Freyung/Plattling. „Streit zwischen zwei Syrern endet in Messerstecherei – Kripo Straubing ermittelt wegen des Verdachts eines versuchten Tötungsdeliktes“ (9. Mai). „Einsatzaufkommen in Asylbewerberunterkünften in Plattling und Freyung“ (5./7. Mai). Sexualdelikt in Asylbewerberunterkunft – Kripo Deggendorf ermittelt“ (11. April). „Tritte gegen Kopf – Kripo Landshut ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung“ (11. März). „Tätliche Auseinandersetzung in Asylbewerberunterkunft – Kripo Straubing ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung“ (12. März)… Vorfälle wie diese scheinen sich in niederbayerischen Asylbewerberunterkünften in jüngster Vergangenheit zu häufen. Doch: Woran liegt das? Da Hog’n hat bei der Regierung von Niederbayern (Zentrale Ausländerbehörde) nachgefragt und versucht, Antworten auf diese Frage zu erhalten. Exemplarisch haben wir dabei nachrecherchiert, was sich in der Unterkunft am Freyunger Geyersberg am 5. Mai genau zugetragen hatte.
Die Polizeimeldung im Wortlaut (8. Mai): Einsatzaufkommen in Asylbewerberunterkünften
„Am Freitag (05.05.17) kam es in der Asylbewerberunterkunft in Freyung bzw. am Sonntag (07.05.17) in der Unterkunft in Plattling zu polizeilichen Einsätzen mit erhöhtem Polizeiaufgebot.
Wie bereits berichtet, kam es am Sonntag zu einem Polizeieinsatz in der Asylbewerberunterkunft in Plattling. Hintergrund war die Unzufriedenheit mehrerer Asylbewerber mit ihrer persönlichen Situation. Ein Vertreter der Regierung von Niederbayern war dazu heute vor Ort und konnte die Lage beruhigen. Damit ist der reibungslose Betrieb der Unterkunft wieder gewährleistet.
Ebenfalls zu einem Polizeieinsatz in der Asylbewerberunterkunft kam es am Freitag in Freyung/ Geyersberg. Hintergrund war eine geplante Verlegung von vier Personen. Es kam daraufhin zu einer Solidarisierung von ca. 30-50 Asylbewerbern. Aufgrund dessen wurden mehrere Einsatzkräfte, darunter auch Beamte aus umliegenden Polizeiinspektionen zusammengezogen, um einer eventuell auftretenden Eskalation begegnen zu können. Durch Aufklärungsgespräche und der starken Polizeipräsenz konnte die Einsatzlage beruhigt und die betroffenen Asylbewerber wie geplant verlegt werden. Dabei ist es zu keinerlei Zwischenfällen bzw. Begehung von Straftaten seitens der Asylbewerber gekommen.“
Was war geschehen? Weshalb sollten die vier Personen verlegt werden? Was ist unter einer „Solidarisierung“ der Asylbewerber konkret zu verstehen? Welche Ausmaße nahm diese im Detail an? Wurden die Asylbewerber handgreiflich und aggressiv? Griffen sie das Wachpersonal an? Wie viel Polizeibeamte wurden „zusammengezogen“? Wie viele waren vor Ort? Was ist unter „Aufklärungsgesprächen“ genau zu verstehen? Was wurde hier den Asylbewerbern im Detail seitens der Polizei mitgeteilt, dass diese im Anschluss entsprechend ruhig der Verlegung zustimmten? War denn auch jemand von der Regierung von Niederbayern vor Ort? Falls ja: Wie lief die Kommunikation zwischen Freyung und Landshut an jenem Tag?
„Es handelte sich durchaus um eine aufgeheizte Stimmung“
Von Seiten der Regierung von Niederbayern erhalten wir in Person von Katharina Kellnberger (Leiterin Öffentlichkeitsarbeit) auf unsere Nachfragen zunächst folgende Antwort:
„Da sich Ihre Fragen auf den Einsatz der Polizei, bzw. die Pressemitteilung des Polizeipräsidiums beziehen, dürfen wir Sie bitten, sich an die Pressestelle des Polizeipräsidiums Niederbayern zu wenden.
