Herzogsreut/London. Ein Unternehmensberater, ein Finanzberater und ein Tennislehrer kommen nach London, kaufen eine Maschine aus China und eröffnen einen Laden, um in der britischen Metropole thailändisches Eis zu verkaufen. Klingt komisch? Ist aber so! Der Laden heißt „Snobby Whale“ – und startet derzeit am Londoner „Camden Market“ voll durch. Der 26-jährige Franz Kellermann aus Herzogsreut im Landkreis Freyung-Grafenau ist Teil des Start-Up-Trios. Er erzählt im Gespräch mit dem Onlinemagazin „Da Hog’n“ davon, wie es ist, einen Eisladen von Grund auf neu aufzubauen – und berichtet von den Zukunftsplänen des „versnobten Wals“.
Mit „Maurerkelle“ geformte Eis-Röllchen für fünf Pfund das Stück
Kennengelernt haben sich Florian Reinhardt, Patrick Konopka und Franz Kellermann im Laufe ihres Studiums. Auf einer gemeinsamen Reise durch Thailand ist man erstmals auf die sogenannte „Rolled Ice Cream“ aufmerksam geworden. Dabei handelt es sich um eine spezielle Zubereitungsart aus Thailand: Auf einer minus 20 Grad Celsius kalten Platte werden die Grundmasse sowie eine von den Snobby-Whale-Machern nicht näher verifzierte „Geheimzutat“ mit einer Art „Maurerkelle“ geformt bzw. eben „gerollt“.
Je nach Vorliebe kann man sein „Rolled Ice“ dann mit Nutella, Erdbeere oder Minze garnieren. Der Preis pro Portion beläuft sich auf 5 Pfund (umgerechnet ca. 6,80 Euro).
Bereits in Thailand entwickelte das Trio die Idee vom eigenen Eisstand, wie Kellermann erzählt. Dass daraus einmal Realität werden würde, konnte er sich damals jedoch noch nicht vorstellen. Als sich dann eher zufällig die Gelegenheit ergab, am Londoner Camden Market einen Stand zu ergattern, packten die drei findigen Eismacher die Gelegenheit beim Schopfe. Im April 2016 haben Kellermann und seine Freunde sogleich eine spezielle Maschine aus China bestellt, sich um die Regularien, Vorschriften und Richtlinien gekümmert, einen eigens dafür vorgesehenen Kurs belegt und damit begonnen, den Laden einzurichten. Vom Verteilen der Flyer übers Renovieren der Eisdiele bis hin zum Verkauf nahmen die drei Gründer dabei alles selbst in die Hand. Mittlerweile arbeitet eine Vollzeitangestellte im „Snobby Whale“.
„Faszinierend, einmal die ganze Bandbreite mitzuerleben“
Einmal die ganze Bandbreite einer Geschäftsneugründung mitzuerleben sei „faszinierend“, berichtet Kellermann. Der 26-Jährige, der mit einem Bachelor in Wirtschaftsinformatik und einem Master in Strategischem und Internationalem Management schon einige Studiensemster auf dem Buckel hat, ist begeistert davon, das Gelernte jetzt auch in die Praxis umsetzen zu können. Unabhängig vom tatsächlichen Erfolg „haben wir unglaublich viel gelernt – und es war eine mega gute Erfahrung“, konstatiert der hauptberufliche Unternehmensberater.
Derzeit sei man auf der Suche nach einem Investor, um das Ganze in ein Franchise-Modell zu überführen. Nach Möglichkeit ist an den Eisladen zukünftig ein Lokal gekoppelt – oder ein Café für die Wintermonate. Die derzeitigen Immobilienpreise in London spielen den drei Jungunternehmern dabei allerdings weniger in die Karten…
Bei Jungunternehmern kein Stress wegen „Brexit“
Die größte Schwierigkeit sei bisher noch, dem Kunden ein eher unbekanntes Produkt zu vermitteln – denn der „Snobby Whale“ ist derzeit der einzige Eisladen dieser Art in London. Trotzdem scheint das Projekt der drei End-20er bisher sehr gut anzulaufen. Eine „größere Londoner Zeitung“ („Evening Standard„) habe bereits über das Vorhaben der drei Deutschen berichtet. Auch für verschiedene Events, zum Beispiel das „Amazon-Sommerfest“ sei man bereits gebucht worden, erklärt Kellermann.
Dem derzeit medial omnipräsenten Thema „Brexit“ sieht Kellermann mit Blick auf den „Snobby Whale“ eher gelassen entgegen: „Bis die ganzen Regularien jetzt durch sind, wird bestimmt noch eine ganze Zeit vergehen.“
Bleibt nur noch die Frage: Warum die Bezeichnung „Snobby Whale“? Dafür gibt’s laut Kellermann eine relativ simple Erklärung: „Wir wollten ein Tier im Namen für unsere Eisdiele haben. Und da wir ursprünglich geplant hatten, den Laden im Idealfall in einer sehr hippen Gegend innerhalb Londons aufzumachen, haben wir uns gedacht: Snobby Whale wäre eigentlich perfekt.“ Für die ultra-hippe Hood hat’s am Ende doch nicht ganz gereicht – wobei der Camden Market ja nicht unbedingt zu den uncoolsten Spots in Englands Hauptstadt zählt. Den Namen haben die drei Geschäftsleute jedenfalls beibehalten…
Johannes Greß