Passau/Freyung. Sehr schnell hatte sich der Passauer Jurist und Universitätsprofessor Holm Putzke als Verteidiger von Dominik R. angeboten, der im Verdacht steht, im November vergangenen Jahres seine Lebensgefährtin in ihrer Freyunger Wohnung umgebracht zu haben. Der Fall hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Der Angeklagte sitzt weiterhin in Untersuchungshaft, die Beweisaufnahme der Hauptverhandlung ist noch nicht abgeschlossen. Im Gespräch mit dem Onlinemagazin da Hog’n beantwortet Strafverteidiger Putzke die Frage nach der Motivation, den „Fall Domink R.“ zu übernehmen, ob und inwiefern dabei moralische Bedenken eine Rolle spielten – und erklärt, wann es zur Hauptverhandlung kommen wird.
Herr Putzke: Sie hatten sich bereits zu einem Zeitpunkt als Verteidiger für den Beschuldigten Dominik R. angeboten, als sich dieser noch auf der Flucht befand. Warum? Was war Ihre Motivation?
Es ist kein Geheimnis, dass Menschen auf der Flucht sich in der Regel in einer extremen Lebenssituation befinden und zu Kurzschlussreaktionen neigen. Das gilt gleichermaßen für Schuldige wie für Unschuldige. Wer einen Ansprechpartner hat, findet vielleicht einen Weg, die Flucht kontrolliert zu beenden, ohne dass er selber oder andere gefährdet werden. Aus diesem Grund habe ich mich als Ansprechperson zur Verfügung gestellt – es ging mir dabei vor allem um die Sicherheit des Kindes. Glücklicherweise ist ihm nichts passiert.
„In einem Rechtsstaat hat jeder ein Recht auf Verteidigung“
Wie kam es nach der Verhaftung zum ersten Zusammentreffen zwischen Dominik R. und Ihnen?
Zum ersten Mal haben wir unseren Mandanten bei der Vorführung beim Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Passau getroffen. Nachdem wir beauftragt worden waren, die Verteidigung zu übernehmen, lief die Kontaktaufnahme zu unserem Mandanten – wie in solchen Fällen üblich – über die Deutsche Botschaft in Madrid.
Wieso ist mit Herrn Dr. Thomas Krimmel ein zweiter Verteidiger an Dominik R.s Seite? Ist dies ein gewöhnlicher Vorgang, dass zwei Anwälte die Verteidigung übernehmen?
Es ist nicht unüblich, dass ein Beschuldigter mehrere Verteidiger hat. Herr Dr. Krimmel und ich kennen uns bereits länger und haben schon häufiger miteinander verteidigt. Wir sind ein eingespieltes Team.
Hatten Sie als Verteidiger von Dominik R., der mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit als Täter für das Tötungsdelikt an seiner Partnerin in Frage kommt, eigentlich moralische Bedenken, seine Verteidigung zu übernehmen? Bitte missverstehen Sie uns nicht. Doch wenn alle äußeren Indizien dafür sprechen, dass Domink R. die Tat begangen hat…
Ob jemand schuldig ist, erfährt selbst ein Verteidiger nicht immer. Aber auch wenn er es erfährt oder alles für eine Täterschaft spricht, darf dies allein für einen guten Verteidiger kein Grund sein, sich von einem Beschuldigten abzuwenden. In einem Rechtsstaat hat jeder, ganz egal was er getan hat, ein Recht auf Verteidigung. Wer sich als Jurist entscheidet, auf diesem Gebiet zu arbeiten, hätte seinen Beruf verfehlt, würde er seinen Mandanten im Stich lassen, nur weil dieser ein Täter ist. Bei gravierenden Delikten die Verteidigung abzulehnen, wäre übrigens kein moralisch überlegener Standpunkt. Das wird bei kurzem Nachdenken jeder einsehen.
