbeitet, um Input aus erfahrenen Betrieben zu bekommen. Zahlreiche Fortbildungsmaßnahmen haben den Landwirt schließlich zum Hotelprofi gemacht. „Man wächst mit seinen Aufgaben“, ist er sich sicher. Von der Buchhaltung her gebe es durchaus Parallelen zwischen einem Hotel und einem landwirtschaftlichen Betrieb. Der Schönberger hat mittlerweile zahlreiche Mitarbeiter angestellt, die wiederum Experten auf ihrem jeweiligen Gebiet sind. Und zwei Söhne, die im Hotel- und Tourismusgewerbe ihre Ausbildung gemacht haben. Denn auch Jürgens Bruder hat eine Hotelfach-Ausbildung absolviert – in einem Konkurrenz-Betrieb.
Nach wie vor nicht nur ein Hotel, sondern auch Bauernhof
Günter Schon tut weiterhin einiges dafür, um in der Reihe der Familotels hervorzustechen. Er reist regelmäßig durch ganz Europa und macht sich ein Bild von der Konkurrenz. Was ihm besonders gefällt, setzt er dann im eigenen Betrieb um. Einen Panorama-Pool auf dem Dach zum Beispiel. Oder eine Außensauna samt Naturbadeteich davor.
Der Schreinerhof ist bei all der Wellness für die Großen und Animation für die Kleinen trotzdem ein Hotel geblieben, in dem Kinder auch das Leben auf dem Bauernhof erkunden können: Im Stall stehen nach wie vor 40 Kühe. Hier können die Buben und Mädchen mithelfen beim Ausmisten, Traktor fahren, Hasen streicheln, Schweine und Hühner füttern und vieles mehr. Nebenan gibt es für alle Pferdefans die große Reithalle. Und im Restaurant bietet Familie Schon das Fleisch ihrer eigenen Rinder an: Statt auf Milchvieh setzen sie seit Jahren auf Mutterkuhhaltung. Sie haben sich einen edlen Stier für ihre Herde gekauft: Ein Kobe-Rind, eines der edelsten Rinder auf dem Markt.
Hört sich an, als gäbe es auf dem Schreinerhof bereits alles, was das Urlauberherz begehren kann. Aber Familie Schon hat noch viele weitere Ideen – die Pläne liegen bereits in der Schublade. 40 neue Appartements, ein Kino, eine Turnhalle, Einkaufspassagen und ein zusätzliches Restaurant schwirren in den Köpfen der Schons herum. Das alles sollte eigentlich in Bälde dort entstehen, wo momentan eine Kreisstraße direkt am Hoteleingang vorbei führt. Geplant war, diese Straße zu verlegen. Mit den Verantwortlichen in Gemeinde und Kreis war alles besprochen – doch am Ende klappte es nicht.
Und jetzt? „Wir stecken den Kopf nicht in den Sand“, sagt Günter Schon. Wenn es wirklich keinen Weg geben sollte, die Straße zu verlegen, dann müsse man eben umplanen. Zahlreiche andere Modelle seien in Arbeit. Das ist es, was die Unternehmerfamilie Schon von vielen anderen unterscheidet: Sie jammern nicht über Politiker, widrige Umstände oder mangelnde Unterstützung von Tourismusverbänden. Sie suchen eigene Lösungen.
Sabine Simon
Ja, es ist erstaunlich was da entstanden ist. Hier zeigt sich wieder einmal, was Fleiß und Wagnis alles bewirken kann.
Wollen wir hoffen, dass in Deutschland und vor allem in Bayern die gute Infrastruktur weiter wächst und dass die gute wirtschaftliche Lage noch lange an hält. Vertrauen wir auf unsere Volksvertreter, die dies alles erst ermöglicht haben.