Freyung. Kritik ist, wie hinlänglich bekannt, nicht Jedermanns Sache. Und wie’s aussieht, ist sie Muthmanns Sache so ganz und gar nicht. „Aktiv seid ihr derzeit nicht in unserem Presseverteiler. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Eurem Online-Magazin ist für Herrn Muthmann derzeit nicht möglich“, teilt Annette Nigl, Bürosprecherin des Freie-Wähler-Landtagsabgeordneten, auf Nachfrage mit, nachdem die jüngste Pressemitteilung zum Thema „Polizeiakademie Freyung“ die Hog’n-Redaktion – wie ansonsten üblich – nicht auf unmittelbarem Wege erreicht hatte, sondern „nachbestellt“ werden musste.
„Wenn Ihr Anfragen habt, erfüllen wir natürlich Euren presserechtlichen Auskunftsanspruch“, lässt Nigl weiter mitteilen. Der konkrete Grund dafür, warum da Hog’n ab sofort keine Pressemeldungen mehr aus erster Hand zugesandt bekommt, sondern diese laut Empfehlung Nigls ja auf der Muthmann’schen Homepage einsehen und nachlesen könne, lautet wie folgt: „Ich erinnere an Euren Artikel: Humls „Bayerwald-Schmähung“: Ein klassisches Eigentor von MdL Muthmann…“ Daher weht also der Wind: Alexander Muthmann, die „beleidigte Leberwurst“, wie man in Bayern so schön sagt. Eine Trotzreaktion.
Ein Gebaren, das sicherlich kein Muthmann-Phänomen ist
Wir erlauben uns, dieses Vorgehen wie folgt zu interpretieren: Medien, die den vom bayerischen Volk gewählten Abgeordneten Alexander Muthmann öffentlich kritisieren, sind aus seiner Sicht nicht vertrauenswürdig und werden deshalb umgehend aus dem Muthmann’schen Presseverteiler gestrichen. Medien hingegen, die nach Muthmanns Facon berichten und ihn wenig bis gar nicht öffentlich kritisieren, gelten in Muthmanns Augen als vertrauenswürdig – und werden mit Informationen aus erster Hand versorgt.
Ein Gebaren, das sicherlich kein speziell Muthmann’sches Verhaltensphänomen darstellt – wir könnten an dieser Stelle noch weitere Politiker namentlich ins Feld führen, die seit Bestehen des Onlinemagazins da Hog’n auf ähnliche Weise reagierten… doch das würde zu weit führen. Bleiben wir bei Herrn Muthmann. Wir hatten in den vergangenen viereinhalb Jahren folgende, von ihm angestoßene und per Pressemitteilung an uns gesandte Themenkomplexe aufgegriffen bzw. ihn zu folgenden Themenkomplexen zu Wort kommen lassen:
- Schnelles Internet/Breitbandausbau auf dem Land
- Gema-Tarifreform und deren Auswirkungen auf die Gastronomie
- Finanzierung der Technologie-Campi in der Fläche
- B12-Verkehrswegeplan nicht im Bundesverkehrswegeplan
- Arbeitsagentur Waldkirchen
- „Monsterkreuzung“ Waldkirchen
- Digitale Info-Plattform
- Jugendherberge Frauenberg
- Bürgerkulturpreis für Juniorranger
- Schlüsselzuweisungen für Freyung-Grafenau
- Finanzielle Entlastung der Ilztalbahn
- Verbot von Bisphenol A im Kinderspielzeug
- Personalausstattung an der Uni Passau
- Erweiterung Kißlingerlift
- ÖPNV-Zuweisungen
- Wahlfreiheit zwischen dem acht- und neunstufigen Gymnasium
- Förderprogramm für Wasser und Abwasser
- Naturzonen-Diskussion
- Debatte um die Krankenhausreform
- Thema Wort+Geist
- Thema Außennotärzte
- Thema Behördenverlagerungen
- Thema Finanzausgleichsleistungen
- Thema Heu-Packerl
- Thema Kulturfond
- Thema Fehlbeleger
- Marathon-Lauf zugunsten der FRG-Tafeln
- Exklusiv-Interview vor der Landratswahl 2014
- Muthmanns Nahost-Reise mit Seehofer
- Exklusiv-Interview: „Die Menschen wollen keine Alleinregierung der CSU mehr“
- …….
