Passau/Freyung-Grafenau. Das 80-Einwohner-Örtchen Muthmannsreuth in der Gemeinde Hummeltal in der Fränkischen Schweiz war in jüngster Vergangenheit häufiger in den Medien vertreten. Das BR-Satiremagazin „quer“ hatte im Januar darüber berichtet. Der Grund: Muthmannsreuth ist ein Dorf ohne Straßennamen. An den Häusern sind ausschließlich Hausnummern zu finden – und das im „geordneten Durcheinander“: Hier liegt die 3 neben der 25, die 11 neben der 15. Eine ähnliche Situation ist auch in Schönbrunn am Lusen oder in Kreuzberg bei Freyung vorzufinden. Stehen deshalb Rettungsdienste im Notfall auf verlorenem Posten, wie der Muthmannsreuter Bürgermeister behauptet? Mitnichten, betonen die hiesigen Vertreter von BRK, Malteser & Co.
Die Straßen brauchen Namen und Hausnummern in richtiger Reihenfolge, sagen die Hummeltaler Gemeinderäte um Bürgermeister Patrick Meyer, der der Meinung ist: „Wenn der Rettungsdienst kommt – der findet keine Menschen. Es geht um die Auffindbarkeit im Notfall.“ Die für Muthmannsreuth zuständige Rettungsleitstelle Bayreuth bewertet die Lage einem Anwohner zufolge etwas anders: „Es gibt überhaupt keine Probleme mit der Auffindung von Häusern.“
Zielführung erfolgt nach den GPS-Daten der Einsatzstelle
Dies kann auch Werner Kloiber, Leiter des Malteser-Rettungsdienstes Passau, auf Hog’n-Nachfrage bestätigen. „Das ist vor ein paar Jahren ab und zu mal vorgekommen, dass ein Haus schwer aufzufinden war. Heutzutage sieht die Lage ganz anders aus.“ Der Grund: Die Technik hat einen enormen Fortschritt gemacht. „Seit etwa drei Jahren haben wir neue GPS-Geräte, die direkt mit der Integrierten Leitstelle in Passau, kurz: ILS, verbunden sind“, erklärt Kloiber. „Das läuft heute alles sehr präzise ab.“
Rettungsdienstleiter Günther Karl erläutert zur technischen Situation beim BRK-Kreisverband Freyung-Grafenau: „Alle unsere Fahrzeuge des öffentlich-rechtlichen Rettungsdienstes sind mit einem Telematiksystem sowie GPS ausgestattet.“ Die Integrierte Leitstelle in Passau nehme grundsätzlich alle eingehenden Notrufe und Transportbestellungen auf. Dabei werde der exakte Einsatzort im dortigen Einsatzleitsystem erfasst – auch mit GPS-Daten, da ja nicht jeder Einsatzort an einem Haus mit Hausnummer liege. „Beispiele hier wären etwa Verkehrsunfälle auf freier Strecke, Unfälle im Wald oder auf Wanderrouten“, erklärt Karl weiter.
