Freyung-Grafenau. Nicht erst seit dem Lied „Holz“ von den „257ers“ ist der universell einsetzbare Rohstoff in der gesellschaftlichen Wahrnehmung gestiegen. Die Wertigkeit des Werkstoffs Holz, das den Bayerischen Wald prägt wie kaum ein anderer, hat in den vergangenen Jahren rapide zugenommen – und sich so zu einem echten WERT-Stoff entwickelt. Fichten, Buchen & Co. sind – neben ihrer Nutzung als Brennstoff – inzwischen auch in der Möbel- und Baubranche ein unverzichtbares Produkt. Gerhard Wimmer, Inhaber des Unternehmens Wimmer Wohnkollektionen (Waldkirchen) und gleichzeitig Sprecher des Netzwerks Forst und Holz für den Landkreis Freyung-Grafenau, berichtet im Interview mit dem Onlinemagazin da Hog’n über den Wandel des Rohstoffs Holz. Der 52-Jährige erklärt, wie unsere Wälder nachhaltig bewirtschaftet werden können – und welche ökonomischen Chancen für unsere Region dadurch entstehen.
Herr Wimmer, welche Bedeutung hat Holz für Sie persönlich?
Holz ist ein großer Bestandteil meines Lebens. Aufgewachsen in Langbruck in der Gemeinde Neureichenau habe ich diesen Werkstoff bereits früh kennengelernt. Als Kind habe ich mir meine eigenen Hasenställe aus Holz gebaut – und hab‘ auch gerne im Wald gespielt. Das war für mich immer etwas Besonderes. Nach meiner Schulzeit hätte ich gerne eine Ausbildung zum Schreiner gemacht. Leider hat es aber damals kein adäquates Stellenangebot gegeben, sodass ich mich entschlossen habe, Einzelhandelskaufmann beim Haller in Waldkirchen zu lernen. Früher hat man sich keine Gedanken darüber gemacht, welchen Beruf man ausüben möchte. Man hat einfach genommen, was da war.
„Holz ist touristische Werbung für den Bayerischen Wald“
Zunächst hatten Sie also einen eher „holzfernen Beruf“ erlernt.
Richtig. Anfangs war ich im Drogerie-Bereich beschäftigt. In meiner Freizeit habe ich mich aber weiterhin mit Holz auseinander gesetzt, habe alte Schränke restauriert und selber Einrichtungsgegenstände geschreinert. Über diesen kleinen Umweg bin ich letztlich in der Möbelbranche gelandet. Bevor ich mich mit Wimmer Wohnkollektionen selbstständig gemacht habe, war ich bei einigen Unternehmen dieser Sparte angestellt und durfte viele Erfahrungen sammeln – auch im Ausland. Mit etwas Verspätung bin ich also doch noch in meinem Traumberuf gelandet.
Wimmer Wohnkollektionen ist inzwischen ein europaweit agierendes Unternehmen. Sie kommen viel rum – und vertreten nebenher auch das Netzwerk Forst und Holz. Welchen Stellenwert hat das „Hoiz ausm Woid“?
Holz aus dem Bayerischen Wald hat im internationalen Vergleich keine große Bedeutung. Das liegt vor allem daran, dass die Fichte, die bei uns überwiegend in den Wäldern zu finden ist, auch in anderen Regionen hervorragend wächst. Die Bayerwald-Fichte hat nicht den hohen Stellenwert wie zum Beispiel die slowenische Eiche.
Andersrum gefragt: Was wäre der Bayerische Wald ohne seine Nutzhölzer?
Man darf unsere Region nicht nur auf den wirtschaftlichen Aspekt der Wälder beschränken. Besonders erwähnenswert sind vor allem die Lebensart und der Menschenschlag im Bayerischen Wald. Auch das Landschaftsbild – das unweigerlich mit der Fichte, Tanne und auch Laubbäumen verbunden ist – prägt unseren Landstrich. Holz ist im übertragenen Sinne eine touristische Werbung für den Bayerischen Wald.
„Das Netzwerk drohte von der Bildfläche zu verschwinden“
In früheren Zeiten war das noch anders. Da dominierten im Woid eher die Forstarbeiter und Sägewerke – Hotels waren da noch längst nicht in Sicht.
Ja, das stimmt schon. Der Bayerische Wald ist eher für die ersten Schritte der Holzverarbeitung bekannt. Die Möbelbranche selbst ist hier nicht so angesiedelt. Auch Wimmer Wohnkollektionen ist nur in Sachen Design, Entwicklung und Vertrieb von Einrichtungsgegenständen aktiv – die Produktion übernehmen unsere Partner in Ungarn und Polen. Aus Heimatverbundenheit hat Wimmer Wohnkollektionen seine Wurzeln hier im Bayerischen Wald – das wird auch immer so bleiben. Man muss aber ehrlich sein und sagen, dass das regionale Holz bei uns im Betrieb deshalb keine so große Bedeutung hat. Stattdessen mehr beim Netzwerk Forst und Holz…
Eine Hommage an den Rohstoff Holz liefern die „257ers“
…erklären Sie uns diesen Verbund bitte näher.
