Grafenau. Montag, Dienstag, Donnerstag – diese drei Tage waren bisher im Kalender von Valentin Weber Woche für Woche dick angestrichen. Dann nämlich ist er mit seinem Imbisswagen auf den Parkplatz des REWE-Supermarkts (unweit des Busbahnhofs) gefahren, um den hungrigen Grafenauern zur Mittagszeit zwischen 11.30 und 13.30 Uhr seine hausgemachten Burger zu kredenzen. „Das Geschäft ist richtig gut gelaufen. Ich hatte sogar bereits mit dem Gedanken gespielt, einen zweiten Imbiss zu eröffnen“, berichtet der 34-jährige Gastronom. Er spricht in der Vergangenheit – und das nicht ohne Grund. Denn inzwischen hat er – auf Anweisung der Stadt Grafenau – seinen Platz räumen müssen. Ihm droht jetzt das Aus. Er selbst spricht von einer „existenzgefährdenden Situation“.

In der Baugenehmigung des REWE-Marktes ist die Anzahl der Parkplätze, die der Öffentlichkeit zum Abstellen ihrer Fahrzeuge zur Verfügung stehen müssen, fest verankert und geregelt. Dies bestätigen auf Hog’n-Nachfrage sowohl Michael Pradl (Geschäftsleiter der Stadt Grafenau) als auch Valentin Weber selbst. Der Grafenauer Gastronom spricht von 137 Stellplätzen, die laut Vorschrift vorgehalten werden müssen. Zieht man die Fläche ab, die er für seinen Imbissstand benötigt (das sind drei Parkplatz-Zellen), bleiben lediglich 134 übrig.
Rein rechtlich betrachtet sei somit der „Räumungsbescheid“ der Stadt an Weber legitim. „Moralisch hat das alles jedoch einen faden Beigeschmack“, findet dieser. Seinen Beobachtungen zufolge sei nämlich – vor allem während der Mittagsstunden – stets ausreichend Platz für die Fahrzeuge der REWE-Kunden vorhanden. Und vor Feiertagen, wenn hektisch letzte Einkäufe gemacht werden und der Discounter „proppenvoll“ ist, sei er ohnehin nie vor Ort gewesen. „Dann haben die Leute sowieso keine Zeit, sich was zum Essen zu kaufen.“
„Der Bürgermeister lässt nicht mit sich reden“
In mehreren Gesprächen wollte er der Stadtverwaltung diese Sachlage erklären. Er stieß jedoch nach eigenen Aussagen dabei stets auf taube Ohren. „Der Bürgermeister lässt einfach nicht mit sich reden“, zeigt sich Weber verärgert. Besonders mit der schnellen, kompromisslosen Vorgehensweise der Stadt hadert der 34-Jährige. „Am 23. August ist mir mitgeteilt worden, dass ich den Platz nicht mehr nutzen darf. Zwei Tage später musste ich das bereits umsetzen.“
Doppelt bitter: Sein erstes berufliches Standbein musste Valentin Weber erst kürzlich aufgeben. Jahrelang hatte seine Familie den „Passauer Hof“ im Ortskern der Säumerstadt betrieben. Die rückläufigen Touristenzahlen sowie der zunehmend ausbleibende Besuch der Einheimischen hätten das Wirtshaus unrentabel werden lassen, wie er erklärt. Die Imbissbude sei da eine willkommene Alternative gewesen – doch auch diese Einkommensquelle ist nun buchstäblich aus dem Verkehr gezogen worden.

Gerade deshalb hätte Valentin Weber etwas mehr Fingerspitzengefühl von Bürgermeister Max Niedermeier erwartet. „Ganz Grafenau schüttelt darüber den Kopf“, ist sich der (jetzt ehemalige) Imbissbuden-Betreiber sicher. Derzeit ist er damit beschäftigt, einen neuen Stellplatz für seinen Burgerwagen zu finden – was sich jedoch als äußerst schwierig erweist. Und die Zeit drängt. Der Existenzgründer – seit zwei Jahren erst ist er als fahrender Gastronom unterwegs und am REWE-Parkplatz an besagten drei Tagen in der Woche stationiert – macht deutlich: „Noch kann ich mich mit Erspartem über Wasser halten. Aber demnächst bin ich wieder auf regelmäßige Einnahmen angewiesen – ansonsten muss ich leider aufgeben.“
„Situation ist der Ignoranz der Marktleitung geschuldet“
Die laut Weber unverständliche sowie aus seiner Sicht unverhältnismäßige Vorgehensweise der Stadt relativiert Geschäftsleiter Michael Pradl gegenüber dem Onlinemagazin „da Hog’n“. Er erklärt, es habe bereits zahlreiche Beschwerden gegeben, dass es gerade zu Stoßzeiten nicht genügend Parkplätze beim REWE-Markt gäbe. „Die in der Baugenehmigung geforderten Plätze berücksichtigen nicht einmal, dass durch das spätere Hinzukommen der Postfiliale sowie der Lotto-Annahmestelle weitere Kundenfrequenz geschaffen worden ist.“ Neben dem Imbisswagen von Valentin Weber würde es darüber hinaus weitere Essens- und Lebensmittelstände, Altkleidercontainer, Werbeaufsteller sowie den Unterstand für die Einkaufswägen geben, die den Parkplatz zweckentfremden. „In Summe ein nicht hinnehmbarer Zustand“, erklärt Pradl.

Trotz mehrerer Aufforderungen seitens der Stadt Grafenau an die REWE-Marktleitung, auf dem Parkplatz wieder für geordnete Verhältnisse zu sorgen, sowie mehrerer gemeinsamer Gespräche innerhalb der vergangenen zwei Jahre, gab es von Seiten der Marktleitung Pradl zufolge keinerlei Reaktionen. In der Folge sei das Landratsamt Freyung-Grafenau als Bauaufsichtsbehörde eingeschritten, die die „Zurverfügungstellung“ der Parkplatzflächen eingefordert hatte. „Dass diese Situation für Herrn Weber offenbar sehr unerwartet kommt und für ihn natürlich eine Härte darstellt, ist aus unserer Sicht bedauerlich, einzig und allein aber der jahrelangen Ignoranz und Unbeweglichkeit der Marktleitung geschuldet und keinesfalls mangelndem Fingerspitzengefühl des Bürgermeisters“, rechtfertigt sich der Grafenauer Geschäftsleiter.
Der Betreiber des REWE-Marktes in Grafenau, Angelo Di Prospero, war nicht bereit zu diesem Thema Stellung zu beziehen.
Helmut Weigerstorfer
Ja, so ein Bürgermeister hat halt Gewicht und das spielt er aus!
Amtsträger gehören einer Spezies an, die in freier Wildbahn nicht existieren können. Wähnen sie sich aber im Schutz und in der Anonymität ihrer Bürokratie entwickeln sie allen Mut und alle Kreativität um ihrem erbitterten Feind, dem wehrlosen Bürger zu schaden.