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Waldkirchen. Und dann halte ich die Urkunde in meinen Händen. Kein Geringerer als Steffen Eichhorn, seines Zeichens zweifacher deutscher Grillmeister, hat mir diese Auszeichnung gerade überreicht. Ein großer Moment für mich – sind Ehrungen in meinem bisherigen Leben doch eher die Ausnahme gewesen. Gerade in meiner Schulzeit war ich deshalb durchaus ein bisschen neidisch auf meine Freunde, die oftmals vor allem sportliche Erfolge feiern durften. Liebe Schulkameraden, aufgepasst! Ab sofort bin ich erfolgreicher Absolvent des Weber-Grillseminars bei Haller in Waldkirchen – ein Award, der fast schon mit einem akademischen Grad gleichzusetzen ist. Gegrillter Lachs, Rindersteak medium, indirekte Hitze – stellten diese Begrifflichkeiten noch bis vor Kurzem für mich nur „böhmische Dörfer“ dar, bin ich nun absoluter Profi, aufgestiegen in den siebten Grill-Himmel.
Doch zugegeben: Die Bezeichnung „Profi“ muss an dieser Stelle relativistisch betrachtet werden. Denn das Kochen – also die Kombination verschiedenster Zutaten zu etwas, das am Ende meistens richtig gut ausschaut und auch schmeckt – gehörte bis dato zu dem Teil meines Lebens, den ich gerne anderen überlassen habe. Meine Omas, meine Mutter und meine Freundin können das doch viel besser – und denen macht es sogar Spaß, ihren Enkel, Sohn bzw. Freund kulinarisch zu verwöhnen.
Einige stehen kurz vor dem ersten Michelin-Stern
Beim Grillen jedoch, ja, da schlägt meine große Stunde. Männersache. Bewaffnet mit einem frisch-gezapften Bierchen und einer ewig großen Grillzange übernehme ich immer gerne diesen Part der Verköstigung meiner Familie – wobei sich, offen gestanden, auch diese Sparte der Kochkunst auf das Auflegen und Wenden von Fleisch, Würstchen und Gemüse beschränkt. Welches Steak man wie lange mit welcher Temperatur grillen muss, damit’s am Ende so aussieht wie eben mal aus dem Iron-Smoker gepellt? Keine Ahnung! Wie man welche Hitzestufe des Holzkohlegrills optimal nutzen kann? Was weiß ich!
Dementsprechend einsam fühle ich mich zunächst beim Grillseminar auf der Dachterrasse von Haller in Waldkirchen. Zig verschiedene Gas- und Holzkohle-Grills stehen bereit. In einem Extraraum, einer Art Showküche, warten unterschiedliche Fleischsorten sowie Gemüse, Fisch und Obst darauf, verarbeitet zu werden. Ja, richtig gelesen! Grillen hat nicht nur was mit Fleisch, Würstchen und vielleicht etwas Grillkäse zu tun. Und ja, beim Grillen gibt es auch ein „Vorspiel“ in der Küche. Ich bin leicht verwirrt – und checke deshalb erst einmal mein näheres Umfeld ab. Insgesamt 18 weitere Hobbyköche nehmen am Seminar teil. Einigen sieht man’s direkt an, dass sie kurz vor dem ersten Michelin-Stern stehen. Andere wiederum wirken eher hilflos – so wie ich. Das macht Mut. Jedoch nicht übermäßig viel.
Tranchieren, filetieren, Mango-Chutney – Prost Mahlzeit
Die äußere Erscheinung von Steffen Eichhorn – der Grill-Guru ist ein wahrer Riese – trägt auch nicht gerade dazu bei, mich sicherer zu fühlen. Im Gegenteil: Die Nervosität steigt. Und das nicht nur aufgrund der körperlichen Ausmaße des gebürtigen Franken in Verbindung mit so einigen Tätowierungen am Arm und einer tiefen Stimme. Sondern auch, weil er bereits in seiner Begrüßung einige Worte in den Raum schmeißt, die ich so noch nie gehört habe. Tranchieren, filetieren, Mango-Chutney. Prost Mahlzeit.