Ein guter Freund von mir, Zimmerer Bebbi Lang, hat mich vor einigen Jahren auf dieses Netzwerk aufmerksam gemacht. Als ich später dann Sprecher dieser Organisation geworden bin, wusste ich auch, warum er mich unbedingt dabei haben wollte (lacht). Er wusste, dass ich ein Holz-Fan bin – und auch, dass ich recht gerne rede (lacht). Aber Spaß beiseite. Entstanden ist das Netzwerk Forst und Holz durch ein Leader-Förderprojekt: Verschiedene holzverarbeitende Betriebe in der Region haben diese Idee dann in die Tat umgesetzt. Zum Geschäftsführer wurde Alexander Schulze ernannt, der dieses Amt noch heute inne hat.
Nachdem die Förderung ausgelaufen war, drohte das Netzwerk von der Bildfläche zu verschwinden. In Absprache mit einigen befreundeten Holzunternehmern haben wir dann einen Weg gesucht, diese Vereinigung weiterführen zu können – unter dem Dach von C.A.R.M.E.N. e.V., mit Geschäftsführer Schulze. Schließlich haben wir auch einen Konsens mit den beteiligen Landkreisen gefunden, die uns seitdem finanziell unterstützen.
Ziel: „Mehr Holz-Bauten – auch im öffentlichen Bereich“
Für welche Projekte werden diese Mittel eingesetzt?
Wir versuchen in erster Linie Imagearbeit für das Holz zu leisten – mit diversen Veranstaltungen und Vorträgen. Darüber hinaus informieren wir unsere Mitglieder über Neuerungen in den holzverarbeitenden Berufen. Unsere Zusammenkünfte sollen freilich nicht nur gemütliche Runden sein, sondern einen Mehrwert für alle Beteiligen haben – das ist uns sehr wichtig. Langfristig sollen die hiesigen Holz-Betriebe größere Projekte gemeinsam durchführen, um Existenzen und somit Arbeitsplätze zu sichern. In der Folge, so hoffen wir, gibt es dann wieder mehr Holz-Bauten im Bayerischen Wald – auch im öffentlichen Bereich.
Und das Netzwerk Forst und Holz übernimmt dann die jeweilige Projektkoordination?
Das wäre vorstellbar, ja. In erster Linie wollen wir vorerst die Vermittlerrolle einnehmen. Sucht eine Kommune zum Beispiel leistungsfähige Zimmerer, können sie sich an uns wenden. Wir gehen auch direkt auf mögliche Bauherren zu und stellen ihnen Möglichkeiten vor, wie ihr Vorhaben mit Holz umgesetzt werden kann.
Man hört raus: Die Wertigkeit von Holz steigt. Gleichbedeutend damit ist eine vermehrte Ernte dieses Rohstoffes. Wie kann dennoch die Nachhaltigkeit sichergestellt werden?
Es ist keinesfalls so, dass unsere Wälder geplündert werden. Im Gegenteil. Wir können aktuell sogar einen Überschuss vorweisen, einige Teilstücke müssten dringend durchgeforstet werden. Aufgrund der dichten Bewaldung ist es überhaupt erst möglich, dass sich zum Beispiel der Borkenkäfer so rasant verbreitet. Es ist zu viel altes Holz da – und das muss raus, um den nachwachsenden Bäumen den nötigen Platz zu überlassen und die Qualität der Bestände zu sichern. Es gehört auch zu unseren Aufgaben, vor allem private Waldbauern auf diese Dinge aufmerksam zu machen.
Der Wald der Zukunft? „Die Mischung macht’s“
Wie hat sich die Wertschätzung gegenüber dem Rohstoff Holz verändert?
Die Menschen beschäftigen sich mehr und intensiver mit diesem Baustoff. Natürlich trägt dazu auch das Internet bei – man kann schneller bessere Infos einholen. Vielen ist bewusst geworden, dass auch Holzhäuser sehr alt werden können. Hier wurde wertvolle Aufklärungsarbeit geleistet.
Wie wird sich unser Wald in den kommenden Jahren verändern?
Die Mischung macht’s. Wir brauchen Nadel- und Laubbäume, Flach- und Tiefwurzler. Nur so können wir uns vor Schädlingen genauso schützen wie vor Sturmschäden. Aus diesem Grund wurden in letzter Zeit immer mehr Tannen, also Tiefwurzler, unter Fichten, die Flachwurzler sind, gemischt, um für Stabilität zu sorgen. Hier spielt zum Beispiel die Nachhaltigkeit eine größere Rolle als die Wirtschaftlichkeit.
Generell wird der Holzpreis steigen – weil die Verarbeitung mehr kosten wird. Was aber auch eine große Chance für unsere Region sein kann. Unsere Wälder sind eine nicht zu unterschätzende Wirtschaftskraft.
Vielen Dank für das Interview.
Interview: Helmut Weigerstorfer