Die Liste ließe sich noch um viele weitere Punkte verlängern. Doch am Ende bleibt die Frage im Raum stehen: Und das alles nur wegen eines im Ton etwas schärfer gehaltenen Kommentars? Seriously, Mr. Muthmann? Können Sie da nicht einfach drüberstehen? Genauso wie das Gros der (selbstbewussten) Waidler über die Aussage Humls drübergestanden ist?
Ein „natürlicher Reflex“, ein „ankonditionierter Habitus“…
Doch andererseits: So recht verwunderlich mag einem eine derartige Reaktion bei genauerem Hinsehen dann auch wieder nicht erscheinen. Eher als „natürlicher Reflex“. Als „ankonditionierter Habitus“, der einer langjährigen Zusammenarbeit mit der hiesigen Monopolzeitung geschuldet ist, die in der Vergangenheit Muthmanns Pressemitteilungen in gefühlten 99,9 Prozent der Fälle kommentar- und kritiklos 1:1 ins Blatt hievte. Widerworte seitens der Presse kennt Herr Muthmann somit nicht wirklich. Und sich mit anderen Lokal-Medien außer der PNP tatsächlich einmal auseinanderzusetzen, wurde in dem Sinne ja nie von ihm verlangt…
Vielleicht sollte sich Herr Muthmann demnächst noch einmal genauer mit seinem Selbstverständnis von Informationsweitergabe auseinandersetzen – und persönliche Befindlichkeiten hintanstellen. Alles andere ist, offen gesagt, ziemlich unprofessionell. Ein (erneutes) Eigentor…
Kommentar: Stephan Hörhammer
Wer verträgt schon öffentliche Kritik ? Nicht einmal die Medien.
Ob dem so ist, wie hier geschildert, kann ich nicht beurteilen. Fest steht aber: GENAU das brauchen wir: eine unabhängige Presse die auch mal sagt (schreibt), was Sache ist!
Denn schön langsam kann einem als Bürger/Wähler übel werden, wenn man fast nur noch Fotos von Politikern sieht die ein Band durchschneiden, eine Schaufel in der Hand halten oder auf irgendeinem Fest einen Maßkrug hoch stemmen. Arbeiten schaut anders aus.
Und wenn es trotz Selbstbeweihräucherung mal nicht so läuft und irgendwo etwas „unschönes“ geschrieben steht, beleidigt sein. Wählerauftrag verfehlt!
Der Da Hog’n wäre gut beraten, weiterhin kritisch zu hinterfragen, wir Leser haben ein Recht darauf.
Nun, gerade im Augenblick ist so ein Verhalten ja sehr ‚hipp‘, modern, einfach, angesagt: siehe der Umgang von Trump mit der mediealen Öffentlichkeit oder die Akkreditierungsselektionen der europäischen Rechten bei dem aktuellen großen europäischen Selbststilisierungs-BumBum in Koblenz.
Der Wohlstand der „Nachkriegszeit“ ist vielen wie selbstverständlich in’s Hirn gekrochen, alltäglich wichtige Dinge des Lebens sind meist planbar gut geregelt, Strom lässt Licht leuchten, warmes Wasser kommt aus der Wand, das Auto fährt, ein Essen liegt jederzeit in der Mikrowelle, ein Krankenhaus ist erreichbar und die Apotheke nicht weit…
Und das liegt auch an jahrelangen diskutierenden, abwägenden, KRITISIERENDEN Medien.
Wir haben alle genug selbstgebastelte ‚Scheren im Kopf‘ – Medien zu beschneiden ist kontraproduktiv.
Gehirnforscher Gerald Hüther sagt: 98 % der Kinder sind vor der Einschulung kreativ und hochbegabt. Nach dem Studium sind es nur noch 2 %. Ja, wo sind sie denn ?