Denn wenn sich alle nach dieser Maxime richten würden, stünde der Beschuldigte ja ganz ohne Verteidiger da; der Gesetzgeber war weise genug, gerade umgekehrt bei gravierenden Delikten eine professionelle Verteidigung zwingend vorzuschreiben. Ein Verteidiger sorgt dafür, dass die gesetzlich verbrieften Rechte seines Mandanten gewahrt werden, wozu dieser alleine oftmals nicht in der Lage ist – aber weder verteidigt noch billigt ein professioneller Verteidiger eine begangene Tat.
„Es geht um menschliche Tragödien und Schicksale“
Noch eine Nachfrage zu Ihrer Motivation, die Verteidigung zu übernehmen: Spielten hierbei auch etwaige „Gelüste“ eine Rolle, in einem – aus regionaler Sicht – doch recht prominenten Fall die Rolle des Verteidigers zu übernehmen? Man hört ja immer wieder mal von Rechtsanwälten, die sich aufgrund des öffentlichen Rummels gerne mit ins „mediale Scheinwerferlicht“ stellen…
Rechtsanwälte sind auf Mandate und Mandanten normalerweise existentiell angewiesen. Als Universitätsprofessor und Beamter auf Lebenszeit bin ich das nicht. Ob es sich um einen prominenten oder weniger prominenten Fall handelt und ob dabei irgendein ‚mediales Scheinwerferlicht‘ strahlt oder nicht, spielt für mich bei der Frage, ob ich einen Fall übernehme, keine Rolle – genauso wenig wie für meinen Mitverteidiger Dr. Krimmel. Ich betreibe Strafverteidigung aus Leidenschaft und nicht aus Gründen der Akquise, schon gar nicht um noch bekannter zu werden.
Im Übrigen sollte niemand die Verteidigung in einem Totschlagsverfahren unterschätzen. Wer meint, seine Prominenz dadurch steigern zu müssen, hat erstens nicht begriffen, worum es gerade bei diesen Fällen der Strafverteidigung geht, nämlich um menschliche Tragödien und Schicksale, und hat zweitens nicht im Blick, dass die Allgemeinheit selten Verständnis dafür hat, dass ’so einem‘ nun auch noch jemand zur Seite steht. Dass der Strafverteidiger in einem rechtsstaatlichen Verfahren ein essentieller Faktor ist, wird selten spontan erkannt. Freilich schrecken mich weder populäre Vorurteile ab noch der Kampf für unpopuläre Positionen oder Mandanten, wenn ich jene für falsch und diesen für richtig und notwendig halte. Der richtige Weg ist nicht immer der, auf dem die Mehrheit sich befindet – manchmal ist er sprichwörtlich ‚aus Holz‘.
Wann wird es zur Verhandlung im Fall Dominik R. kommen? Ist diese öffentlich?
Wann es zur Hauptverhandlung kommen wird, entscheidet das Gericht. In der Regel sind Verfahren gegen erwachsene Täter auch öffentlich, es sei denn, die Öffentlichkeit wird für die Hauptverhandlung oder Teile davon aus gesetzlich geregelten Fällen ausgeschlossen – was ebenfalls dem Gericht zu entscheiden obliegt.
„Staatsanwaltschaft ist Herrin des Ermittlungsverfahrens“
Welche Strafe droht Dominik R. „schlimmstenfalls“, welche aus seiner Sicht „bestenfalls“?
Wie bei jedem Beschuldigten ist der ‚beste‘ Fall ein Freispruch und der ’schlimmste‘ die Höchststrafe. Solange uns die Ermittlungsakten nicht vollständig vorliegen und die Beweisaufnahme der Hauptverhandlung nicht abgeschlossen ist, lässt sich dazu seriös keine Prognose treffen.
Weshalb ist die Beweisaufnahme der Hauptverhandlung eigentlich immer noch nicht abgeschlossen? Ist diese Dauer „normal“?