Nachdem uns der zweifache deutsche Grillmeister die einzelnen Vorbereitungsstationen erklärt hat, sind nun wir an der Reihe. Es wird gegrillten Lachs, Rindersteaks, einen Rollbraten und ein Apfel-Dessert geben. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen. In Gedanken versunken merke ich gar nicht, dass sich die meisten Teilnehmer bereits ans Werk machen. Welch ein Pech! Zwar biete ich noch meine „Hilfe“ (wenn man es denn so nennen kann) an – doch irgendwie bleibe ich am Ende arbeitslos. Egal. Steaks ahead!
Besondere Geschmacksnote durch das Zedernholz
Geschäftig versuche ich mit meiner Kamera die Szenerie festzuhalten. Nebenbei mache ich mir Notizen. Meine Devise: Nur nicht auffallen. Und ganz nebenbei einige Dinge von den Teilnehmern in Erfahrung bringen. Bernhard zum Beispiel hat einen Weber-Grill beim Schafkopfen gewonnen. Er ist zwar bereits ausgewiesener Hobbykoch, möchte nun aber weitere Kniffe lernen. Die Brüder Christoph, Tobias und Josef – wie sich bald herausstellt: die Gaudi-Abteilung des Abends – hantieren sehr geschickt mit den gefährlich funkelnden Messern. „Das machen wir öfter – zum Beispiel beim Straßenfest in der Hemerau“, erklären sie und grinsen. Daneben schneidet ein weiterer Christoph die Zwiebeln. Er hat das Seminar zum Geburtstag geschenkt bekommen und erklärt mir fachmännisch, dass man beim Zwiebelschneiden nicht durch die Nase atmen darf – dann würde man auch keine tränenden Augen bekommen. Eifrig notiere ich mir diesen Tipp – „Wissen für Angeber“, das ich meinen Daheimgebliebenen demnächst kredenzen will.
Dann ist es endlich soweit: Der erste Grilldurchgang steht an. Der Lachs liegt bereit. Steffen Eichhorn berichtet vorerst darüber, dass bei der Befeuerung eines Holzkohlegrills viel Geduld gefragt sei. Die Briketts müssten ordentlich durchgegrillt, also „weiß“ sein, bevor man mit dem eigentlichen Grillvorgang beginnen könne. Benötige man große Hitze, muss man die Lüftung öffnen – klingt logisch. So erhält das Feuer den nötigen Sauerstoff, um richtig „Gas“ geben zu können. Bis zu 200 Grad sind möglich. Diese Temperatur erreicht man auch mit einem Gasgrill. Den Mythos, man schmecke beim fertigen Gericht den Unterschied zwischen Gas- und Holzkohlegrill dementiert Eichhorn vehement. Mehrere Blindverköstigungen hätten dies widerlegt. Schon wieder was dazugelernt. Läuft! Der Lachs wird auf Zedernholz gegrillt. Ich erfahre, dass man Fisch nie direkt, also über offenem Feuer grillen soll. Die in der Zeder verborgenen Öle sorgen zudem für eine besondere Geschmacksnote.
Ein Moment, der mich an den Großteil meiner Schulzeit erinnert
Nach diesem aus meiner Sicht doch recht theoretischen Abschnitt schlägt nun endlich meine große Stunde. Ich bin an der Reihe – und kann jetzt mein vollstes Knowhow in den Kurs miteinbringen. Beim Essen! Der erste Gang wird serviert: gegrillter Lachs auf Mango-Chutney. Und ja, die bombastische Explosion nach dem ersten Bissen ist nicht in Worte zu fassen – obwohl das als Journalist und Anhänger der schreibenden Zunft eigentlich stets meine Aufgabe wäre. Kurz: Ich bin sprachlos – auch, weil ich damit beschäftigt bin, mein Teller vor eventuellen (jedoch freilich nicht vorhandenen) Angreifern zu schützen.
