Ludwigsthal. Seine schiefen Wände und das Flachdach wurden mit großer Skepsis betrachtet und viele der Baustellenbesucher wetterten heftig gegen den „Betonbunker“, der so gar nicht in die Landschaft des Bayerischen Waldes passe. Gerti Menigat erinnert sich gut an die Diskussionen von damals: „Das Haus zur Wildnis hat die Bevölkerung gespalten. Da musste man viel erklären und schlichten“, wird die Lindberger Bürgermeisterin in einer Pressemitteilung zitiert – und schüttelt heute darüber lachend den Kopf. Denn: Schon früh hat sich das Haus zur Wildnis als lohnendes Ziel in der Freizeitgestaltung entpuppt – und seit seiner Eröffnung bereits mehr als 1,4 Millionen Besucher angelockt. Im August feiert die Einrichtung ihr zehntes Jubiläum.
Die Nationalparkerweiterung um das Falkenstein-Rachel-Gebiet Ende der 1990er Jahre hätte den Anstoß zum Bau des neuen Besucherzentrums gegeben, wozu neben dem Haus zur Wildnis das Tierfreigelände mit Großgehegen zur Präsentation von Wölfen, Luchsen, Wildpferden und Urrindern sowie die Steinzeithöhle als Ausgangspunkt für eine abenteuerliche Reise in die Urgeschichte gehören. „In einem Raumordnungsverfahren wurden damals die ökonomischen, ökologischen, kulturellen und sozialen Aspekte der Großbaumaßnahme unter die Lupe genommen“, erinnert sich Haus-zur-Wildnis-Leiter Reinhold Weinberger. Weil das Ergebnis positiv ausgefallen war, nahm die Nationalparkverwaltung das Zehn-Millionen-Euro-Projekt zum Auftakt ins neue Jahrtausend in Angriff.
„Es bereichert die Kunst- und Kulturszene des Landkreises enorm“
So umstritten die Maßnahme bei der Bevölkerung zunächst war, so positiv bewerten Einheimische und Feriengäste laut der Meldung das Nationalparkzentrum Falkenstein heute. Weil allein im Haus zur Wildnis allerhand geboten ist: ein Laden mit fair produzierten Geschenken, Souvenirs und Büchern, eine hochwertige Bio-Gastronomie mit raffinierter Speisekarte sowie jährlich mehrfach wechselnde Ausstellungen, (Film-)Vorträge und musikalische Veranstaltungen – worüber sich Kreiskulturbeauftragter Roland Pongratz besonders freut: „Das Haus zur Wildnis bereichert die Kunst- und Kulturszene des Landkreises Regen enorm.“ So biete die Nationalparkverwaltung nicht nur Konzerte, Kleinkunst und Ausstellungen regionaler wie überregionaler Künstler an, sondern öffne auch externen Partnern und Veranstaltern die Tür.
Doch nicht nur der Kultur wegen strömten in den vergangenen zehn Jahren unermüdlich Gäste nach Ludwigsthal, wie es in der Mitteilung an die Medien heißt: „Wir verstehen uns auch als Zentrum der Umweltbildung und heißen regelmäßig Kindergärten und Schulen willkommen“, merkt Reinhold Weinberger an und verweist auch auf das abwechslungsreiche Ferienprogramm, das im und rund um das Haus zur Wildnis in Ludwigsthal jeden Sommer stattfindet. Durch die gute Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr sei das Besucherzentrum ganzjährig hoch frequentiert: „Mittlerweile reist jeder sechste Gast mit der Waldbahn oder dem Igel-Bus an“, weiß Weinberger. Da würden selbst prominente Besucher wie Staatsminister, Abgeordnete und hochrangige Kirchenvertreter schon mal vereinzelt auf ihr Auto verzichten.
„Regionale Wirtschaftstreibende profitierten vom Haus zur Wildnis“
„Das Nationalparkzentrum Falkenstein bereichert die gesamte Region und hat unser Image ordentlich aufpoliert“, ist Bürgermeisterin Gerti Menigat überzeugt und verweist allein auf die 35 Arbeitsplätze, die durch Haus zur Wildnis und Tierfreigelände entstanden sind. Zudem: Im Zuge der Baumaßnahme vor zehn Jahren sei der öffentliche Personennahverkehr im Zwieseler Winkel verbessert und die Waldbahn zum Stundentakt ausgebaut worden. „Das hat unsere Infrastruktur und damit natürlich auch den Tourismus auf Vordermann gebracht“, lobt Menigat.
Reinhold Weinberger pflichtet bei und ergänzt: „Auch die regionalen Wirtschaftstreibenden profitieren vom Haus zur Wildnis – so zum Beispiel die Zulieferer, die unsere Gastronomie und den Shop versorgen.“ Derzeit bereite er und sein Team das Festwochenende zum zehnten Jubiläum vor, das vom 5. bis 7. August mit Sommernachtsball und „WoidWejd“-Festival über die Bühne geht. Tags zuvor zieht Umweltministerin Ulrike Scharf Bilanz, indem sie die Bedeutung des Nationalparkzentrums Falkenstein mit seinen rund 200.000 Besuchern jährlich einmal mehr hervorhebt.
da Hog’n