Die Beweisaufnahme der Hauptverhandlung ist deshalb nicht abgeschlossen, weil die Hauptverhandlung noch gar nicht begonnen hat. Nicht die Verteidigung ist Herrin des Ermittlungsverfahrens, sondern die Staatsanwaltschaft, die sich dafür in der Regel der Polizei bedient. Bei komplexen Sachverhalten, wozu Verfahren im Zusammenhang mit sogenannten Kapitaldelikten in der Regel gehören, ist es durchaus normal, dass die Ermittlungen länger dauern. Nichtsdestoweniger unterliegen strafrechtliche Ermittlungen dem Gebot der Beschleunigung, erst recht wenn sich ein Beschuldigter in Untersuchungshaft befindet.
Haben Sie vielen Dank für Ihre Auskünfte.
Interview: Stephan Hörhammer
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Herr Putze vertritt im Strafrecht wie im Strafprozessrecht überraschende Ansichten, denen man sich nicht mit juristischer Methodik nähern kann und bei denen es sich allzu oft um die unreflektierte Wiedergabe seiner rechtspolitischen (und leider nicht besonders durchdacht wirkenden) Meinung handeln dürfte. Das Problem bei diesem besteht vor allem darin, dass sie alles andere als mehrheitsfähig sind. Das mag innerhalb der akademischen Gesellschaft noch gerade so ankommen. Landgericht und Bundesgerichtshof werden dafür aber kein Ohr haben. Denen dürfte vollkommen klar sein, was das einzige sein kann (und soll), das hier irgendjemand aus diesem „Experiment“ mitnimmt: mediale Aufmerksamkeit
Die Verteidigung in einem Schwurgerichtsverfahren ist ein anspruchsvolles Handwerk. Es gibt Strafverteidiger, die sich jahrelang auf solche Fälle konzentrieren. Herr Putzke aber hat mit solchen Fällen genau Null Erfahrung gesammelt. Der Angeklagte hier ist also sein Versuchskaninchen. Die Welt zwischen „Rechtswissenschaft“ und Praxis der Strafverteidigung ist zu groß, als das man von (hier unterstellter) Kompetenz in dem einen Bereich auf den anderen schließen könnte. Der Angeklagte hat so wie die meisten Bürger weder Bezug zur „Rechtswissenschaft“ noch zur Justiz und verkennt diesen Unterschied daher. Herr Putzke hingegen kommt daher und winkt mit seinem Titel als Lehr-Professor an der Uni Passau. Auf den unerfahrenen Laien verspricht dieser Titel viel Kompetenz, hier hat er eine blendende Wirkung. Für die Schwurgerichtskammer ist dieser Titel nichts andered als ein Aushängeschild für fehlende Praxiserfahrung.
Die Behauptung in dem Artikel, wonach der Angeklagte in U-Haft sitzt, „da die Beweisaufnahme der Hauptverhandlung noch nicht abgeschlossen ist“, ist übrigens einfach nur falsch. Die Hauptverhandlung und ihre Beweisaufnahme ist nicht nur noch nicht abgeschlossen, sondern hat noch gar nicht begonnen und sowieso nichts mit der U-Haft zu tun. Dementsprechend wird der Angeklagte auch dann noch in U-Haft sitzen, wenn die Beweisaufnahme (und Hauptverhandlung) dann abgeschlossen sein wird. Als ins Ausland geflohener Verdächtiger eines Tötungsdeliktes wird er so lange in U-Haft sitzen, bis er freigesprochen wird (was sehr unwahrscheinlich ist) oder seine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe rechtskräftig ist (woraufhin dann die „normale“ Haft beginnt).
Zwei Anmerkungen dazu noch:
1.
Es scheint wenig sinnvoll zu sein, wenn hier auf der Webseite abwechselnd vom „Angeklagten Dominik R.“ die Rede ist, dann aber der Nachname doch wieder voll ausgeschrieben wird, sodass ihn wirklich jeder (praktischerweise gibt es ja auch noch ein Foto) identifizieren kann.
2.
Den Facebookpost, in dem Putzke seine Hilfe angeboten hatte, hat Putzke zwischenzeitlich und noch vor Ergreifung des Täters gelöscht.