Auf Nachschlag verzichte ich – schließlich hatte ich bereits Blickkontakt zum Rindersteak aufgenommen. Doch halt! Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Bei Steffen Eichhorns Frage in die Runde, wer denn die Steaks punktgenau medium grillen möchte, heißt es für mich: Kuck ihm bloß nicht in die Augen! Stier in die Luft oder an die Wand! Denk an Gänseblümchen – und hoff‘, dass es jemand anderen erwischt. Irgendwie erinnert mich dieser Moment an den Großteil meiner Schulzeit – vor allem an den Moment, wenn es hieß: „Schauen wir mal, wen wir heute ausfragen…“
Meiner ersten deutschen Meisterschaft steht nichts mehr im Wege
Letztlich fällt die Wahl auf Judith, eine meiner Meinung nach erfahrene Köchin. Trotz der vorher bangen Momente bereue ich es fast schon ein bisschen, dass ich das Fleisch nicht „bearbeiten“ darf. Vor meinem geistigen Auge kredenze ich meiner gesamten Familie hervorragend gelungene Steaks, ernte wohlwollenden Applaus und eine Woche Befreiung von der Hausarbeit. Die tiefe Stimme von Steffen Eichhorn holt mich in die Realität zurück. Zunächst von mir als eher grimmigen Kerl abgestempelt, nehme ich nun mehr und mehr von seinem tiefsinnigen Humor Notiz. Außerdem steigt mein Respekt vor seinen „grillerischen Fähigkeiten“. Unter größter Hitze müsse jede Seite des Steaks genau eine Minute auf dem Grill braten – und danach in den sogenannten indirekten Bereich, um fertiggaren zu können. Nicht vergessen dürfe man dabei, dass das Fleisch im Anschluss noch etwas „ruhen“ soll. So könne es sein volles Aroma entfalten.
Apropos Ruhen: Nachdem ich den riesengroßen Fleisch-Berg auf meinem Teller genüsslich vertilgt habe, fühle ich mich so richtig reif fürs Kanapee. Steak mit gefüllten Champignons – ein Traum. Ich schwebe irgendwo zwischen glücklichen Rindern und einer Ansammlung von Pilzen auf einer Lichtung dahin, als mir mein Kollege Bernhard erklärt, dass er sich jetzt noch einmal Nachschub holen müsse. Ich kann ihn verstehen. Verzichte aber wiederum – schließlich steht der Rollbraten bereits in den Startlöchern bzw. brutzelt auf dem „Weber“. Unser Referent erklärt, dass man hierbei pro Kilo Fleisch mit einer Stunde Grillzeit rechnen dürfe. Langsam fügt sich in meinem Kopf das perfekte Grill-Schema zusammen. Gar nicht so einfach, denk ich mir. Doch meiner ersten deutschen Meisterschaft steht nichts mehr im Wege…
Und plötzlich sind Rammstein und Helmut Fischer zu Gast
Rollbraten mit Eintopf und Reis – obwohl ich ein durchaus kreativer Mensch bin, gehen mir an dieser Stelle die Superlative aus. Und plötzlich ist da Rammstein in meinem Kopf. „Muss ich auch mit der Ohnmacht kämpfen – ich esse weiter unter Krämpfen“, singe ich in Gedanken mit, während mir Frontmann Till Lindemann mitleidig auf die imaginäre Schulter klopft. Dieses Mal muss eine weitere Portion her. Hilft nix. Ich hab es mir ja auch verdient nach den vergangenen, ach so anstrengenden Stunden.