Im Rahmen der Belegungssteuerung werden immer wieder auch Verlegungen notwendig. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Angaben zu Einzelfällen machen können.
Die Regierung von Niederbayern war bereit, jederzeit auch kurzfristig vor Ort zu kommen. Da sich die Situation allerdings bereits während des Polizeieinsatzes wieder beruhigt hatte, wurde das – auch nach Einschätzung der Polizei vor Ort – als nicht mehr notwendig angesehen.“
Mehr Informationen waren seitens der Behörde nicht zu bekommen. Wir wenden uns deshalb an das Polizeipräsidium Niederbayern. Dessen Pressesprecher Stefan Gaisbauer verweist bei der Beantwortung der Frage, warum die vier Personen in der Freyunger Unterkunft verlegt werden sollten, auf die ihm bekannte Auskunft der Regierung von Niederbayern: Datenschutz. In Sachen „Solidarisierung von ca. 30 bis 50 Asylbewerbern“ teilt er mit: „Die Bewohner waren nicht damit einverstanden, dass Bekannte von ihnen verlegt werden sollen – was sie dann auch laustark zum Ausdruck gebracht haben.“ Sie hätten deshalb rumgeschrien und ihren Unmut kundgetan. Auch gegen Polizeibeamte hätten die Bewohner versucht, lautstark ihre Meinung kundzutun. Es habe sich durchaus um eine „aggressive, aufgeheizte Stimmung“ gehandelt, so Gaisbauer, doch es sei zu keinerlei Handgreiflichkeiten zwischen Asylbewerbern und Beamten oder bedienstetem Wachpersonal gekommen.
Die polizeilichen Einsatzkräfte aus Freyung, Grafenau und Waldkirchen, die unter der Führung von Freyungs Dienststellenleiter Michael Krickl standen, wurden dem Pressesprecher zufolge von Bediensteten der Unterkunft alarmiert. „Zu Einsatz- oder Personalstärken gibt es generell keine Presseauskünfte, das ist eine allgemeine Regelung“, informiert Gaisbauer. Doch es seien mehr als ein Dutzend gewesen.
In punkto „Aufklärungsgespräche“ weiß der Pressesprecher zu berichten: „Die Kollegen haben versucht, den Asylbewerbern das polizeiliche Handeln transparent zu machen.“ Die Polizisten hätten demnach den Asylbewerbern erkärt, warum es zur Verlegung kommen sollte. Diese hätten sich enstprechend einsichtig gezeigt.“ Die Englischkenntnisse der Beamten reichten dazu aus, die Hinzunahme von Dolmetschern sei deshalb nicht nötig gewesen. „Es waren auch Hundeführer zur Untertützung vor Ort. Wenn man in großer Stärke auftreten mag, hat der Hund natürlich auch seine Vorteile“, weiß Gaisbauer. Ob aufgrund dieses Vorfalls die Stadt Freyung, die Eigentümer und Betreiber der dezentralen Unterkunft am Geyersberg ist, nun das Wachpersonal aufstocken werde, wisse er nicht.
Herbert Graf: „Die Deeskalation stand dabei im Fokus“
Herbert Graf, in seiner Funktion als Geschäftsführer der Stadt Freyung gesamtverantwortlich für die Einrichtung, gibt auf Hog’n-Anfrage folgende Auskunft:
„Die Heimleitung hat in Abstimmung mit der Regierung von Niederbayern am vergangenen Donnerstag entschieden, vier Personen (von 204 Asylbewerbern) aus disziplinarischen Gründen (Nichtbeachtung unserer Hausordnung) innerhalb der AE DEG zu verlegen!