Sehr geehrter Herr Simon U.,
ich danke Ihnen für die Gelegenheit, auf Ihren Meinungsbeitrag zu antworten. Vermutlich haben Sie etwas mit Jura zu tun. Vielleicht sind Sie ja sogar ein (ehemaliger) Student. Ein gestandener Jurist sind Sie vermutlich nicht – denn so jemand hätte es nicht nötig, sich den Mantel der Anonymität überzuwerfen, um sich darunter zu verstecken.
Ich glaube nicht, dass es die Sorge um das Wohl meiner Mandanten ist, die Sie antreibt. Sie wirken eher irgendwie unzufrieden, ja fast schon gekränkt. Wie auch immer: Wer um 2:15 Uhr einen Text verfasst, in dem es ihm noch nicht einmal in der ersten Zeile gelingt, einen Namen richtig zu schreiben, und der auch sonst orthografisch und juristisch nicht einwandfrei formuliert, der hat womöglich mehr als nur ein Problem mit den Nachwirkungen eines nächtlichen Ausflugs in eine Cocktailbar. Oder erwarten Sie ernsthaft, ernst genommen zu werden, wenn Sie eine Behauptung für falsch erklären, die es in dem Interview gar nicht gibt (Simon U.: „Die Behauptung in dem Artikel, wonach der Angeklagte in U-Haft sitzt, ‚da die Beweisaufnahme der Hauptverhandlung noch nicht abgeschlossen ist‘, ist übrigens einfach nur falsch.“)?
Zur Sache und dabei zunächst zum Thema Rechtswissenschaft: Sie schreiben, meine Meinung wirke oft „nicht besonders durchdacht“. Da hätte der geneigte Leser gern ein Beispiel gehört, um das ggf. selber zu beurteilen. Ich bin gern bereit, mit Ihnen einmal darüber zu diskutieren, ob man sich den von mir vertretenen Standpunkten „mit juristischer Methodik nähern kann“, was Sie ja bezweifeln.
Ich vertrete zum Beispiel (das ist Ihnen als aufmerksamer Beobachter und intimer Kenner meines wissenschaftlichen Werkes sicherlich bekannt) den Standpunkt, dass polygrafische Untersuchungen zuverlässig und auch in Strafverfahren zu Beweiszwecken zulässig sind. Die Mehrheitsmeinung in der Rechtsprechung sieht das in der Tat anders. Aber es ist mir immerhin gelungen, das Schöffengericht Bautzen von meiner Sicht zu überzeugen (hier können Sie das Urteil finden: http://www.holmputzke.de/images/stories/veroeffentlichungen/Entscheidungen/AGBautzen40Ls330Js6351-12.pdf). Auch Familiensenate der Oberlandesgerichte Dresden und Koblenz sehen die Sache inzwischen so wie ich. Und in der juristischen Fachliteratur gibt es ohnehin zahlreiche Kolleginnen und Kollegen, die die ablehnende Rechtsprechung kritisch sehen (zuletzt etwa Nestler, JA 2017, S. 10 ff.). Wollen Sie wirklich sagen, dass all diese Richter und Rechtswissenschaftler einen Standpunkt vertreten, dem man sich „mit juristischer Methodik nicht nähern kann“ und der „nicht besonders durchdacht“ ist?
Noch ein Beispiel: Knabenbescheidung. Ich habe da im Jahr 2008 zweifellos eine „überraschende Ansicht“ vertreten. Aber in den darauffolgenden Jahren haben sich nicht nur zahlreiche Kommentatoren (z.B. Thomas Fischer, derzeit noch Vorsitzender Richter am 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs – kennen Sie ihn?) der von mir zunächst alleine vertretenen Position angeschlossen, zuletzt im Jahr 2012 sogar das Landgericht Köln in seiner bekannten Entscheidung. Stoppen konnte dies erst der Bundestag mit einem hastig zusammengezimmerten Gesetz, das von vielen Kolleginnen und Kollegen heftig kritisiert wurde und noch immer wird. Natürlich gibt es auch Gegenstimmen – geschenkt! Aber wer zur Mehrheitsmeinung gehört und wer zur Minderheit, wer Recht hat und wer Unrecht, welche Meinung durchdacht wirkt und welche nicht, das lässt sich wirklich nur schwer beurteilen und – mit Verlaub – schon gar nicht von Ihnen.
