„Und wie habt Ihr das gemacht?“ Das ist eigentlich immer die erste Reaktion, wenn ich von meiner Familie erzähle. Weil wir eine besondere Familie sind: Statt Mutter-Vater-Kind sind wir zwei Mamas mit Kind. Klar macht es neugierig, wenn zwei Frauen zusammen ein Kind haben. Ich beantworte alle Fragen immer gerne. Weil ich finde, dass viel zu viele Menschen nicht wissen, warum es nach wie vor gar nicht so einfach ist, als lesbische Frau schwanger zu werden – und wo meiner Meinung nach gleichgeschlechtliche Paare mit Kinderwunsch sogar deutlich diskriminiert werden. Deshalb möchte ich hier in einer kleinen Serie im Rahmen des Onlinemagazins da Hog’n von unserem Weg erzählen.
Wir sind ein Paar wie jedes andere – mit dem kleinen Unterschied…
Edith und ich sind seit einer kleinen Ewigkeit ein Paar, wir haben uns bereits im Gymnasium in Waldkirchen kennengelernt. Seit sechs Jahren sind wir „verheiratet“ – genauer gesagt: verpartnert. Wir haben also unsere Lebenspartnerschaft beim Standesamt eintragen lassen. Irgendwann kam er dann auch bei uns: Der ganz natürliche Wunsch nach einem Kind. Und wir haben ihn verwirklicht.

Im ersten Teil der Serie „MamaMamaKind“ schildert unsere Autorin unter anderem, wie es zum Kinderwunsch der beiden Frauen gekommen ist und welche Möglichkeiten es für gleichgeschlechtliche Paare gibt, ein Kind zu bekommen. Foto: privat
Ich erinnere mich noch genau an den Tag, an dem wir uns plötzlich einig waren, dass wir Eltern sein wollen: Wir hatten ihn mit einem befreundeten Paar und deren einjähriger Tochter verbracht. Es war so schön, die beiden in ihrer neuen Rolle als Mama und Papa zu sehen – und zu wissen, dass ihr Leben einen ganz neuen, wertvollen Sinn bekommen hat: Für ihr Kind da zu sein und es groß werden zu sehen. Und warum sollten wir unser Leben nicht mit diesem Sinn erfüllen, nur weil wir zwei Frauen sind?
Für uns war von Anfang an klar: WIR wollen Familie sein – three are family: Mama, Mama und Kind. Der biologische Vater des Kindes soll nicht als dritter Elternteil in Erscheinung treten. Wir sind ein Paar wie jedes andere, mit dem kleinen Unterschied, dass wir zwei Frauen sind – und nicht Mann und Frau. Das macht unseren Alltag aber in keiner Weise anders. Und genau deshalb wollen wir auch zu zweit Eltern sein.
„Fehlt dem Kind dann Eurer Meinung nach nicht der Vater?“
Wir haben uns entschieden, dass ein anonymer Samenspender der biologische Vater unseres Kindes sein soll. Und ich die leibliche Mutter, die das Kind zur Welt bringt. Im Familienalltag wird der Samenspender keine Rolle spielen. Aber unser Kind kann erfahren, wer er ist, sobald es das möchte. Das ist in Deutschland gesetzlich geregelt. Wenn beide es möchten, können sie sich auch irgendwann kennenlernen.
Die nächste Frage, die viele stellen: „Fehlt dem Kind dann Eurer Meinung nach nicht der Vater?“ Ich habe dazu viel gelesen, bevor wir uns für diesen Weg entschieden haben. Und quasi alle Autoren und Autorinnen von Büchern, Studien und Artikeln sind sich einig: So lange das Kind in einer stabilen Beziehung aufwächst, geliebt wird und zwei Elternteile hat, die immer für das Kind da sind, fehlt der Vater in keiner Weise.
Möglichkeiten für gleichgeschlechtliche Paare ein Kind zu kriegen
- Für lesbische Paare steht der Weg zu manchen Samenbanken offen, beispielsweise in München. Voraussetzung: Man muss verpartnert sein und die Partnerin, die nicht die leibliche Mutter des Kindes ist, muss es nach der Geburt adoptieren.
- Viele Ärzte behandeln lesbische Frauen aber nicht mit Spendersamen. Denn: Alle Landesärztekammern außer Bayern, Berlin und Brandenburg raten den Ärzten, die sogenannte assistierte Reproduktion nur bei Ehepaaren durchzuführen. Nur Hamburg erlaubt sie ausdrücklich auch bei gleichgeschlechtlichen Paaren. Ausdrücklich gegen die sogenannte Insemination bei lesbischen Paaren sprechen sich die Landesärztekammern Saarland, Sachsen und Thüringen aus.
- Wem der Gang zur Samenbank zu teuer ist (jeder Versuch kostet mindestens 600 Euro – mehr zu den Kosten im nächsten Teil der Serie), der kann natürlich jederzeit woanders nach einem Mann suchen, der der biologische Vater des Kindes werden soll. Manche suchen im Freundes- oder Bekanntenkreis, andere suchen im Internet. Hier gibt es Foren, in denen lesbische Paare und private Samenspender zusammenfinden
- Für homosexuelle Männer ist es ungleich schwieriger, ein Kind zu bekommen. Adoption ist zwar grundsätzlich ein möglicher Weg – allerdings kann ein gleichgeschlechtliches Paar nicht gemeinsam adoptieren. Zunächst muss einer allein adoptieren und der Partner dann sukzessiv. Da es in Deutschland viel mehr Adoptionsbewerber als zu vermittelnde Kinder gibt, ist es ziemlich schwierig, als Homosexueller ein Kind vermittelt zu bekommen.