Um eine deutliche Signalwirkung zu erzielen und vor allem vor dem Hintergrund, dass die Personen zunächst nicht freiwillig in die Dependance Osterhofen verlegt werden wollten, wurde mit entsprechender Polizeipräsenz die Verlegung am Freitag zwangsweise durchgeführt! Die Deeskalation stand dabei im Fokus, es gab keinerlei Vorfälle mit strafrechtlicher Relevanz!“
Der hiesigen Tageszeitung hatte Graf gegenüber weiter mitgeteilt, dass es sich bei den vier Asylbewerbern um „junge Männer aus Sierra Leone“ handelte. Sie hätten das Alkoholverbot in der Unterkunft missachtet und seien alkoholisiert durch unpassendes Verhalten aufgefallen. Die Männer seien, nachdem sie ihren Ablehnungsbescheid erhalten hatten, verunsichert gewesen und hätten den Anschein gemacht, die übrigen Bewohner für sich zu gewinnen, „um gemeinsam vermeintliche Ungerechtigkeiten oder für sie nicht nachvollziehbare Entscheidungen aufmerksam zu machen“. Da die vier Männer nicht freiwillig in ihre neue Unterkunft umziehen wollten, sei die Polizei hinzugezogen worden. Zu Verlegungen aus Deeskalationsgründen komme es Graf zufolge immer wieder einmal, wie dieser in der Zeitung zitiert wird. Ihm gehe es um die Gesamtstimmung in der Unterkunft, wie er den Bewohnern gegenüber nochmals erklärte.
„Vorfälle solcher Art können nicht zu 100 Prozent vermieden werden
Wieso und weshalb kommt es immer wieder zu kleineren Aufständen wie in Freyung oder Plattling, zu gewalttätigen Auseinandersetzungen wie in der Geiselhöringer Asylbewerberunterkunft oder sexuellen Gewaltdelikten wie in Böbrach? Wie problematisch erachtet die Regierung von Niederbayern derlei Vorfälle? Und: Welche Maßnahmen gedenkt die Regierung zu unternehmen, um derlei Vorkommnisse künftig einzudämmen?
Dazu teilt Katharina Kellnberger von der Regierung von Niederbayern mit:
„In Niederbayern leben aktuell rund 7.500 Bewohner in staatlichen Unterkünften für Asylbewerber. Diese Personen verteilen sich auf die Erstaufnahmeeinrichtung mit drei angeschlossenen Dependancen, rund 280 dezentrale Unterkünfte sowie 45 Gemeinschaftsunterkünfte. Die Bewohner kommen aus 35 verschiedenen Herkunftsländern.
Unstimmigkeiten und auch Auseinandersetzungen kommen vereinzelt durchaus vor. Die meisten Fälle lassen sich jedoch vor Ort durch das eingesetzte Personal klären.
Die Regierung von Niederbayern nimmt jeden einzelnen Vorfall ernst. Es wird großer Wert auf ein angemessenes Verhalten in den einzelnen Unterkünften gelegt. Dennoch können Vorfälle solcher Art nicht zu hundert Prozent vermieden werden. Soweit es im Einzelfall geboten ist, greift dann die gute Zusammenarbeit mit den zuständigen Polizeibehörden.“
Gaisbauer: „Eigentlich bedauerlich, dass es soweit kommt“
Danach gefragt, ob Auseinandersetzungen wie zuletzt die Messerstecherei zwischen zwei syrischen Asylbewerbern in Straubing aus polizeilicher Sicht auffallend gehäufter vorkämen, antwortet Präsidiumssprecher Stefan Gaisbauer: „Das hat natürlich mit kulturellen Gegebenheiten zu tun – angefangen vom Glauben über andere Weltanschauungen. Da treffen eben verschiedene Kulturen aufeinander.“
Ob es auch damit etwas zu tun habe, dass die Leute in den Unterkünften unzufrieden mit den dortigen Lebensbedingungen seien? „Das wird sicherlich auch einen Teil dazu beitragen, das möchte ich nicht leugnen. Beim Vorfall in Plattling hat ja die Unzufriedenheit mit der Verpflegung und der Unterbringung eine Rolle gespielt, wo dann auch Vertreter der Regierung einen Tag später hingefahren sind und das Gespräch suchten. Da sind mehrere Faktoren dafür verantwortlich.“
Die Zahlen im polizeilichen Sicherheitsbericht zeigen, wie Gaisbauer schließlich erklärt, „dass viele Gewaltdelikte untereinander stattfinden. Viele meinen ja immer, dass Asylbewerber Gewalt gegen Deutsche anwenden – aber tatsächlich ist es so, dass ein Großteil der Übergriffe innerhalb der Unterkünfte stattfindet und keinen Bezug zu Einheimischen hat.“ Unterschiedliche Nationen und Kulturen, verschieden Glaubensrichtungen, Traumata aufgrund der Flucht, Unzufriedenheit mit der Unterbringung, Verpflegung etc. All das seien Gründe, die Gaisbauer zufolge vermutlich auch bei Deutschen oder anderen Nationalitäten zu derlei Vorfällen führen könnten.