Noch ein Beispiel? Im Jahr 2015 habe ich zusammen mit einem Kollegen in der Neuen Juristischen Wochenschrift den Standpunkt vertreten, dass es eine Veröffentlichungspflicht für Urteilsabschriften grundsätzlich selbst dann gibt, wenn die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist (Putzke/Zenthöfer, NJW 2015, 1777 ff.). Genau das hat kurze Zeit später das Bundesverfassungsgericht genau so gesehen und sich auf unseren Aufsatz bezogen (Beschluss vom 14.9.2015 – 1 BvR 857/15, NJW 2015, S. 3708 ff.).
Sehr geehrter Herr Simon U.: Diese Beispiele führe ich an, um zu zeigen, dass mitunter doch mancher meinen „überraschenden“ und „wenig durchdachten“ Thesen folgt. Sie merken nun vielleicht selber, wie unausgegoren das war, was Sie mitten in der Nacht in die Tasten gehauen haben. Es ist schon einigermaßen kühn zu sagen, dass etwas „alles andere als mehrheitsfähig“ sei, wenn zahlreiche Kollegen und Gerichte, darunter das Bundesverfassungsgericht, dieselbe Meinung vertreten.
Mit der Mehrheitsfähigkeit ist das übrigens so eine Sache. Zum einen ist es natürlich bequem, einer vermeintlichen Mehrheit zu folgen. Das erspart immerhin das Selberdenken. Ich hingegen bemühe mich, den Dingen auf den Grund zu gehen und scheue mich auch nicht, wenn ich die Argumente einer „Mehrheitsmeinung“ für nicht überzeugend halte, argumentativ für meine Position zu werben, und bevorzuge es, nicht beim ersten Widerstand und Gegenwind umzufallen. Das gilt übrigens auch für Strafverfahren und meine Tätigkeit als Strafverteidiger. Dort stehen die Interessen meiner Mandanten an erster Stelle. Das bedeutet zugleich, dass ich jede professorale Attitüde meide, die Ihnen von gelegentlichen Vorlesungsbesuchen vielleicht erinnerlich sind.
Ich habe in all den Jahren praktischer Tätigkeit und in unzähligen Hauptverhandlungen, angefangen vom Amtsgericht bis hin zu Schwurgerichtssachen, selten erlebt, dass ein Gericht sich guten („akademischen“) Argumenten verschließt. Es gibt viele hochprofessionelle und ehrenwerte Richter und Staatsanwälte, die ihr Amt objektiv und rational ausfüllen. Und die scheren sich herzlich wenig darum, wer etwas sagt oder wie viele es sind, sondern hören schlicht und einfach darauf, was gesagt wird. Meine Erfahrung ist, dass es sich immer lohnt auf hohem juristischem Niveau zu argumentieren, auch wenn man in einem Prozess Mandanten hat, bei denen die Karten auf den ersten Blick vielleicht eher schlecht aussehen, was in Verfahren mit einem Totschlagsvorwurf oft der Fall ist.
Ich stoppe hier, denn es liegt mir fern, Sie bloßzustellen und weiter zu beschämen. Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Ziehen Sie ihn aus, den Mantel der Anonymität, und schreiben Sie mir mit Klarnamen eine E-Mail! Dann können wir uns wie Erwachsene austauschen über juristische Methodik und das nötige Maß an Erfahrung mit Strafverteidigung. Danach spendiere ich Ihnen sogar einen Cocktail – bei Bedarf auch gern einen „Painkiller“.