„Diese jeweiligen Einsatzdaten werden dann zeitgleich mit der Alarmierung an unsere Rettungsmittel digital übertragen und dort sogleich in ein spezielles Navigationssystem übernommen.“ Dies bedeutet: „Sobald unsere Mitarbeiter ihr Einsatzfahrzeug besteigen, ist dort bereits die korrekte Fahrtstrecke zum Einsatzort programmiert. Dabei ist es in aller Regel völlig unerheblich, ob dieser an einer Straße mit Hausnummer oder einem Feldweg liegt, da die Zielführung dann nach den GPS-Daten der Einsatzstelle erfolgt.“
„Hausnummern sind nur schlecht sichtbar bzw. unbeleuchtet“
Zudem könnten die Fahrzeuge im Bedarfsfall von der ILS per GPS geortet werden, sodass bei eventuellen Problemen vor Ort in der Integrierten Leitstelle jederzeit der aktuelle Standort der Rettungsmittel mit dem Einsatzort abgeglichen werden könne – und so, falls tatsächlich erforderlich – auch eine manuelle Zielführung per BOS-Sprechfunk möglich sei. Günther Karl: „Zusammengefasst können wir von keinen nennenswerten Schwierigkeiten sprechen, wobei aber auch vermehrt festzustellen ist, dass die Neuordnung der Hausnummern und die Einführung von Straßennamen erkennbar voranschreitet.“
In Muthmannsreut ist laut „quer“ ein Streit um Straßennamen entfacht:
https://www.youtube.com/watch?v=BdmpR201NxY
Erwähnenswert wäre aus seiner Sicht vielmehr der Umstand, dass immer wieder an Häusern die Hausnummern entweder gar nicht oder nur schlecht sichtbar bzw. unbeleuchtet angebracht wurden. „Hier führt dann unser Navigationssystem die Rettungsmittel zwar an den korrekten Einsatzort. Sollten sich dabei aber – man stelle sich vor, es ist 2 Uhr nachts und stockfinster – zwei Häuser ohne erkennbare Hausnummern gegenüberstehen, so ist möglicherweise erst ein zeitraubender Abgleich der Namen auf den Klingelschildern notwendig. Sollten diese dann auch nicht mit Namen beschrieben sein, so wird möglicherweise auch der Nachbar geweckt, um das richtige Haus zu identifizieren.“
„Ortschaften ohne Straßennamen stellen kein Problem dar“
Winfried Stadler vom privaten, gleichnamigen Rettungsdienst aus Freyung merkt an, dass in der Vergangenheit die Gemeinden auf die Problematik fehlender Straßennamen hingewiesen worden seien. „Die meisten haben darauf reagiert und Verbesserungen herbeigeführt, etwa mit neuen Straßennamen oder mit Kennzeichnung der Hausnummern am Anfang einer Straße.“
Auch er betont: „Wir, aber auch die ILS Passau, haben modernste Leitstellensysteme, die in den meisten Fällen Straßen mit Hausnummern anzeigen.“ Zudem würden bei den meisten Anrufern die Telefonnummern bei einem Anruf angezeigt, sodass jederzeit Rückfragen vorgenommen werden können.
„Ortschaften ohne Straßennamen stellen für die Arbeit in der ILS Passau kein Problem dar. Alle Hausnummern – auch solche mit Bruchschreibweise oder mit unsystematischer Verteilung – sind mit eindeutigen Koordinaten in der Datenbank hinterlegt“, teilt Sebastian Fehrenbach von der ILS auf Hog’n-Nachfrage mit und bestätigt die Aussagen der Rettungsdienst-Leiter. Das Verzeichnis werde ständig auf dem aktuellen Stand gehalten. „Mit Hilfe eines sogenannten GIS, einem geographischen Informationssystem, wird der Einsatzort bereits bei der Entgegennahme des Notrufs in der ILS auf einer elektronischen Landkarte dargestellt. So ist sichergestellt, dass alle Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr und des Rettungsdienstes bei Bedarf mit Hilfe einer präzisen und ausführlichen Wegbeschreibung den Einsatzort ohne zeitliche Verzögerung und ohne Umweg erreichen können“, weiß der ILS-Leiter zu berichten.
Stephan Hörhammer
Nur so zur Info….Schönbrunn am Lusen hat schon seit einigen Jahren eine Blocknummerierung zu je acht einhunderter Blöcken in einem Kreis von der Ortmitte weg angeordnet.
Vorher Informieren währe ab und zu auch nicht schlecht!
Servus Hans,
Danke für Deinen Kommentar.
1. Deine Erklärung ändert nichts an der Tatsache, dass es in Schönbrunn a.L. keine Straßennamen gibt, sondern nur eine fortlaufende Nummer.
2. „eine Blocknummerierung zu je acht einhunderter Blöcken in einem Kreis von der Ortmitte weg“ – jetzt findet jeder Fremde sicher sofort das Haus in Schönbrunn am Lusen, das er sucht.
Grüße
Helmut Weigerstorfer