Die Polizei sehe dies mit Besorgnis – „doch das würde man auch bei anderen mit Besorgnis sehen, weil’s nicht alltäglich und eigentlich auch bedauerlich ist, dass es soweit kommt.“
Stephan Hörhammer
Da ich des öfteren solche einrichtungen besuche und mir selbst ein bild machen kann, wie die lebensumstände sind, kann ich nur sagen, dass ich ganz persönlich keinen monat dort verbringen könnte, ohne nicht auch selbst depressiv und vielleicht auch extrem gereizt zu sein. Man teilt sich in der regel küche und bad mit fremden personen, man hat nie wirklich ruhe. Es zehrt einfach an den nerven. Hinzu kommt bei den bewohnern oft noch perspektivlosigkeit, traumatas und natürloch das fehlen von familie und freunden.
Klar, dass es da auch mal ärger gibt. Absolut menschlich.
Hoffentlich werden die neuen Bundesbürger alle bewaffnet, daß wenigstens sie sich gegen die Willkür der staatlichen Autorität wehren können, habe ich kürzlich zu einem Psychiater gesagt. Jetzt trifft es wieder die falschen.
Ein interessanter Bericht, der zeigt, dass der Verfasser sehr genau die Situation hinterfragt, wenngleich er auch wenige wirkliche Anworten bekam. Das wäre aber wichtig, weil das Problem nicht auf Freyung begrenzt ist, wie auch der neue Sicherheitsbericht 2016 vom Polizeipräsidium Niederbayern auf Seite 29 zeigt:
„Was die Hintergründe der auffallend hohen Beteiligung von Zuwanderern an der Deliktskategorie gefährliche und schwere Körperverletzung an sonstigen Tatörtlichkeiten anbelangt, ist die weitere statistische Auswertung im Berichtsjahr 2016 sehr aufschlussreich: Bei 178 der insgesamt 243 unter Tatbeteiligung von Zuwanderen begangenen geklärten Fälle war mindestens ein Opfer Flüchtling bzw. Asylbewerber und bei der Tatörtlichkeit handelte es sich um eine Asybewerberunterkunft“.
Für mich bestätigt sich damit ein Problem, welches ich, als Kreisrat der Bayernpartei, bereits 2015 offen angesprochen hatte: die großen Flüchtlingsunterkünfte eignen sich nicht für eine Integration! Vielmehr werden diese zu Problemzentren. Das liegt auch daran, dass die Kontrollen in den großen Asylunterkünften minimal sind. Aufsichtspersonal ist oft auf den Tag beschränkt, was in den Nächten dort geschieht entzieht sich meist jeder Kontrolle. Man weiß nicht wer sich dort befindet und auch nicht was dort geschieht. Entsprechende Schilder am Eingang bewirken nichts!
Mein Fazit ist: man ist in der Flüchtlingspolitik völlig naiv rangegangen. Man hat die Probleme unterschätzt, ebenso die Folgekosten. Jetzt stehen viele Kommunen vor nicht lösbaren Problemen. Man schweigt, verschweigt, verschiebt und verschleiert, statt endlich sich den Problemen zu stellen und diese auch zu lösen.