Beste Grüße und auf bald,
Ihr Holm Putzke
Ich erlaube mir ein paar Anmerkungen zu den Ausführungen von Herrn Putzke, der unverständlicherweise in das Feld mit der Namensangabe noch einen seiner akademischen Grade und seinen Beruf angegeben hat (wobei er ja gar kein „richtiger“ bzw. gewöhnlicher Professor ist):
1.
Ob der Herr Simon U. (ehemalig) irgendwas mit Jura zu tun hat oder ein „gestandener Jurist“ ist, kann Herr Putzke natürlich genau so wenig wissen, wie er darüber zu entscheiden hat, was ein „gestandener Jurist“ ist. Würde er sich selber dazu zählen? Oder den Justizminister? Oder den Herrn Simon U., wenn dieser sich bloß nicht den „Mantel der Anonymität“ übergeworfen hätte? Solche haltlosen und themenfremde (sowieso nur personenbezogene) Vermutungen können nur ein Ziel haben, nämlich gleich zu Beginn die Person des anderen anzugreifen.
2.
Ob jemand unter dem „Mantel der Anonymität“ schreibt oder nicht, scheint mir persönlich vollkommen irrelevant zu sein, zumal etwaige Namensangaben auf dieser Seite sowieso nicht überprüft werden (können). Und was wollte Herr Putzke auch mit dem vollen bürgerlichen Namen der da Hog´n-Leser anfangen?
3.
(wurde von der Hog’n-Redaktion entfernt)
4.
Das Aufgreifen der Uhrzeit der Veröffentlichung von anderen Beiträgen (um welche Uhrzeit wird dieser hier wohl erscheinen?) irritiert völlig. Nicht nur, dass mir persönlich auch das vollkommen irrelevant zu sein scheint. Den Luxus, an einem Freitag(nach)mittag, der für viele Menschen in diesem Land eine Hauptarbeitszeit darstellt, den kann sich nunmal nicht jeder leisten.
5.
Schlichtweg niveaulos sind die wiederholten Anspielungen auf einen vermeintlichen Alkoholgenuss anderer Beteiligter. Auch diese können wieder nur dazu dienen, die Person des anderen zu diffarmieren. Weitere Anfeindungen wie „schon gar nicht von Ihnen!“ (warum eigentlich nicht?) oder „kennen Sie den?“ (warum sollte das relevant sein?) reihen sich dort ein und sind Merkmale für einen ganz üblen Stil, wenn nicht sogar für völlige Stillosigkeit. Das belanglose Hinweisen auf angebliche Tippfehler jedenfalls gilt in der Diskussionskultur des Internetsgemeinhin als etwas „unschick“. Was an der Meinung des Herrn Simon U. jetzt „juritisch nicht einwandfrei“ sein soll, erfährt der „geneigte Leser“ leider genau so wenig wie die Beispiele, die Herr Putzke in seinem Namen vermisst hat.
6.
Der Hinweis auf den vertretenen Standpunkt zur Brauchbarkeit von polygrafischen Untersuchungen im Strafverfahren (oder sonstigen Gerichtsverfahren mit vergleichbaren Elementen) wirkt etwas fehlplatziert. Denn hierbei handelt es sich allenfalls entfernt um einen Standpunkt juristischer Natur. Vorrangig ist die Frage nach der Verlässlichkeit solcher Untersuchungsergebnisse eine, die in der Psycho-Forensik entschieden wird (und auch hier bisher eher skeptisch betrachtet wird, ganz zum Ungefallen von Herrn Putzke). Die daran anknüpfenden juristischen Fragen sind eher als Folgeprobleme zu betrachten und können (nach anfänglichen Unsicherheiten) inzwischen als erledigt, aber auch erübrigt betrachtet werden, solange diese Untersuchungen breits von der naturwissenschaftlichen/psychologischen Forensik (berechtigterweise?) abgelehnt oder zumindest nicht für die Wahrheitsfindung empfohlen werden. Daran ändert sich auch nichts, wenn ein einziger Richter am Amtsgericht Bautzen sich vom Gegenteil hat überreden lassen. Denn es ist nicht etwa so, dass diese Entscheidung nur alleine geblieben ist; vielmehr wurde diese Entscheidung explizit durch das Bundesverwaltungsgericht unter Aufzeigung nur einiger ihrer Mängel abgelehnt.