- Homosexuelle Männer suchen daher entweder nach lesbischen Paaren, um quasi in einer Vierer-Konstellation (genannt Queerfamily) ein Kind zu bekommen. Oder sie adoptieren im Ausland. Oder sie bekommen ein Kind von einer Leihmutter, mithilfe der Eizelle einer weiteren Frau – das ist zum Beispiel in Amerika möglich. Die Kosten hierfür sind aber immens hoch (etwa 100.000 Euro sind hier realistisch).
- Als Pflegeeltern sind auch gleichgeschlechtliche Paare gefragt. Vor allem für ältere Kinder aus schwierigen Verhältnissen suchen die Jugendämter oft händeringend nach Pflegeeltern – und da dürfen dann auch gleichgeschlechtliche Paare gerne einspringen…
Welch Glück wir damit hatten, haben wir erst später begriffen
Wenn ein Paar beschließt, dass es gerne ein Kind hätte, hört es auf zu verhüten und wartet ab. Bei uns war es natürlich ein kleines bisschen anders. Ich habe im Internet gesucht – und auf Anhieb eine Samenbank in München gefunden, die auch lesbische Paare auf dem Weg zum eigenen Kind unterstützt. Wir wohnten damals in München, die Cryobank war nur 20 Minuten von uns entfernt.
Welch Glück wir damit hatten, haben wir erst später begriffen: Wir haben immer öfter Geschichten von lesbischen Paaren gelesen, die ins Ausland gegangen sind, um ihren Kinderwunsch zu verwirklichen. Oder noch extremer: Die in dubiosen Foren im Internet einen Mann gefunden haben, der ihnen Sperma im Becher übergeben hat… Für uns wäre das niemals in Frage gekommen! Erst da wurde uns klar, dass viele Paare sich den Gang zur Samenbank schlicht nicht leisten können. Dass längst nicht jede Samenbank Spendersamen an lesbische Paare verkauft. Und dass die Cryobank München zudem eine Ausnahme ist, weil sie ganz offen im Netz veröffentlicht, dass sie lesbische Paare behandelt. Andere verschweigen das lieber…
Problem: Eine eingetragene Lebenspartnerschaft ist keine Ehe
Viele Ärzte haben aufgrund von Empfehlungen der Ärztekammern anscheinend tatsächlich Angst, lesbischen Frauen zu einem Kind zu verhelfen, weil sie im Nachhinein verklagt werden könnten – auf Unterhalt! Für uns klingt das ziemlich absurd: Wieso sollten zwei Frauen, die sich gemeinsam ein Kind wünschen, die gemeinsam die Kosten der Kinderwunschbehandlung tragen, die verpartnert sind und sich lieben, auf die Idee kommen, den Samenspender oder den Arzt, der die Schwangerschaft herbeiführt, irgendwann auf Unterhalt zu verklagen?
Dass es rein rechtlich unter Umständen möglich wäre, liegt daran: Eine eingetragene Lebenspartnerschaft ist keine Ehe. Die Co-Mutter (so nennt die Samenbank die Partnerin, die das Kind nicht austrägt) ist daher nach der Geburt nur Stiefelternteil. Das bedeutet: Sie hat eingeschränkte Pflichten im Bezug auf das Kind: Sie muss zum Beispiel keinen Unterhalt zahlen im Falle einer Trennung. Sie hat aber auch eingeschränkte Rechte. Für Edith, die sich ein Kind genauso stark wünschte wie ich, war das beängstigend. Jugendamt und Gericht hätten ihr das Kind wegnehmen können, wenn mir etwas zugestoßen wäre… (Aber dazu mehr in einem weiteren Teil der Serie zum Thema Stiefkindadoption).
Wie ein langer, harter Kampf für uns begonnen hat…
Für uns war dieses ganze juristische Blabla zum Glück noch kein Thema, als wir in das Abenteuer „schwanger werden“ gestartet sind. Da warteten ganz andere Abenteuer auf uns – aber dazu mehr im nächsten Teil, in dem es darum geht: wie es abläuft, wenn man mithilfe von Sperma aus einer Samenbank schwanger werden möchte; ob wir in einem Katalog mit Spendern blättern durften; was das alles kostet – und: wie ein langer, harter Kampf für uns begonnen hat…
da Hog’n
Hallo :)
Ich freue mich jetzt schon auf den zweiten und dritten Teil deiner Erzählung! Wir stehen gerade am Anfang eines Weges, der dem euren sehr ähnlich zu sein scheint! Wir lassen uns auch in München behandeln und sind bis jetzt auch sehr begeistert. In meinem nächsten Zyklus soll es losgehen!
liebe Grüße und einen schönen Tag euch Dreien!
Noelana
Oje, da hoffe ich sehr, dass ich dich mit Teil 2 und 3 jetzt nicht verunsichere … Wir waren ein „harter Fall“ ;-) Ich drücke die Daumen, dass es bei euch ganz einfach wird!
LG, Sabine