Anzenkirchen. „Der Amuramidolch“ heißt Richard Stieglbauers Fantasy-Roman, den er Ende 2016 im Eigenverlag „Tredition“ veröffentlicht hat. Es ist sein erster Roman – und es ist auch mein erster Fantasy-Roman, den ich gelesen habe. Bisher habe ich mich nicht so richtig rangetraut an das Fantastische, habe die realistischen Geschichten bevorzugt. Und dann wurde ich doch neugierig. Richard Stieglbauer hat sich bei mir gemeldet, wollte gern ein „Rottaler Gsicht“ werden. Beim Treffen hat er mir über die Entstehung seines Romans erzählt – und mir schließlich ein Rezensionsexemplar zugeschickt.
Mit absolut bildhafter Sprache…
Und so kam es, dass ich mich hineindachte in die fantastische Welt, die der 46-jährige Anzenkirchener erschaffen hat. Annika und Alina sind zwei ganz normale Mädchen, die durch einen geheimnisvollen Spiegel in eine andere Wirklichkeit gelangen. Norenika heißt der Planet in einem anderen Sonnensystem. Dort ist nichts wie daheim. Richard Stieglbauer gelingt es – mit einer absolut bildhaften Sprache – Landschaften, Völker, fabelhafte Wesen entstehen zu lassen. Vor meinem geistigen Auge tun sich riesige Gebirge auf, weite, waldige Ebenen, groteske Burgen. Seltsame Flugtiere transportieren die Mädchen im Norenika umher. Kleine Gnome unterstützen sie bei ihrer Aufgabe, den Planeten zu retten. Denn nichts Geringeres müssen die beiden tun, um wieder zurück in ihre Welt zu kommen. Und dann ist da noch dieser Daniel…
Blau geschuppte Frauen, wuchtige, aber gutmütige Wesen, kleine, hässliche Männlein, laufende Bäume, laut sprechende Felsen, seltsame Wasserwesen, menschlich anmutende Hexen – in Richard Stieglbauers Roman gibt es nichts, was es nicht gibt. Er schreibt so schön, dass alles lebendig wird – Bilder, Gerüche, Gefühle. Und er schreibt so geschmeidig, dass ein Abenteuer das nächste ergibt. Langeweile oder zähere Passagen gibt es – im Gegensatz etwa zu Tolkiens „Herr der Ringe“ – nicht im „Amuramidolch“. Und der mystische Dolch selbst? Der verleiht demjenigen große Kräfte, der seiner würdig ist. Und das scheint Annika zu sein, die im echten Leben eher zaghaft und unsicher wirkt. Doch in Norenika lernt sie, über sich selbst hinauszuwachsen.
Kleine Fluchten tun hin und wieder gut…
„Der Amuramidolch“ hält neben fantastischen Geschichten auch ein paar Lebensweisheiten bereit – sorgsam verpackt, gut verdaulich, nicht aufdringlich. Da geht es um Freundschaft, um Persönlichkeitsentwicklung, um große Gefühle. Dabei legt sich der Roman nicht auf eine bestimmte Leserschaft fest. (Fast) jede Altersklasse kann sich thematisch wiederfinden – und sich in eine andere Welt begeben. Und wieder zurückkommen. Kleine Fluchten tun hin und wieder gut. Sie öffnen den Blick für Alternativen.
Eva Hörhammer
Richard Stieglbauer: „Der Amuramidolch“, 432 Seiten, Verlag Tredition, als E-Book, Paperback oder Hardcover.