Schärding. Der Beruf des Polizisten, die Jagd nach Mördern, Drogendealern und Dieben ist mit einem gewissen Risiko verbunden. Unglücklicherweise werden Beamte im Dienst für die Allgemeinheit immer wieder schwer verletzt oder gar getötet. So geschehen auch im November 1993. In einem Schnellzug in der Nähe von Schärding mussten die Grenzpolizisten Klaus März (32) und Georg Schachner (20) ihr Leben lassen. Jener Vorfall wird in einem weiteren Teil unserer Serie „Mord verjährt nie“ geschildert, die wir in Zusammenarbeit mit dem Passauer Autoren Franz Hartl („Wie können Menschen nur so etwas tun?“) in unregelmäßigen Abständen auf hogn.de veröffentlichen.
„Etwas eine Stunde nach Mitternacht am Donnerstag, 11. November 1993: Der „Donaukurier“-Schnellzug 222 von Budapest nach Dortmund ratterte gerade auf Gopperding hinter Schärding zu. Es war eine ganz normale Passkontrolle, so wie sie die Grenzpolizeibeamten im Zug immer durchführen. Die Einreisekontrolle beginnt in Linz, da steigen die bayerischen Grenzer zu und arbeiten sich dann Abteil für Abteil durch. Dann fahren die Beamten bis Regensburg mit, warten auf den nächsten Zug, wo sie auf der Rückfahrt nach Passau die Ausreisekontrolle erledigen.
Plötzlich, um 0.55 Uhr fallen Schüsse
Irgendetwas ist den Fahndungsbeamten Klaus März (32) und seinem Kollegen Georg Schachner (20) in dieser Nacht im Abteil mit drei Reisenden aufgefallen. Ob es die Waffe und der Sprengstoff im Gepäck oder ob es Unstimmigkeiten im vorgezeigten ungarischen Reisepass waren, ist unklar. Ein Mitreisender jedenfalls bekam seinen Ausweis zurück. Die beiden anderen Männer im „Donaukurier“ wurden gebeten, mit ins Dienstabteil der Grenzpolizei zu kommen.
Plötzlich, um 0.55 Uhr, fallen Schüsse. Die beiden Beamten werden jeweils von drei Kugeln getroffen. Klaus März und sein junger Kollege Georg Schachner aus Iggensbach, der zum ersten Mal Dienst an der Grenze versah, sind durch Verletzungen an Kopf und Brust sofort tot.
Wie später rekonstruiert wurde, hat sich Klaus März mutig verteidigt, nachdem einer der beiden Ungarn plötzlich eine Maschinenpistole gezogen hatte. Während Schachner nach dem Obduktionsbefund aus nächster Nähe erschossen wurde, konnte März offenbar noch einige Schritte aus dem Dienstabteil heraus auf den Gang machen. Dabei hatte er seine Dienstwaffe gezogen und drei Schüsse auf den Angreifer abgegeben, bevor auch er von einer Salve aus der tschechischen MP vom Typ „Scorpion“ erfasst und getötet wurde.
Während sein Landsmann nach dem Schusswechsel schwerverletzt liegen geblieben war, hatte der Todesschütze in Höhe Pramhof die Notbremse gezogen und war aus dem Wagen gesprungen. Gegen 7 Uhr morgens suchte er sich ein Versteck im nahegelegenen Haus der Familie Zarbl, zerschlug die Scheibe der Haustür und verschanzte sich im ersten Stock. Die 31-jährige Hausbesitzerin rief die Polizei und floh durch das Wohnzimmerfenster. 65 Gendameriebeamte kreisten daraufhin das Haus ein, unterstützt durch die österreichische Spezialeinheit „Cobra“.
Bischof Eder hält Trauerfeier im Passauer Dom
Der Polizistenmörder Zoltan Kis wurde bei der Schießerei im Zug durch zwei Durchschüsse am rechten Ober- bzw. Unterschenkel so schwer verletzt, dass er neun Stunden nach der Tat im Einfamilienhaus ohne Widerstand festgenommen werden konnte. Mit einem Rettungshubschrauber wurde er anschließend in das Schärdinger Krankenhaus geflogen.
Der ermordete Polizeimeister Georg Schachner ging gegen den Willen seiner Mutter zur Polizei. Er wollte in die Fußstapfen seines großen Bruders treten. Der war als Oberkommissar bei der Deggendorfer Polizei tätig und musste seinen Eltern die Nachricht vom Tode seines Bruders überbringen. Auch der Ursprung für die Laufbahn von Polizeiobermeister Klaus März lag in der eigenen Familie. Sein Vater war bis zu seiner gesundheitlichen Frühpensionierung Grenzpolizei-Chef in Bayerisch Eisenstein. Klaus März kaufte sich vor seiner Ermordung ein Reihenhaus in Fürstenzell. Mit einer Trauerfeier und einem Requiem im Passauer Dom gedachte man am 17. November 1993 in Anwesenheit von Bischof Franz Xaver Eder der beiden erschossenen Polizeibeamten.“
Franz Hartl/ da Hog’n
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- Mord verjährt nie (1): Der dramatische Tod der Hildegard Baumann (18)
- Mord verjährt nie (2): Dreifacher Offiziersmord in der Koller-Villa
- Mord verjährt nie (3): Tödlicher Schuss an der Grenze
- Mord verjährt nie (4): Der Tod eines Schwarzhändlers
- Mord verjährt nie (5): Der Gattinnenmord von Hacklberg
- Mord verjährt nie (6): Bluttat in der Heiliggeistgasse
- Mord verjährt nie (7): Mysteriöser Raubmord in Tiefenbach
- Mord verjährt nie (8): Der brutale Mord an Maria Schmid
- Mord verjährt nie (9): „Neptun“ – das Mordopfer, das noch heute lebt