Mit letzten Kräften – und wahrscheinlich fünf Kilogramm mehr auf den Rippen – kämpfe ich mich zum letzten Theorieteil: der Nachspeise. Sie steht bei mir unter dem Helmut-Fischer-Motto: „A bissl wos geht immer!“ Es gibt überbackene Äpfel. Wusste gar nicht, dass man auch solche unfleischlichen Lustmacher auf den Grill betten kann. Steffen Eichhorn belehrt mich eines besseren. Hab ich schon erwähnt, dass dieser Mann mein neues, großes Vorbild ist? Vergessen sind frühere Idole wie Thomas Müller oder Basti Schweinsteiger…
Thomas Müller ist nur so gut, weil Weber so gut ist
Doch. Halt. Thomas Müller und Weber – da war doch was. Ja, genau. Der deutsche Nationalspieler ist das Werbegesicht des Grillherstellers. War einst Weber für mich gut, weil Thomas Müller gut ist, ist es inzwischen umgekehrt. Was hab ich schon von einer schönen Flanke auf dem Bolzplatz? Dann doch lieber die Flanke Rindersteak auf dem heimischen Grill…
Fazit: Grillen ist mehr als nur Fleisch, Würstl und Gemüse auflegen, umdrehen und fertig. Grillen ist eine wahre Kunst. Das wurde mir beim vierstündigen Seminar bei Haller in Waldkirchen deutlich. In lockerer Runde habe ich grundlegende Dinge kennengelernt, die mir jetzt viel klarer erscheinen – an die ich aber zuvor nie gedacht hätte. Während Steffen Eichhorn mit großem Fachwissen, verpackt in einfacher Sprache und dem nötigen Humor zu überzeugen wusste, gab Hausherr Michael Pinker interessante technische Tipps. Für alle, die gerne Grillen (oder auch nur Gegrilltes essen) gehört ein Weber-Grillseminar zum Pflichtprogramm – übrigens gibt’s davon auch eine Winterversion.
Helmut Weigerstorfer
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Lachs vom Zedernholz mit geräuchertem Spargel-Brot-Salat und Dijon-Mayonnaise – Aus dem Buch „Für jeden Geschmack – Weber Grillseminar Live! Rezepte 2016“:
Zutaten:
- 1 Lachsseite, küchenfertig mit Haut (800g)
- 1 EL Bratfisch-Gewürz
- 2 Bund grüner Spragel
- 2 EL Rapsöl
- 4 Scheiben Bauernbrot – etwas 2 cm dick
- 150g Kirchtomaten, halbiert
- 1 Bund Rucola
- 100g Dijon-Mayonnaise
- Salz & Pfeffer, Olivenöl, weißer Balsamico und Dänisches Rauchsalz
- 1 Handvoll Räucherchips (Apfel), mindestens eine halbe Stunde eingeweicht
- 1 großes Zedernholzbrett, mindestens 2 Stunden eingeweicht
Zubereitung:
- Den Grill für direkte und indirekte Hitze (180 Grad) vorbereiten. Den Spargel in 2 cm lange Stücke schneiden, mit einem EL Rapsöl vermengen und in eine Grillpfanne geben. Diese direkt auf dem Grill aufstellen und den Spargel etwas 12 Minuten grillen. Danach die Räucherchips direkt in die Glut geben oder die Räucherbox verwenden. In der Zwischenzeit das Brot in 2 cm große Würfel schneiden und mit 1 EL Rapsöl vermischen. Das Brot in den Drehspieß-Korb geben und den Drehspieß einsetzen. Etwas 12 bis 15 Minuten indirekt grillen, bis das Brot schön knusprig ist. Alles herunternehmen und beiseitestellen.
- Das Zedernholzbrett direkt auf dem Grill platzieren und den Deckel schließen. Warten bis das Brett raucht und knistert. In der Zwischenzeit den Lachs auf der Haut vorportionieren (je 200g) und mit dem Bratfisch-Gewürz und etwas Salz würzen. Jetzt das Brett in die indirekte Zone des Grills schieben und den Fisch mit der Hautseite nach unten auflegen. Den Lachs etwas 8 Minuten grillen und dann mit der Dijon-Mayonnaise dünn einstreichen. Weitere 12 Minuten grillen.
- In der Zwischenzeit den Spargel mit dem Brot, den Kirchtomaten und Rucola vermischen und mit Salz und Pfeffer, Balsamico und Olivenöl abschmecken.
da Hog’n
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