7.
Die Behauptung, dass zunächst Herr Putzke alleine der Ansicht gewesen ist, dass die „Knabenbeschneidung“ nicht durch die Einwilligung der Eltern gedeckt werden könnte, ist schlichtweg sachlich falsch. Ebenso sachlich falsch (oder bewusst überspitzt formuliert?) ist die Behauptung, dass der Bundestag diese Rechtsprechung (bzw. dieses Urteil des LG Köln) erst mit einem Gesetz stoppen konnte. Das Urteil alleine musste nicht gestoppt werden, denn das Strafverfahren war mit diesem zu Ende und das auch für den Angeklagten, der am Ende straflos aus der Sache rausgegangen ist. Die übrige Rechtsprechung konnte schon deshalb nicht erst vom Bundestag gestoppt werden, weil es ganz einfach keine die Strafbarkeit der „Knabenbeschneidung“ bejahende Rechtsprechung gab, die da hätte „gestoppt“ werden können; solche Rechtsfragen solcher Bedeutung werden bekanntlich von den Revisiongerichten „entschieden“, bei denen diese Frage aber nie angekommen ist.
Ganz nebenbei: Da Herr Putzke nun auch die Wertentscheidung des Gesetzgebers kritisiert, scheint mir dieser Punkt doch ein schönes und selbstgeliefertes Beispiel für einen Standpunkt zu sein, bei dem Herr Putzke die Gesetzeslage und sein persönliches politisches Empfinden miteiner vermischt (dafür hatte er oben ja noch Beipsiele vermisst).
8.
Den Hinweis darauf, dass das Bundesverfassunsggericht mal einen Aufsatz (bei dem Herr Putzke Co-Autor war) zitiert hat, wirkt auch etwas fehlplatziert und ich verstehe leider wirklich nicht, was diese Entscheidung zur Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen hier für eine Rolle spielen soll. Der Angeklagte in diesem Fall dürfte das Urteil odch ohnehin mit als Erster erhalten und eher KEIN Interesse daran haben, wenn dieses schon frühzeitig durch die Medien geht. Falls dieser Hinweis als Beispiel dafür gedacht sein sollte, dass Herr Putzke und verschiedene Gerichte auch der gleichen Meinung sein können, so wäre dieser Hinweis schon deshalb überflüssig, weil niemand etwas Gegenteiliges behauptet hat. Strohmann-Argument oder Eigenwerbung?
9.
(wurde von der Hog’n-Redaktion entfernt)
Erstaunlich, welche Empfindlichkeiten hier zutage treten. Ein Professor fühlt sich herausgefordert von einem nicht ernst zunehmenden Kommentar und auf seine launisch-humorvolle Antwort schreibt jemand in einer Art, die den Eindruck persönlicher Verletztheit erweckt. Einem promovierten Professor vorzuhalten, dass er seinen akademischen Grad und seine Berufbezeichnung benutzt, klingt nach Neid, zumal Prof. Dr. Putzke auch noch Inhaber einer Professor für Strafrecht, Strafprozessrecht und Wirtschaftsstrafrecht an der renommierten EBS Universität in Wiesbaden ist. Warum sollte es ein Beispiel für eine Vermischung der Gesetzeslage mit persönlichem politischem Empfinden sein, wenn jemand die Wertentscheidung des Gesetzgebers kritisiert? So etwas machen Rechtswissenschaftler permanent.
Aber vielleicht ärgert sich hier auch nur ein Strafverteidigerkollege über einen anderen, der ein interessantes Mandat weggeschnappt hat. Das würde die Reaktion einigermaßen erklären…